Conan-Saga 48 - Conan der Jäger
und schrie um Hilfe. »Kulg! Wenak!« Dann sank er wimmernd in sich zusammen und hielt sich die schmerzenden Rippen, während er sich laut übergab.
Zwei Männer drehten die Köpfe. Die Gespräche erstarben. Eine seltsame Stille herrschte plötzlich im Schankraum. Kulg, ein Muskelprotz, blickte von seinem Humpen auf. Er ähnelte dem verletzten Vansa, der sich auf dem Boden vor Conan wand. Aber er war viel größer und noch häßlicher als sein Bruder. Er war so stark behaart, daß man – natürlich hinter seinem Rücken – über seine Abstammung boshafte Bemerkungen machte. Der verfilzte schwarze Bart bedeckte die Wangen beinahe vollständig. Buschige Brauen zierten die niedrige fliehende Stirn und aus dem Halsausschnitt der verdreckten Tunika sproß ein dichter Haarbüschel. Selbst verglichen mit seinem Bruder war Kulg nicht sehr gescheit. Doch er geriet in Wut, als er sah, wie sein Bruder sich auf dem Fußboden in Schmerzen wand.
Wenak saß neben ihm. Er holte einen kleinen Dolch aus der Scheide und nahm ihn in die offene Hand. Wenak glich seinen älteren Brüdern in keiner Weise: Er war klein, dünn und feige. Er heftete seinen Blick auf Conan und hielt den Dolch wurfbereit. Er wartete darauf, daß der Cimmerier ihm den Rücken zuwendete.
Kulg brüllte wie ein wütender Stier und erhob sich von der Bank. Dann stürzte er sich mit den ausgestreckten, behaarten Händen auf den Cimmerier.
Conan reagierte instinktiv. Er trat beiseite und stellte dem haarigen Monster ein Bein. Dieser fiel gegen die Theke, die allerdings diesem Kraftpaket nicht standhalten konnte, sondern umkippte und Malgoresh mitriß. Ale und Humpen flogen dem Turanier um die Ohren. Er stöhnte, als die schwere Thekenplatte ihn unter sich begrub. Madesus war entsetzt, vermochte jedoch nicht, Einhalt zu gebieten. Er ging zu Kailash, um sich dessen Kopfverletzung anzuschauen.
Conan wirbelte herum und packte einen von Kulgs Armen, und drehte ihn auf den Rücken. Gleichzeitig trat er ihn in die Kniekehle und zwang ihn so zu Boden. Beide landeten auf der umgestürzten Theke und trafen damit auf Malgoresh, der unter der Last laut stöhnte. Wenak sah jetzt eine gute Gelegenheit, dem Cimmerier den Dolch in den ungeschützten Rücken zu werfen. Er holte aus.
Madesus sah die Klinge schimmern, als Wenak sich zum Wurf vorbereitete. »Conan, hinter dir!« schrie er und sprang auf Wenak zu. Verzweifelt hoffte er, darauf den Wurf zu verhindern.
Wenak zögerte eine Sekunde lang und überlegte, ob er den Dolch dem Fremden anstatt im grünen Umhang entgegenschleudern sollte. Doch dann entschied er sich doch, auf Conan zu zielen und wollte sofort davonlaufen.
Der Cimmerier hatte Madesus' Warnruf gehört, jedoch keine Möglichkeit, dem Dolch zu entgehen. Wenak hatte jedoch zu hoch gezielt und traf lediglich ein leeres Alefaß. Außer sich vor Wut über diesen feigen Anschlag packte Conan Kulgs Kopf und schlug sein behaartes Gesicht mehrmals gegen die Thekenplatte.
Ein Gast kam dem Cimmerier zu Hilfe und stellte dem fliehenden Wenak ein Bein. Dieser fiel gegen einen Tisch und verkroch sich sogleich darunter. Die am Tisch sitzenden Männer nahmen es übel, daß ihre Humpen umgefallen waren, gaben jedoch den Burschen am Nebentisch die Schuld. Innerhalb weniger Augenblicke breitete sich eine allgemeine Schlägerei im Schankraum aus.
16. K APITEL
Abschied
Lamici erreichte Innasfaln ungefähr eine Stunde, nachdem Conan, Madesus und Kailash eingetroffen waren. Der Eunuch näherte sich dem Dorf vorsichtig und führte sein Pferd am Zügel zur Schenke. Viele Jahre waren vergangen, seit er sich so weit von der Stadt entfernt hatte, und noch niemals war er ganz allein so weit geritten. Alle Knochen taten ihm weh. Er fror erbärmlich, doch das brachte seine Entschlossenheit nicht ins Wanken. Jetzt war er mehr als je zuvor von nur einem Gedanken besessen: Rache!
Alle, die den Eunuchen kannten, wären über sein Aussehen entsetzt gewesen. Das hagere Gesicht war ausgezehrt und leichenblaß und er schien um zwanzig Jahre gealtert zu sein. Seine für gewöhnlich kühlen und ruhigen Augen glühten und waren blutunterlaufen. Die Tränensäcke waren dunkel und dick, so als hätte Lamici seit Tagen nicht mehr geschlafen. Dieselbe Besessenheit, die ihn in diesen Zustand getrieben hatte, verlieh ihm auch die Energie, weiterzumachen. Er hatte aufgehört, an die eigene Zukunft zu denken oder an eine Zukunft, die über den Tod derer hinausging, die seine lebenslangen
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