Conan-Saga 48 - Conan der Jäger
Greisin. Ihre Blicke verrieten, daß sie Malgoreshs Auffassung bezüglich der geistigen Verfassung der Alten teilten. Immerhin wußten sie jetzt, in welche Richtung Lamici geflohen war und dieses Wissen verlieh ihnen neue Kräfte. Sie verabschiedeten sich von Malgoresh. Der Turanier hatte ihre Satteltaschen randvoll mit Proviant gestopft. Kailash hatte ihm einige Goldmünzen für den Ärger und die Reparatur des Schankraums angeboten, doch Malgoresh hatte empört abgelehnt. Ferner hatte er feierlich gelobt, mehrere vertrauenswürdige Männer mit Madesus' Leichnam nach Corinthien zu schicken, damit der Priester dort angemessen bestattet würde.
Kailash und Conan sprachen noch ein stummes Gebet für ihren toten Gefährten, bevor sie schweigend aus dem Dorf Innasfaln ritten. Sie hielten die Augen auf den Boden geheftet, um Hufspuren von Lamicis Roß zu entdecken. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
Es war schwierig, die Fährte des Eunuchen aufzuspüren. Beide Männer waren erfahrene Spurensucher. Aber es waren ihre vereinten Kräfte nötig, um Lamici nicht zu verlieren. Oft gab der steinige Weg keinerlei Hinweise. Sie trauten jedoch ihrem Instinkt und hielten sich dicht am Weg. Immer wieder stießen die scharfäugigen Krieger auf Zeichen, daß der Eunuch hier geritten war.
Sie wußten nicht, daß der Weg, dem sie folgten, einen Namen trug. Reisende hatten ihn ›Pfad der Schlange‹ genannt, da er sehr schmal war und sich durch die zerklüfteten Felsen des mächtigen Bergmassivs dahinschlängelte, das im Süden und Osten die Grenze Brythuniens bildete. An manchen Stellen war der Weg sogar so schmal, daß sie hintereinander reiten mußten. Hier waren die beiden besonders aufmerksam, ob nicht Banditen irgendwo lauerten.
Die Mittagssonne stand direkt über ihnen und wärmte ihre Körper, doch nicht ihre Herzen. Conan brach das Schweigen, mit dem sie mehrere Stunden geritten waren. »Warum reitet er nach Osten und Süden, weg von der Stadt?«
Kailash antwortete so schnell, als hätte er sich soeben auch mit dieser Frage beschäftigt. »Irgendwie weiß er, wo die Priesterin ist. Wahrscheinlich will er sie warnen, daß wir auf dem Weg zu ihr sind. Vielleicht möchte er auch eine Belohnung für den Mord an Madesus abholen. Aber das ist unwichtig. Wir müssen ihn unbedingt aufhalten, ehe er die Priesterin erreicht. Es ist doch möglich, daß sie nicht weiß, daß Madesus tot ist. Ich wage mir nicht vorzustellen, was sie tun wird, sobald sie erfährt, daß der Priester keine Gefahr mehr darstellt.«
»Wir werden dieses unselige Weib erwischen«, sagte Conan zuversichtlich. »Kein ältlicher Eunuch, der sein ganzes Leben in einer Stadt verbracht hat, vermag einem Cimmerier zu entkommen. Ich werde nicht ruhen, bis sein stinkendes Blut meine Klinge rötet und seine schwarze Seele in der Hölle schmort.«
Sie legten auf ihrem Ritt nur wenige Ruhepausen ein, um die Rosse zu tränken und zu füttern. Sie kamen an mehreren kleinen Seen vorbei, die von schmalen, trägen Bächen gespeist wurden. Conan schimpfte, weil er fand, sie machten zu oft Halt, doch Kailash hielt es für ungemein wichtig, die Pferde für den langen Ritt, der noch vor ihnen lag, frisch zu halten. Der Kezanker hoffte, daß Lamici sein Pferd zu hart treiben würde, so daß es zusammenbrechen und er zu Fuß weitergehen müßte. Murrend gab ihm der Cimmerier schließlich recht.
Das Wetter war ihnen zunächst gewogen. Doch dann türmten sich am Nachmittag dicke Wolken auf und schirmten die Sonne und ihre Wärme ab. Der Pfad hatte sie beständig weiter in die Höhe geführt. Jetzt war es ziemlich kalt geworden. Es standen zwar immer noch Bäume neben dem Pfad, doch das Gelände wurde zunehmend steiniger. Sie waren nun schon mehrere Stunden geritten, ohne eine Spur von Lamici zu entdecken.
Der Cimmerier fluchte, weil es in der Dämmerung und auf dem felsigen Grund immer schwieriger wurde, irgendwelche Fährten auszumachen. Er verfluchte auch die Umstände, die sie zu diesem Ritt ins Gebirge gezwungen hatten. Doch er verstand jetzt, warum die Brythunier vor einem Überfall aus Zamora keine Angst hatten. Nur eine Armee aus Ziegen hätte diese Barriere des steilen Karpash-Gebirges überwunden. Sie mußten mehrmals absteigen und die Pferde über besonders gefährliche Stellen führen, wenn der Pfad an steilen Felswänden neben schwindelerregenden Abgründen verlief.
Sie kamen nur langsam vorwärts. Als es Abend wurde, schätzte Kailash, daß sie nur dreißig
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