Cool Hunter
finden. Keine relevanten Treffer bei …« Sie nannte eine bekannte Suchmaschine, die nach einer sehr, sehr großen Zahl benannt ist.
»Das ist ja auch kein stehender Begriff«, sagte Jen. »Bloß so eine private Beobachtung von mir.«
»Hallo? Wer schaut denn heutzutage noch ›The Mod Squad‹?« Vivienne Von-und-Zu verdrehte die Augen und bedachte Jen mit einem besonders verächtlichen Blick. Es bereitete ihr sichtlich Genugtuung, dass wir Welpen an unseren Platz verwiesen worden waren.
Mandys Gesichtsfarbe begann sich wieder etwas zu normalisieren. Es handelte sich also nicht um ein welterschütterndes neues Konzept, das der Klient durch ihre Unachtsamkeit verpasst hatte, sondern nur um einen Gedanken, der heute zum ersten Mal laut gedacht worden war.
Als alle sich zum Gehen wandten und Mandy mir das Honorar gab (auch für Jen, wie sich herausstellte), war ihr Blick trotzdem sehr kühl, und ich begriff, dass ich mich in Schwierigkeiten gebracht hatte. Hier in diesem Raum war eine Idee in die Welt gesetzt worden, die sich gnadenlos verbreiten würde. Die Zeit der Suchmaschinen-Anonymität war für die FSF-Konstellation bald vorbei. Der Klient würde eine Woche Zeit haben, seinen Spot zu senden und ihn dann schleunigst wieder abzusetzen, bevor Jens radikal neue Wortschöpfung ihn so alt aussehen lassen würde wie eine Polizeiserie aus den Siebzigern.
Mandys Blick sagte mir, dass ich einen unverzeihlichen Fehler begangen hatte.
Ich hatte eine Innovatorin zu einer Coolnessprobe mitgenommen, auf der nur Trendsetter zugelassen waren.
Kapitel
DREI
An der Spitze der Pyramide stehen die Innovatoren.
Leute, die als Erste mit irgendeiner neuen Idee um die Ecke kommen: zum Beispiel ihren Geldbeutel an eine lange, grobgliedrige Kette zu hängen. Absichtlich in viel zu weiten, fast unter dem Arsch hängenden Hosen rumzulaufen. Ihre Jeans mit Kalkreiniger zu waschen. Eine Sicherheitsnadel durch ihre Klamotten zu stecken. Ein Kapuzenshirt unter ihrer Lederjacke anzuziehen. Leute wie der sagenumwobene erste Basecap-Träger, der darauf kam, den Schirm nach hinten zu drehen.
Dabei sehen die meisten Innovatoren noch nicht mal besonders cool aus, jedenfalls nicht im modischen Sinn. Irgendetwas an ihnen wirkt immer ein bisschen unstimmig, so als würden sie sich in dieser Welt nicht sonderlich wohlfühlen. Im Grunde sind Innovatoren Logo-Verächter, die versuchen, mit den zwölf Grundkleidungsstücken auszukommen, die nie in Mode waren beziehungsweise nie aus der Mode kommen werden.
Und doch gibt es an jedem Innovator ein Detail – so wie die Schnürsenkel bei Jen –, das hervorsticht. Etwas in dieser Form noch nie Dagewesenes.
Auf der darunter liegenden Stufe der Pyramidenhierarchie stehen die Trendsetter. Ein Trendsetter hat den Ehrgeiz, der
zweite Mensch auf der Welt zu sein, der sich mit dem neuesten Virus ansteckt. Er hält ständig die Augen nach Innovationen offen und ist allzeit bereit, sofort auf einen Zug aufzuspringen. Viel entscheidender aber ist, dass Trendsetter von anderen Menschen beobachtet werden. Im Gegensatz zu den Innovatoren sind sie cool, wodurch die Innovation, die sie aufgreifen, automatisch cool wird . Die wichtigste Aufgabe eines Trendsetters ist die Wächterfunktion. Er ist der Filter, der die wahren Innovatoren von den Spinnern trennt, die sich Klamotten aus Mülltüten basteln. (Wobei ich mal gehört hab, dass es in den Achtzigern tatsächlich ein paar Trendsetter gegeben haben soll, die in Mülltüten rumliefen. Dazu sage ich lieber nichts.)
Auf der nächsten Stufe stehen die sogenannten »Frühen Übernehmer«.
Frühe Übernehmer besitzen immer das neueste Handy, stöpseln sich den neuesten MP3-Player ins Ohr und haben den Trailer des neuesten Films schon ein Jahr vor dem Kinostart aus dem Netz runtergeladen. (Die Abstellkammern der Frühen Übernehmer füllen sich im Laufe der Jahre mit Dinosaurierelektronik: Betamax-Videorekordern, Laser Discs, Acht-Spur-Tonbandgeräten.) Sie testen einen Trend, loten ihn aus und schleifen seine Ecken und Kanten ab. Ein ganz wesentlicher Unterschied zu den Trendsettern besteht darin, dass Frühe Übernehmer die Objekte ihrer Begierde in Zeitschriften entdecken, nicht auf der Straße.
Noch ein Stück weiter unten stehen die Konsumenten. Das sind die Leute, die ein Produkt im Fernsehen, in zwei Kinofilmen, fünfzehn Printwerbungen und auf einem riesigen Regal im Einkaufszentrum gesehen haben, bevor sie sagen: »Hey, das Teil ist ziemlich cool.«
Was
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