Congo
wenigen Tagen ohne Wasser muß er sterben. Karen Ross lächelte. »Die meisten Menschen verbrauchen vier bis sechs Liter Wasser am Tag, das entspricht einem Gewicht von dreieinhalb bis knapp sechs Kilogramm. Bei einer zweiwöchigen Wüstenexpedition müßten wir also für jedes Mitglied gut neunzig Kilogramm Wasser mitschleppen. Das aber brauchen wir nicht, denn wir haben eine Wasseraufbereitungsanlage von der NASA, die alle flüssigen Ausscheidungen, einschließlich des Urins, reinigt und nicht einmal zweihundert Gramm wiegt. Das ist unser Trick.«
Als sie seinen Gesichtsausdruck sah, fügte sie hinzu: »So schlecht ist es gar nicht. Unser aufbereitetes Wasser ist sauberer, als wenn es aus der Leitung käme.«
»Ich glaube es Ihnen auch so.« Elliot nahm eine seltsam aussehende Sonnenbrille in die Hand. Die Gläser waren sehr dick und dunkel, und in der Mitte, über dem Nasenbügel, saß ein eigentümliches Objektiv.
»Holographisch, also wellenoptisch wirkende Nachtsichtbrille«, sagte Ross. »Sie arbeitet mit einer Dünnschicht-Brechungsoptik.« Sie zeigte dann auf vibrationsfreie Kameraobjektive mit optischen Systemen, die Bewegungen ausgleichen konnten, auf Infrarot-Stroboskope und winzige Erkundungs-Lasergeräte, die nicht größer waren als ein Radiergummi. Außerdem lag da eine Reihe kleiner Stative mit schnellaufenden Motoren und Halterungen, an denen man offenbar etwas befestigen konnte. Sie erklärte aber lediglich, es handle sich dabei um »Verteidigungseinrichtungen«.
Elliot schlenderte zum gegenüberliegenden Tisch und fand dort unter der Lampe sechs Maschinenpistolen. Er nahm eine auf, sie war eingefettet und wog schwer in seiner Hand. In der Nähe lagen Magazine mit Munition. Die Kennzeichnung auf dem Schaft sah er nicht — es waren russische AK-47, eine tschechoslowakische Lizenzfertigung.
»Reine Vorsichtsmaßnahme«, sagte Ross. »Die haben wir bei allen Expeditionen dabei. Hat nichts weiter zu bedeuten.« Elliot schüttelte den Kopf.
»Was ist mit der GPN aus Houston?« fragte er.
»Darüber zerbreche ich mir nicht den Kopf«, sagte sie. »Ich schon«, sagte Elliot.
So wie Karen Ross ihm die Dinge darstellte, handelte es sich bei der GPN lediglich um einen technischen Bericht. Die Regierung von Zaire hatte in den letzten vierundzwanzig Stunden ihre Ostgrenze geschlossen, so daß niemand von Ruanda oder Uganda her in das Land gelangen konnte. Wer nach Zaire wollte, mußte jetzt von Westen kommen, also über Kinshasa einreisen. Für die Schließung der Ostgrenze wurde offiziell kein Grund genannt, doch spekulierte man in Washington, daß die Truppen Idi Amins auf der Flucht vor der Invasion Ugandas von Tansania aus beim Überschreiten der Grenze von Zaire »lokale Schwierigkeiten« auslösen könnten.
Dieser Begriff umschrieb, auf Zentralafrika bezogen, gewöhnlich Kannibalismus und ähnliche Scheußlichkeiten.
»Glauben Sie das?« erkundigte sich Elliot.
»Kannibalismus und andere Scheußlichkeiten?«
»Nein«, sagte Karen Ross. »Erstunken und erlogen. Sicher haben da die Holländer, die Deutschen und die Japaner ihre Hand im Spiel wahrscheinlich Ihr Freund Morikawa. Das europäisch-japanische Elektronik-Konsortium weiß, daß die ERTS dicht vor der Entdeckung wichtiger Diamantenvorkommen im Virunga-Gebiet steht. Sie wollen uns so viele Knüppel wie möglich zwischen die Beine werfen. Daher haben sie irgendwo, wahrscheinlich in Kinshasa, ihre Beziehungen spielen lassen und dafür gesorgt, daß die Ostgrenze geschlossen wurde. Mehr steckt vermutlich nicht dahinter.«
»Aber warum dann die Maschinenpistolen, wenn keine Gefahr besteht?«
»Eine reine Vorsichtsmaßnahme«, sagte Karen Ross. »Wir werden auf dieser Reise mit ziemlicher Sicherheit keine Maschinenpistolen verwenden, glauben Sie mir. Warum legen Sie sich nicht noch ein bißchen hin? Wir landen bald in Tanger.«
»In Tanger?«
»Ja. Dort ist Captain Munro.«
6. Munro
Der Name »Captain« Charles Munro stand in keiner der Listen von Expeditionsführern, die gewöhnlich angeheuert wurden. Das hatte verschiedene Gründe. Der wichtigste war sein mehr als schlechter Ruf.
Munro war als unehelicher Sohn eines schottischen Farmers und seiner hübschen indischen Hausbesorgerin in der wilden nördlichen Grenzprovinz Kenias aufgewachsen. Der Vater war 1956 von Mau-Mau-Guerillas getötet worden [Obwohl bei dem Mau-Mau-Aufstand über neunzehntausend Menschen ums Leben kamen, fanden in sieben Jahren des Terrors nur siebenunddreißig
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