Conan-Saga 54 - Conan der Gnadenlose
getöteten Packtieren. Die Schweinehunde schulden uns dafür etwas.«
»Wir schulden König Eloikas, seine Habe sicher ans Ziel zu bringen!«, rief Rainha barsch zurück. »Wir kämpfen oder kämpfen nicht, je nachdem, wie es uns hilft, unsere Ehre zu wahren. Ihr habt geschworen, mir zu gehorchen. Wollt ihr als Eidbrüchige vor einem Feind und einem Mann stehen, der Verstand und Kraft einsetzen kann?«
Auf diese Rede folgte beredtes Schweigen. Conan war sich bewusst, dass Rainhas Macht über ihre Männer dahinschwand. Er hoffte, dass die letzten schwachen Bande hielten, bis entweder Graf Syzambry Vernunft annahm oder der Kampf mit vollem Ernst begann.
Ein Pfeifen warnte den Cimmerier gerade noch rechtzeitig. Er warf sich auf eine Seite, Rainha auf die andere, als Pfeile vom Berg her auf das Dorf prasselten. Wieder schrien einige Packtiere. Ein Maultier lief die Straße herab, Blut schoss ihm aus dem Hals. An der Ecke brach es zusammen. Ein struppiges Gebirgspferd galoppierte auf die Männer des Grafen los. Pfeile ragten aus seinen Flanken und dem Bauch heraus. Als es beim sterbenden Maultier vorbeikam, trafen es weitere Pfeile. Es bäumte sich auf und brach ebenfalls zusammen.
»Ich wette, sie wollen uns hier festhalten, wenn sie uns nicht besiegen können«, sagte Conan zu Rainha.
»Uns hier festhalten, bis sie mehr Männer herbeischaffen können?«
»Warum nicht? Ich wette, dass wir von hier auch dann entkommen können, wenn sie keine Verstärkung erhalten, und zwar ehe es Nacht wird. Im Augenblick scheinen sie nicht genügend Mut für einen Nahkampf aufzubringen.«
»Ein Ausbruch wird uns angesichts der verzweifelten Lage unserer Tiere kaum gelingen.«
»Es gibt Zeiten ...«
»Es gibt Zeiten, da steht es dir nicht zu, mir zu sagen, wie ich meine Arbeit tun soll, Conan!«
»Wahrheit bleibt Wahrheit, ob ich sie ausspreche oder nicht.«
Rainha schüttelte den Kopf, als ob das die Dinge ändern könnte. Dann wischte sie sich die Augen mit dem zerfetzten Ärmel. Bei dieser Bewegung hoben sich ihre Brüste, welche die Tunika kaum verbargen. Rainha hätte in jede Taverne gehen und sich eine Börse voller Silber durch einen Tanz verdienen können, obgleich sie von Staub bedeckt und von blauen Flecken übersät war.
Jetzt stellten die Bogenschützen auf dem Berg und auf der Talseite des Dorfes ihre Bemühungen langsam ein. Conan schwang sich auf ein Dach und lag so flach darauf, dass er unsichtbar war, aber selbst doch alles deutlich sah.
Der Graf schwenkte so aufgeregt die Arme, dass er mehr als zwei zu haben schien. Gleich darauf wurde dem Cimmerier klar, dass Syzambry über genügend Verstand verfügte, um die Lage zu erkennen: Ein Gegner konnte sich umso besser verteidigen, je mehr er über die Pläne des Feindes im Bilde war. Indem der Graf seine Männer durch stumme Handzeichen befehligte, hoffte er offenbar auf eine Überraschung.
Conans Hoffnungen stiegen, dass Syzambry überhaupt keinen Angriff mehr erwog. Seine Männer auf dem Berg hatten die Hälfte ihrer Stärke verloren und konnten nicht länger kämpfen. Deshalb flohen sie. Jetzt hatte der Graf kaum noch die Möglichkeiten, einen Feind anzugreifen, der auf vertrautem Gelände stand, gut bewaffnet war und der von Befehlshabern geführt wurde, die ihre Arbeit verstanden.
Conan blieb eine Zeit lang auf dem Dach. Das Ungeziefer, das im Strohdach hauste, verließ für die wohlschmeckende Beute seine gewohnten Verstecke. Doch der Cimmerier zuckte nicht einmal, als er gebissen wurde. Er hatte die Kunst des Stillhaltens bei den Kämpfen an turanischen Grenzen gegen die dortigen Bergstämme erlernt. Damals hätte auch die kleinste Bewegung den sicheren Tod bedeutet.
Zischen, ein dumpfer Aufprall und Rauchgeruch brachten den Cimmerier dazu, sich zu rühren. Er blickte nach rechts. Rauch kräuselte sich vom Strohdach der Nebenhütte.
Brandpfeile!
Kurz verfluchte Conan Graf Syzambrys Verschlagenheit und dass es in der vergangenen Nacht nur spärlich geregnet hatte. Wären die alten Strohdächer des Dorfes gut durchweicht gewesen, hätte der Graf sich dieses Tricks nicht bedienen können.
Nachdem Conan aufgehört hatte zu fluchen, landeten drei Pfeile auf seinem Dach. Alle drei hatten trockene Stellen getroffen, denn im Nu stiegen Flammen auf, die auf den Cimmerier übergriffen und ihm die Haare versengten.
Conan rollte zum Rand. Unter ihm knackte das Holz, die Strohbündel gaben nach, als der Dachfirst brach. Der Cimmerier stürzte auf den Boden der
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