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Congo

Congo

Titel: Congo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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geschäftiges Treiben. Munro schritt den Umkreis des Lagers ab. Seine von den nassen Blättern durchnäßte Kleidung klebte ihm am Leib.
    Er begrüßte Elliot mit einem triumphierenden Blick und zeigte auf den Boden.
    Dort waren frische Fußabdrücke zu sehen, kurz, tief, fast dreieckig, und zwischen dem großen Zeh und den anderen vier Zehen war eine Lücke, etwa so groß wie der Abstand zwischen Daumen und Fingern der menschlichen Hand.
    »Das waren mit Sicherheit keine Menschen«, sagte Elliot und beugte sich vor, um die Fährte genauer in Augenschein zu nehmen. Munro sagte nichts. »Herrentiere, Primaten.« Munro schwieg weiter.
    »Aber ein Gorilla kann es nicht sein«, schloß Elliot und richtete sich auf. Seine Unterhaltung über den Bildschirm am Vorabend hatte ihn in der Ansicht bestärkt, daß Gorillas mit dieser Sache nichts zu tun hatten. Gorillas töteten einander nicht, so wie Amys Mutter getötet worden war. »Es kann kein Gorilla sein«, wiederholte er.
    »Aber es ist einer«, sagte Munro. »Sehen Sie sich das an.« Er deutete auf eine andere Stelle im weichen Boden. Dort befanden sich vier Eindrücke nebeneinander. »Das sind typische Knöchelabdrücke, hier ist er auf den Händen gelaufen.«
    »Aber«, sagte Elliot, »Gorillas sind scheu, sie schlafen nachts und gehen dem Menschen aus dem Wege.«
    »Erzählen Sie das doch dem, der diesen Abdruck hinterlassen hat.«
    »Für einen Gorilla ist er klein«, sagte Elliot. Er untersuchte den Zaun in der Nähe — da wo in der Nacht der Stromkreis kurzgeschlossen worden war.
    Es hingen einzelne graue Haare daran. »Und Gorillas haben keine grauen Haare.«
    »Doch, Silberrückenmänner«, sagte Munro. »Ja, aber bei ihnen spielt die Farbe mehr ins Weiße. Diese hier sind eindeutig grau.« Er zögerte. »Vielleicht ist es ein kakundakari.«
    Munro sah ihn verächtlich an.
    Das kakundakari war ein angeblich am Kongo-Becken heimischer Primat, dessen Existenz so umstritten war wie die des Yeti. Zwar war es angeblich schon oft gesichtet worden, aber niemand hatte je eines gefangen. Die Eingeborenen kannten zahllose Geschichten, in denen von einem ein Meter achtzig großen, behaarten Affen die Rede war, der aufrecht ging und auch sonst in seinem Verhalten sehr menschenähnlich war.
    Viele angesehene Wissenschaftler glaubten an die Existenz des kakundakari; vielleicht dachten sie an die Autoritäten, die früher einmal den Gorilla ins Reich der Fabel verwiesen hatten. 1774 hatte Lord Monboddo über den Gorilla geschrieben: »Dieses wunderbare und zugleich erschreckende Geschöpf der Natur geht aufrecht wie ein Mensch, ist zwischen zwei Meter zehn und zwei Meter siebzig groß… und von verblüffender Kraft. Es ist am ganzen Körper schwarz behaart, am Kopf sind die Haare länger, das Gesicht ähnelt dem des Menschen mehr als das des Schimpansen, nur daß es schwarz ist. Das Tier hat keinen Schwanz.« Vierzig Jahre darauf beschrieb Bowditch einen afrikanischen Affen, der »im allgemeinen ein Meter fünfzig groß ist, mit einer Schulterbreite von etwa ein Meter zwanzig. Es heißt, noch weniger als die Breite seiner Schultern entspreche seine Hand den übrigen Proportionen, und ein Schlag mit ihr soll tödlich sein.« Doch erst 1847 veröffentlichten John Savage, ein in Afrika tätiger Missionar, und Jeffries Wyman, ein Anatom aus Boston, einen Aufsatz, in dem sie »eine zweite von den Naturwissenschaftlern bisher nicht anerkannte Spezies in Afrika« beschrieben, die sie Troglodytes gorilla zu nennen vorschlugen. Ihre Mitteilung verursachte in der wissenschaftlichen Welt ungeheures Aufsehen und in London, Paris und Boston traf man alle Anstalten, um möglichst rasch Skelette dieses Tiers zu beschaffen. 1855 bestand kein Zweifel mehr — es gab in Afrika einen zweiten, sehr großen Menschenaffen.
    Noch im 20. Jahrhundert wurden im Regenwald neue Tierarten entdeckt: 1944 das Blauschwein und 1961 das rotbrüstige Waldhuhn. Also konnten in den Tiefen des Dschungels durchaus noch andere seltene und sich scheu zurückhaltende Tiere leben. Doch einen wirklichen Nachweis für die Existenz des kakundakari gab es nicht.
    »Dieser Abdruck stammt von einem Gorilla«, beharrte Munro hartnäckig. »Oder vielmehr von einem ganzen Trupp. Abdrücke finden sich überall um den Zaun herum. Sie haben unser Lager ausgespäht.«
    »Unser Lager ausgespäht«, wiederholte Elliot und schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Genauso ist es«, sagte Munro. »Sehen Sie sich nur die verdammten

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