Conan-Saga 53 - Conan der Ausgestossene
sagen.«
»Ja, ich bin sicher, dass du daran glaubst, Mädchen – aber wie kannst du unterscheiden, was du tatsächlich siehst und was eine Vision ist? Was ist mit dem Turbanträger?«
»Ihn umgibt ein gewisser Schimmer. Ich sehe nur deutlich, wenn ich alles von einem bestimmten Winkel aus betrachte – und nur, wenn ich diese alkoholischen Getränke aus dem Osten zu mir nehme.« Sie trank ihm mit dem kleinen Becher zu.
»Und was ist mit dem Mann unterhalb des Turbanträgers? Der Würfelspieler. Ein übel aussehender Bursche mit der Narbe über dem Auge?«
»Er ist nicht da.« Auf Conans verblüfften Ausdruck hin, fuhr sie fort. »Ich sehe, wie sich der Becher bewegt und die Würfel fallen, doch kaum die Hand, welche den Becher schüttelt, und vom Besitzer gar nichts.« Mit ernster Miene schüttelte sie den Kopf. »Er wird bald tot oder vermisst sein. Und schon sehr bald verschwindet er aus der Welt der Geister.«
»Hmm, unheimlich.« Conan musste diese Erklärung kurz verdauen, doch dann fragte er: »Und was ist mit der Frau, die an seinem Arm hängt und lacht?«
»Sie trägt ein Kind unter dem Herzen«, sagte Inara. »Das Kajal um ihre Augen ist wegen vieler Tränen verlaufen.«
»Ja, deine Gabe ist vielleicht doch echt.« Conan blickte die Frau herausfordernd an. »Und was zeigen dir die Geister, wenn du mich betrachtest? Es muss sehr fesselnd sein.«
»Nun, nichts.« Als sie sah, dass er ihr nicht glaubte, fuhr sie fort: »Und überhaupt sind diese Dinge nicht immer wichtig. Oft haben sie überhaupt keine Bedeutung, sind nur ... eine Laune.« Sie wich seinem Blick aus.
»Raus mit der Sprache, Mädchen! Mir ist schon Schlimmeres bevorgestanden und ich habe es glatt überlebt.«
»Wenn ich ... wenn ich dich anschaue«, stammelte sie, »sehe ich dich als Krieger in einer Rüstung, sonst nichts.«
»In einer Rüstung?«, murmelte Conan. »Ich hoffe, sie war vollständig.«
»Nein«, gestand sie ein und errötete heftig. »Nur mit Brustharnisch und Beinschienen. Dazu ein Goldhelm mit Federbusch und mit einem goldenen Schwert ... Deine Waffe ist überaus kostbar.«
»Na ja ...« Er betrachtete seine untere Körperhälfte und zog den Sessel näher an den Tisch. Dann stützte er die Ellbogen darauf und verschränkte die Arme. »Das ist keine Schande, schätze ich. Angeblich kämpfen einige corinthische Adlige so. Vielleicht bedeutet es, woran ich ohnehin glaube, dass ich nämlich nach Norden gehe und dort in ungeahnte Höhen aufsteige.«
Als sich ihre Blicke kreuzten, brachen beide unwillkürlich in schallendes Gelächter aus. Sie konnten gar nicht aufhören. Alle Gäste blickten erstaunt zu ihnen hin. Die junge Frau lehnte sich auf dem Sessel mit einer Haltung zurück, die keineswegs ihrem züchtigen Gewand entsprach. Der Cimmerier ergriff ihre zarte Hand. Als er sie wieder frei ließ, tat er es so behutsam, als schenke er einem wilden Vögelchen die Freiheit.
»So, Inara«, stieß er schließlich hervor. »Und was hält deine Familie von deinen okkulten Fähigkeiten daheim ... im bäuerlichen Viertel?«
Sie schüttelte den Kopf. »Dort will niemand davon hören. Meine Familienmitglieder sind fromme Anhänger der Einen Wahren Göttin, und Rechtschaffenheit ist für sie Gesetz. In unserem Haus sind keinerlei Geister erlaubt ... weder die Weingeister noch die mystischen.« Sie stellte den Becher auf den Tisch. »Wenn ich es nicht länger ertragen kann, komme ich hierher, um Freunde zu treffen.«
»Verstehe.«
»Und die Menschen hier haben weitaus interessantere Geschicke als meine Familie.«
Conan ließ die Blicke über die Gäste schweifen. Keiner, der zuvor zu ihnen geschaut hatte, als sie so laut gelacht hatten, blickte jetzt herüber. Selbst die Tänzerin Sharla hatte sich zu Babeth und dem Kaufmann Memchub gesellt. Um ihren vormaligen Beschützer zu beschämen, flüsterte sie jetzt dem reichen Mann etwas ins Ohr. Babeth saß auf der anderen Seite und wirkte etwas vernachlässigt.
»Sag mir, Inara, was enthüllen deine Visionen über den Karawanenbesitzer neben der Tänzerin?«
»Ich sehe keinen Mann«, antwortete Inara schnell. »Sharla lehnt am weißen Bauch eines wiederkäuenden Kamels in kostbarer Kleidung.«
Wieder lachten beide schallend, doch plötzlich ergriff Inara Conans Hand. »O nein!«, stieß sie hervor. »Tempelkrieger – sie dürfen mich hier nicht finden!«
Conan sah die Soldaten in hellblauer Tunika vor der Karawanserei. Es waren schlanke Männer mit gestählten Körpern und
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