Conan-Saga 53 - Conan der Ausgestossene
Sadithas. Sie steht dort drüben.« Afriandra nickte mit dem Kopf zu einer in ein rosarotes Gewand gekleideten Matrone, die neben den Musikanten stand. »In Qjara ist es Tradition, dass der König die ranghöchste Priesterin heiratet.«
Conan runzelte die Stirn und musterte die recht üppige Frauengestalt misstrauisch. »Du bist ungewöhnlich geschickt, ehrliche Fremde in Lebensgefahr zu bringen, Mädchen. Nachdem ich mich mit dir verschworen habe, bin ich nicht nur einem König, sondern auch einer obersten Priesterin in die Quere gekommen. Dein abenteuerlustiges Bauernmädchen Inara war eine gefährliche Tarnung ...«
»In der Tat, doch bin ich dir für deine Hilfe sehr dankbar. Wäre es außer Landes bekannt geworden, dass die Abenteurerin die Prinzessin von Qjara war, hätte der Skandal an weit mehr Orten Wellen geschlagen als nur im Tempelbezirk.« Sie blickte ihn mit ernster Miene an. »Ich weiß, dass ich dir trauen kann und du das Geheimnis wahren wirst ... es ist doch noch ein Geheimnis, oder? Du schienst nicht sonderlich überrascht zu sein, als ich mich dir näherte. Spricht man bereits im Ausland über meine Verkleidung?«
»Nein, ich hörte rein zufällig, wie sich zwei deiner Tempelwachen deinen Namen zuflüsterten. Doch sie waren sich ihrer Sache nicht sicher.« Conans Stimme war kaum lauter als ein Flüstern. Bis jetzt hatte niemand in der Nähe sein Augenmerk auf sie gerichtet, und er wollte, dass das so bliebe.
»Großartig!« Afriandra seufzte. »Nun, diese Tarnung ist für mich ohnehin vorüber, da Zaius sie kennt.«
»Der große Tempelkrieger scheint dich streng zu bewachen«, sagte Conan. »Für mich ist er nur ein windiger Angeber und ...«
»Er ist mehr als nur mein Wächter«, fiel ihm Afriandra ins Wort und warf ihr Haar zurück. »Meine Eltern wollen ihm meine Hand zur Ehe geben.«
»Was?« Conan hatte Mühe, seine Verblüffung zu unterdrücken. »Du meinst, König Semiarchos und Königin Regula würden ihre Stadt und ihre Tochter diesem aufgeblasenen Priesterwindbeutel geben?«
»Das ist eine Tradition. Wie ich schon sagte, wird die Blutlinie der königlichen Dynastie in jeder Generation durch den höchsten Würdenträger der Tempelhierarchie erneuert. Diesmal ist es kein männlicher Erbe, daher werde ich die Gemahlin des höchsten männlichen Offiziers des Tempels.«
»Wird dann die Herrschergewalt auf dich übergehen oder auf ihn?«
»Er wird König Zaius heißen ...« Sie schüttelte den Kopf. »Doch ich muss mich bemühen, so viel Macht wie möglich auszuüben. Ich habe die Unterstützung meiner Mutter und auch die meines Vaters, allerdings nicht ihre vollkommene Achtung, da es in der Geschichte unserer Stadt nur wenige weibliche Herrscherinnen gegeben hat. Doch mit Sadithas Segen vermag ich die Macht meiner Familie aufrechtzuerhalten ...«
»Und wie wird deine Zukunft aussehen?«, unterbrach sie Conan flüsternd. »Was enthüllen deine prophetischen Visionen, wenn du Zaius anschaust?«
»Ich habe ihn nie gesehen, wenn ich unter dem Zauber Narcinthes war«, antwortete Afriandra. »Neulich in der Karawanserei vermied ich es, ihn anzuschauen ... damit er mich nicht erkennen möge.«
»Liebt er dich?«, fragte Conan.
Sie zuckte mit den Schultern. »Du hast Zaius gesehen. Kann er jemanden außer sich selbst lieben?« Plötzlich drückten ihre Finger, die in seiner Ellbogenbeuge geruht hatten, fester zu. »Conan, ich muss mit dir reden ... wir treffen uns heute Abend! Kennst du den Innenhof an der Westseite des Palastes, außerhalb der hohen Mauer? Der mit dem Brunnen?« Sie sprach leise, doch eindringlich. »Komm bei Mondaufgang. Ich werde dort sein. Das verspreche ich.«
Nach einem verstohlenen Blick auf die Menschen in der Nähe musterte er die Prinzessin misstrauisch. »Und was dann? Soll ich für dich eine Flasche mit deinem Traumtrank hereinschmuggeln? Ich mache nicht den Laufburschen für dich.«
»Aber nein, sei nicht albern!« Entschieden schüttelte sie den Kopf. »Bring nur dich mit ... Falls ich dich wieder in Rüstung sehen will, gebe ich dir Helm und Beinschienen ... nein, das war nur ein Scherz«, fügte sie hinzu, als sie sein Zurückweichen bemerkte. »Wenn du kommst, werde ich freier über etwas sprechen können, das mir große Sorgen bereitet.« Sie griff in seine blauschwarze Mähne und zog seinen Kopf herab. Dann küsste sie ihn auf die Lippen. »Du kommst doch, oder?«
Der Mond schien von den Bergen im Osten, die weit hinter der Stadtmauer lagen.
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