Conan-Saga 53 - Conan der Ausgestossene
»Sag mir nur, wie vergleicht sich unser göttliches Gesetz Sadithas mit denen in anderen Städten?«
Conan fiel die Antwort nicht leicht. »Um die Wahrheit zu sagen, Mädchen, finde ich eure Art in dieser Stadt beinahe erträglich. Ein Grund, warum ich mich einigermaßen wohl fühle, ist, dass ich eure Sitten und Gebräuche respektiere. In vielen shemitischen Ländern bekleidet der König auch das Amt des obersten Priesters und meist nützt er die Macht beider Ämter, um das Volk grausam zu unterdrücken.« Conans Stimme wurde beim Sprechen härter. »Dort gibt es unzählige Gesetze. Wer dagegen verstößt, wird äußerst hart bestraft. Zuweilen ist der Gott ein seniler Tyrann, ein unersättlicher Lustgreis, der ständig auf Jungfrauen und kleine Kinder Appetit hat.« Mit finsterer Miene schüttelte er den Kopf. »Der Gott meiner Heimat, Crom, ist ganz anders. Dieser lässt einen Mann erst einmal richtig leben, ehe er über ihn das Urteil fällt. Auch Mitra bei den Hyboriern lehrt irdische Weisheit. Für gewöhnlich müssen bei der Verehrung der Götter im Süden alle Einwohner unter abstoßenden Ritualen und Verstümmelungen leiden ...« Conan brach ab und schüttelte sich. »Ich halte mich von alledem fern, soweit es mir möglich ist.«
Afriandra nickte verständnisvoll. »Dann findest du uns hier offenbar nicht so grausam?«
»Hier? Nein! In Qjara traut man mir zwar nicht übermäßig, da ich ein Fremder bin, doch lässt man mich in Ruhe. Ihr schützt eure heimische Lebensart, und dabei haben eure Führer nicht zu viel Macht und Privilegien. Sie scheinen nicht allzu übel zu sein, abgesehen allerdings von jemandem wie Zaius, deinem Verlobten. Du hast den höchsten Rang aller Mädchen der Stadt und dennoch sitzt du hier mit mir ...« Inzwischen hatte er die Arme um sie gelegt.
»Oh! Das habe ich befürchtet.« Sie sträubte sich ein wenig gegen seine Umarmung. Doch dann hob sie den Kopf. »Sag mir: Weißt du irgendetwas über Votantha, den Gott der Stadt Sark, die südwestlich von uns liegt?«
»Nichts außer dem, was ich dir bereits gesagt habe.« Achselzuckend zog Conan die Arme zurück. »Ich bin nie dort gewesen.«
»Meine königlichen Eltern haben von dort eine Botschaft erhalten. Sie ist mit Gold geschrieben und traf in einer goldenen Schatulle ein«, erklärte die Prinzessin. »Als eine Geste der Freundschaft des Königs der Stadt möchte der Staatstempel Sarks hier in Qjara eine religiöse Mission eröffnen. Eine Schule für Priesterschüler soll es sein, mit einem kleinen Heiligtum für die Anhänger Votanthas, nahe unserem großen Saditha-Tempel.«
»Vorsicht!«, warnte Conan. »Das könnte der erste Schritt sein, um euch zu erobern und untertan zu machen. Der Gott eines fremden Landes ist oft der erste Soldat eines Eroberungsheeres.«
»Eben dieses befürchte ich.« Afriandra seufzte. »Doch mein Vater ist von dieser Idee sehr angetan. Vielleicht erhofft er sich mehr Macht, um sich gegen meine Mutter durchzusetzen. Auch Zaius von den Tempelkriegern hat davon gehört und scheint sie ebenfalls zu begrüßen. Die beiden haben sogar davon gesprochen, Saditha und Votantha in einer göttlichen Ehe zu vermählen und beide anzubeten. Das wäre ein Band zwischen unseren Städten.«
»Dann macht sich deine Mutter für ihre Eine Wahre Göttin stark?«, fragte Conan. »Nun, sie sieht wie eine ... bemerkenswerte Frau aus.«
»Das ist sie, in der Tat.« Afriandra schüttelte den Kopf. »Doch leider ist sie in Zaius, ihren Tempel-Helden, völlig vernarrt. Eins ist gewiss: Sie liebt ihn sehr viel mehr als ich. Und seine Ansicht in dieser Angelegenheit könnte sie dazu bringen, ihre Meinung zu ändern.« Afriandra schaute zu Conan auf. »Doch du sagst, dass dieser fremde Gott ein Tyrann wäre.«
»Ja, daran besteht für mich kein Zweifel. Und Zaius giert selbstverständlich nach mehr Macht, falls er König von Qjara wird.« Conan blickte ihr in die Augen. »Du musst dagegen kämpfen, Mädchen, wenn du an dem festhalten willst, was du hast.«
»Ja, das wird ein harter Kampf.« Wieder seufzte sie. »Ich glaube, ich kann mich gegen ihn behaupten. Aber zuweilen habe ich Angst bei dem Gedanken, dass er unter Sadithas Gesetz mein einziger Gatte sein wird, der einzige Mann, den ich je küssen kann! Ich habe mich immer nach einem sanften, zärtlichen Mann gesehnt, der sich nicht scheut, Gefühle zu zeigen und – ja, auch Leidenschaft.« Sie richtete sich auf, schmiegte sich an Conans breite Brust und küsste ihn
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