Conan-Saga 53 - Conan der Ausgestossene
Taschendiebe?«, rief Conan laut. »Wagst du es auch, mich mit Faust oder Stahl herauszufordern, nicht nur mit deinen Worten?«
»Für heute genügt der Tod einer widerwärtigen Kreatur, um den Frieden für die Nacht zu sichern«, erklärte der Tempelkrieger und wischte nochmals sein Schwert mit einem Seidentuch ab, ehe er es zurück in die Scheide steckte, die ihm einer seiner Soldaten entgegen streckte. Dann sprach er zu allen Anwesenden: »Verlasst die Karawanserei, kümmert euch um eure Geschäfte und mischt euch nicht in unsere ein.«
Conan war verblüfft, als die Menge diese Worte mit Jubel beantwortete.
»Heil Zaius, größter aller Tempelkrieger! Heil der Göttin Saditha! Allen heil!«
Dann zerstreute sich die Menge und gehorchte dem Befehl des Tempelkriegers. Conan hörte begeisterte Flüsterstimmen ringsum.
»Hast du gesehen, dass der Dieb einen Dolch hatte und versuchte, Zaius zu töten?«
»Das war der Zwanzigste – Zaius wird der größte Tempelschwertträger aller Zeiten sein!«
Verwirrt von diesem seltsamen Verhalten, unterdrückte Conan seinen Zorn und schwieg. Als er den Blick umherschweifen ließ, sah er, dass Inara fort war. Somit hatte er sein Ziel erreicht. Er staunte über ihre Prophezeiung bezüglich des Toten. Mit Sicherheit bewies es, dass sie seherische Fähigkeiten besaß. Er wollte gerade die Karawanserei verlassen, als ihn die Worte zweier Tempelkrieger wie ein Blitz trafen.
»Die Gerüchte waren doch falsch. Die Prinzessin Afriandra ist nicht hier.«
K APITEL 4
Scheik Shartoums Sklaven
Der Hyrkanier Tulbar wachte aus leichtem Schlaf auf. Stumm blieb er liegen und lauschte den lauten Atemzügen der Umliegenden und der Zeltleinwand, die im Nachtwind flatterte. Die genaue Stunde vermochte er nicht zu schätzen, da der Mond noch nicht aufgegangen war – zumindest nicht hoch genug, um seinen Schein auf die Zeltspitze zu werfen. Doch wenn Tulbars Instinkte ihn nicht verlassen hatten, würde die Mondscheibe bald über den schroffen Bergen im Osten stehen. Dann würde es Zeit sein, aufzubrechen.
Seit Tulbars Kindheit war der Schein des Mondes für ihn wie der der Sonne gewesen. Es war kein Zufall, dass Ulla, die Mondgöttin, in seiner Heimat die Schutzpatronin für den Clan der Diebe und Abenteurer war. Ob Tulbar die Bauernhöfe oder Burgen plünderte – stets hatte der Mond über ihm geschienen und sämtliche Unternehmungen gesegnet. Er hatte ihm halb um die Welt den Weg erleuchtet, und jetzt, da die Dinge am dunkelsten zu sein schienen, würde der Mond seinen größten Triumph anzeigen.
Auch sein Freund Hekla würde dem Ruf des Mondes folgen. Vermutlich lag der kleine Dieb auf seinem Lager hinten im Zelt wach wie er und wartete. Keine Ketten hielten sie fest, auch keine Gitterstäbe oder dicke Mauern. Sie waren auch nicht so elend dran wie die Sklaven Shartoums, die sich von den wenigen aufgeblasen umherschreitenden Wachen einschüchtern ließen. Sobald es hell genug war, um die Umgebung zu erkennen, würden sie aufbrechen.
Tulbar vermochte kaum zu glauben, wie viel Glück er und Hekla hatten, gerade vom Scheich von Shartoum gefangen zu werden. Im Süden der Wüste war es kein großes Verbrechen, eine Karawane zu überfallen. Tulbars Vergehen bestand darin, ein Rivale Scheich Fouaz' zu werden, indem er eine Kamelkarawane in dem Gebiet überfiel, das der Shartoumi als seinen Jagdgrund betrachtete. Großherzig hatte der Scheich Tulbar und seinen Gefährten das Leben geschenkt und sie lediglich gefangen genommen. Gewiss hatte er dabei auch die weitere Verwendung der beiden im Auge gehabt.
Gelegenheit dazu bot sich sehr schnell, als eine Schar Soldaten aus einer Stadt, die Sark hieß, den unheimlichen dunklen Priester Khumanos und mehrere seiner Schüler begleiteten und am Außenposten des Scheichs am salzigen Binnensee eintrafen. Für Fouaz war der Verkauf seiner eigenen Leute in die Sklaverei noch natürlicher als Diebstahl. Der Scheich ließ seine vielen Frauen im Harem neue Gewänder aus der Seide, den Perlen und den goldenen Stoffen anfertigen und besticken, die Khumanos in großen mit Messing beschlagenen Truhen abgeladen hatte. Gleichzeitig rief er an die zweihundert Männer aus den Zwiebelgärten und Dattelplantagen zu sich. Wie Vieh zusammengetrieben, marschierten sie unter der Aufsicht der Sarkad-Wachen in die dunstigen Berge im Osten.
Tulbar und Hekla mussten ebenfalls mitgehen. Anfangs hatten die Hyrkanier ihre Häscher verflucht und sich dagegen
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