Conan-Saga 53 - Conan der Ausgestossene
schwingenden Gott dargestellt hatte. Für den Tanz trug er ein Schaffell, in das sich die umherwandernden shemitischen Propheten so gern kleideten. Er hatte die Fellkappe verwegen schief aus der Stirn geschoben, als er neben der schlanken jungen Frau stand, die seine Braut getanzt hatte. Jetzt war sein mit Perlen besetzter Schwertgurt leer. Die Sandalen hatte er fast bis zu den Knien geschnürt. »Mir scheint dein Votantha ein äußerst gut aussehender, ausgesprochen männlicher Gott zu sein und sehr geeignet, um an der Seite unserer Saditha zu verweilen.«
Anaximander lachte. »In der Tat, so ist es. Mir und meinen Tempelpriestern gegenüber ist Votantha ein gestrenger Gott, der die Gesetze festlegt, doch beim gemeinen Volk wird er als Held und Feuerbringer geliebt. Zuweilen kann er auch lustige Streiche spielen. Übrigens habe ich diese Eigenschaften in den religiösen Überlieferungen vieler shemitischer Götter gefunden.« Er musterte die anderen mit verschlagenen Blicken. »Zweifellos besteht für unsere Städte eine gemeinsame Grundlage.«
»Es klingt durchaus interessant«, meinte König Semiarchos nachdenklich. »Selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Eine Wahre Göttin uns ihr Einverständnis durch günstige Zeichen kund tut, welche meine Königin, die Hohepriesterin, zu deuten vermag.« Voll Achtung blickte er auf Königin Regula. »Und du, Zaius, was denkst du? Wäre unsere Göttin gut beraten, wenn sie einen Gemahl aus unserer Nachbarstadt wählt?«
»Ich, Majestät?« Der Tempel-Held schien tief in düstere Gedanken versunken zu sein. Jetzt gab er sich einen Ruck. »Danke, dass Ihr mich um meine Meinung befragt. Ja, ich habe soeben gedacht, dass wir von diesem fremden Glauben viel lernen könnten. Die Einführung eines starken männlichen Gottes, zu dem wir auch beten könnten, dürfte unsere Stadt stärken und gewisse moralische Probleme beseitigen ... mit anderen Worten, es könnte uns allen frische Kräfte bescheren.« Voll Achtung wandte er sich an Königin Regula. »Damit möchte ich jedoch auf keinen Fall andeuten, dass es unserer Verehrung der Göttin an Kraft mangelt.«
»Nein, Zaius, du brauchst dich nicht zu entschuldigen.« Die Königin lächelte ihm huldvoll zu. »Ich glaube, man kann durchaus behaupten, die fremde Religion würde unsere Tempeltänze beleben.« Sie blickte zur Tanztruppe aus Sark hinüber, die jetzt an einer Wand kniete. »Und es könnte auch die Festlichkeiten bereichern, die für die Thronfolge abgehalten werden.« Sie wandte sich lebhaft an Anaximander. »Du musst wissen, dass es in naher Zukunft in unserer Stadt eine Heirat geben wird.«
»Und einen Zweikampf«, fügte Semiarchos hinzu. »Doch das dürfte keine große Sache werden. Zaius wird seinen Herausforderer mühelos erledigen. Die Königin spricht von der Heirat unserer Tochter Afriandra mit diesem prächtigen jungen Tempelkrieger. Da Regula und mir kein männlicher Erbe geschenkt wurde, halten wir diese Vermählung für das beste Mittel, die traditionelle Verbindung zwischen Tempel und Palast in unserer Stadt so fortzuführen. Aber ...«, der König machte eine Pause und strich sich die silbernen Locken seines Barts, »... jetzt könnte diese Heirat die Verbindung zwischen Saditha und Votantha symbolisieren! Darüber sollte man nachdenken ...«
»Afriandra, eure Tochter?«, unterbrach ihn König Anaximander. »In der Tat habe ich bereits ihre Klugheit und Schönheit preisen gehört. Weshalb ist sie nicht bei uns?«
Königin Regula seufzte. »Ach, Stimmungen und Unpässlichkeiten eines jungen Mädchens! Beim Frühstück fühlte sie sich nicht recht wohl, doch jetzt sollte sie zu uns kommen.« Sie winkte einer Dienerin und sagte leise: »Aella, hole bitte die Prinzessin.«
»Ja, jetzt sehe ich, dass ihr gütige Herrscher seid«, sagte Anaximander schmeichelnd. »Ihr habt Nachsicht mit den Launen eurer Tochter und erweist Dienern die Gunst, sie beim Namen zu nennen. Nein, nein, keine Entschuldigung! So edle und liebenswürdige Menschen wie euch schätzt unser Gott Votantha. Ihr seid genau die Art Menschen, die ich und meine Stadt als ... Freunde haben wollen.«
Semiarchos schien etwas verblüfft zu sein. »Und du, Anaximander? Hast du eine Königin und Erben in deinem Palast?« Er lächelte nachsichtig. »Oder bist du einer dieser verwöhnten Herrscher, die sich einen Harem mit schönen und edlen Frauen halten?«
»Weder noch«, lautete die knappe Antwort des Gastes. »Ein Nachkomme so früh in meiner
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