Conan-Saga 47 - Conan das Schlitzohr
Mehrmals hatte ich beinahe Gelegenheit, die Statue in die Hände zu bekommen, doch immer war sie gerade zuvor gestohlen oder verkauft worden. Letzten Monat fand ich in Belverus eine Spur zu einem reichen Dilettanten in der Kunst der Magie. Er ließ sie mich nicht sehen und verschmähte mein großzügiges Kaufangebot. Vergiß nicht, der Mann hatte keinen blassen Schimmer vom wahren Wert der Statue. Jeder Versuch, den Skorpion in magischer Hinsicht zu benutzen, würde ihm zweifellos einen grauenvoll schmerzhaften Tod bescheren. Daher war mein Kaufangebot ein Akt purer Mitmenschlichkeit. Da ich jedoch keinen Erfolg hatte, heuerte ich einen Mittelsmann an, um sie mir zu beschaffen.«
»Hatte dein Dieb Erfolg?« fragte der Cimmerier.
»Aber, aber! Wie kannst du nur ein so häßliches Wort benutzen?« empörte sich Casperus.
Der Cimmerier zuckte mit den Schultern. »Ich war selbst einmal ein Dieb und finde dieses Wort keineswegs beleidigend.«
»Nun gut. Um deine Frage zu beantworten: Mein Mittelsmann war überaus erfolgreich. Er hat nicht nur den Skorpion an sich gebracht, sondern ist damit auch geflohen. Ich habe Grund zur Annahme, daß sich das Kunstwerk jetzt in dieser unserer Stadt befindet.«
»Und jetzt willst du, daß ich das Ding für dich finde«, sagte Conan.
»Genau!«
»Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
Einen Moment lang war Casperus verwirrt. »Aber ... wie könnte man über ein solches Thema ohne ausreichende Erklärungen sprechen? Und wenn man nicht auf die ungeheure Größe und Kraft dieses unvergleichlichen Kunstwerks hinwiese, käme das einer Gotteslästerung gleich!«
Conan hatte keine Lust, mit einem derartig besessenen Mann zu streiten. »Wer ist der Dieb? Und wo finde ich ihn?«
Casperus winkte ab. »Das ist unwichtig. Inzwischen hat das Götterbild mindestens zweimal den Besitzer gewechselt. Offenbar hatte mein Mittelsmann Partner, die jedoch ausgefallen sind. Hier in Sicas gibt es nur einen einzigen möglichen Käufer. Er nennt sich Andolla und behauptet, Magier zu sein. Ich vermute, daß er nur ein Scharlatan ist, allerdings ein sehr reicher. Ich muß mich in der Stadt bedeckt halten, sonst würde der jetzige Besitzer der Statue fliehen, ohne mit Andolla zu sprechen. Ich brauche einen Mann, der gewitzt ist, mit Waffen umgehen kann und eine vernünftige Scheu vor Magie hat. Kurzum, mein Freund, ich möchte dich anheuern.«
»Jetzt kommen wir zum wirklich wichtigen Punkt«, sagte Conan. »Wieviel?«
»Ich bin bereit, bei Ablieferung der Statue fünfzigtausend aquilonische Goldmark zu zahlen.«
Das war eine fürstliche Summe, doch der Cimmerier gab sich unbeeindruckt. »Das ist ziemlich schäbig, wenn das Ding wirklich soviel wert ist, wie du behauptest.«
»Nur für mich ist sie soviel wert. Wenn du sie Männern wie Thoth-Amon verkaufen wolltest, würde er sie dir mittels Magie oder Gewalt wegnehmen. Ich jedoch kenne die richtigen Schutzmaßnahmen. Im Lauf eines Jahrtausends hat das Götterbild vielen Männern den Tod gebracht. Nein, mein Freund, ich werde dich nicht für die Statue bezahlen, denn sie ist bereits mein eigen. Sie gehört einzig und allein mir. Ich bezahle dich für die Arbeit weniger Tage, und dafür sind fünfzigtausend in Gold mehr als großzügig. Für einen Mann von deinen Fähigkeiten dürfte es eine leichte Aufgabe sein. Du hast es schließlich nicht mit großen Magiern, sondern mit einfachen Dieben zu tun. Ich bezweifle aber nicht, daß Bewaffnete in ihren Diensten sind. Deshalb brauche ich einen erfahrenen Kämpfer wie dich. Mein Leibwächter Gilmay ist imstande, mich vor Taschendieben zu schützen, doch – wie du ja herausgefunden hast – würde ihn diese Aufgabe weit überfordern.«
»Nun gut«, meinte Conan, »ich nehme deinen Auftrag an. Ich brauche die fünfzigtausend jetzt. In dieser Stadt hat die Obrigkeit die Latte für Bestechung sehr hoch angesetzt.«
Casperus nickte. »Gemacht. Und nun, mein Freund, darf ich dir sagen, daß du meine höchsten Erwartungen als Tatmensch erfüllt hast.« Der Fettwanst trat zu den Bündeln und nahm eine Geldkassette heraus. Er öffnete sie mit dem Schlüssel, den er an einer Goldkette um den Hals trug. Dann holte er aus der Kassette fünf Beutel aus weichem Leder. Er verschloß die Kassette wieder und ging zurück zu seinem Stuhl.
»Jeder Beutel enthält zehn goldene aquilonische Reichstaler, von denen jeder hundert Mark wert ist.«
Conan verstaute die fünf Beutel in seiner Börse. »Jetzt beschreib mir das
Weitere Kostenlose Bücher