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Cool Hunter

Cool Hunter

Titel: Cool Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Vivienne selbst trug ein schwarzes Kleid, eine schwarze Handtasche und schwarze Wedges, jedes Teil besaß Vor- und Nachnamen, die als verschlungene Initialen aus Goldblech dezent daran befestigt waren, und stammte wie sie selbst von der Fifth Avenue. Sie ersparte mir die Mühe einer Antwort. »Ach, ich vergaß. Es gab ja gar keine alte.«
    »Jedenfalls keine, die so alt gewesen wäre wie du«, sagte Jen wie aus der Pistole geschossen.
    Hiro stieß einen Pfiff aus, wirbelte quietschend einmal um die eigene Achse und gab damit das Signal zum Arbeitsbeginn. Ich zog Jen auf die Stuhlreihen am anderen Ende des Konferenzraums zu, mitten hinein in Mandys Schutzzone und außer Reichweite von Viviennes luxusmanikürten Hundert-Dollar-Krallen (pro Hand).
    »Hey, Hunter. Schön, dass du’s geschafft hast.« Mandy war von Kopf bis Fuß in rot-weiße Klamotten des Klienten gekleidet, auf denen sein berühmtes geschwungenes Logo prangte. Sie starrte stirnrunzelnd auf ein Schaltbrett mit verschiedenen
Knöpfen, dessen raumschiffartige Komplexität sie etwas einzuschüchtern schien.
    Als sie versuchsweise einen der Knöpfe drückte, surrten schwarze Vorhänge zu und versperrten den Panoramaausblick vom sechzigsten Stock auf den Central Park. Einen zögernden Fingerdruck später glitten hölzerne Schiebewände zur Seite und enthüllten einen überdimensionierten Fernseher, der wahrscheinlich mehr kostete als ein Van Gogh, aber wesentlich flacher war.
    »Hi. Das hier ist Jen.«
    »Coole Schnürsenkel«, meinte Mandy, ohne sich die Mühe zu machen, auf Jens Schuhe zu schauen. Ich erhaschte einen Blick auf ihr Brett, auf dem ein Ausdruck des Fotos klemmte, das ich ihr gemailt hatte – die innovative Schnürtechnik stand also kurz davor, demnächst in Massenproduktion zu gehen. Während ich Jen eilig zu den Stühlen zog, flüsterte ich: »Sie findet dich gut.«
    »Und ich finde alles ziemlich seltsam hier.«
    »Was du nicht sagst.«
    Vivienne Von-und-Zu, die kürzlich die große Zwei mit der Null dahinter erreicht hatte, schaffte es, den Mund zu halten, als das Licht langsam ausging.
     
    Der Spot spielte in der üblichen Fantasiewelt des Klienten. Es war später Abend, es regnete, alles war von schimmernder Nässe überzogen, und in sämtlichen Metalloberflächen spiegelten sich blaue Lichtreflexe. In schnellen Schnitten wurden zum Beat eines von einem deutschen DJ geremixten Songs, der älter war als Vivienne, drei extrem gut aussehende, die Kleidung des Klienten tragende junge Menschen gezeigt, die
offensichtlich in den Feierabend starteten. Selbstverständlich war dem Zuschauer sofort klar, dass sie alle unglaublich coole Jobs hatten. Einer der Typen raste auf einem chromblitzenden Motorrad davon, der andere trat in die Pedale eines Rennrads mit mindestens fünfzig Gängen und die Frau joggte in ihren Laufschuhen durch Pfützen, in denen sich »DON’T WALK«-Zeichen spiegelten.
    »Okay, verstehe. Nicht gehen. Rennen! «, flüsterte Jen.
    Ich kicherte. Die Sprache des Klienten bestand zwar nur aus ungefähr zwölf Wörtern, aber die beherrschte dafür jeder fließend.
    Die drei gut aussehenden jungen Erfolgsmenschen strebten, aus unterschiedlichen Richtungen kommend, alle dieselbe coole Bar an, die aussah wie eine Mischung aus einer Fabrik für Plüschsofas und einem Operationssaal. Sie bestellten bernsteinfarbenes Bier in Gläsern ohne Markenaufdruck und strahlten vor Begeisterung darüber, sich hier getroffen zu haben. Auf ihrer dynamischen Reise durch die Fantasiewelt hatten sie sichtlich Energie und Lebensfreude getankt.
    »Bewegung macht Spaß«, flüsterte ich.
    »Spaß ist gut.« Jen nickte.
    Der Spot kam zu einem fulminanten Ende, als unsere drei Helden ihr Bier unberührt stehen ließen und spontan beschlossen, wieder rauszugehen, weil sie erkannten, dass sie viel mehr Lust hatten, sich gemeinsam weiterzubewegen. Ich fragte mich nur, wie sie das machen wollten – würde die Frau neben dem Motorrad und dem Fahrrad herjoggen oder was? Egal.
    Das Licht ging wieder an.
    »Also?« Mandy breitete die Arme aus. »Was halten wir von ›Don’t Walk‹?«

    Ja, ihr habt richtig gelesen. Werbespots bekommen tatsächlich richtige Titel, als wären sie kleine Kinofilme. Allerdings kennen diese Titel nur diejenigen, die sie drehen, und Leute wie ich.
    »Das Motorrad passt«, sagte Tina Catalina. »Japanische Straßenmaschinen sind wieder angesagt.«
    Mandy sah Hiro Wakata, den Meister aller fahrbaren Untersätze, fragend an. Als er

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