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unserem Kontinent nicht so ohne weiteres mit einem Sicherheitsbüro Kontakt bekommt. Nur wenige wissen, wo man in Deutschland beispielsweise mit dem Bundesnachrichtendienst oder seinen wichtigen Leuten zusammentreffen kann. In Amerika ist das anders. Man kann die CIA anrufen, wie hierzulande die Telefonauskunft. Da hört man dann: »Hier die CIA. Was können wir für Sie tun?< Spaggiari bietet der CIA seine Hilfe an. »Mit meiner Organisation kann ich für Sie jedes Ding drehen«, rühmt er sich. »Egal was, egal wo, egal wie. Ich kann jeden Safe knacken und in jeder Botschaft einbrechen…« Amerikas Agenten sind in dieser Zeit ein nervöser Haufen. Während des Watergate-Skandals haben sie eine sehr schlechte Presse gehabt. Sie fragen Albert, ob er einen Beweis habe, daß er nicht nur ein Spinner sei. »Was ist, wenn ich Ihnen sage, daß ich den Bankraub des Jahrhunderts organisiert habe. Das Superding in der «Société Generale« in Nizza habe ich gedreht. Genügt Ihnen das?«
Die CIA ist - wie auch andere Geheimdienste - in der Wahl ihrer Informanten, Mittel oder Mitarbeiter nicht gerade zimperlich. Aber auch sie mißtraut Albert Spaggiari. Genauso wie die Gang von Marseille, das Commando Delta der OAS oder Pierre Lagaillarde - sie trauen Spaggiari nicht. Es ist die immer widerkehrende Tragödie in seinem Leben. Um etwas für die amerikanisch-französische Freundschaft zu tun, schickt Interpol einen Bericht über das Treffen Mitte September routinemäßig an die Kripo nach Nizza. Allein - die unternimmt nichts.
Und das ist das zweite Rätsel um die Beamten, die diesen Fall behandeln.
Später kommentiert ein offizieller Sprecher: »Wir hatten keine Beweise. In jedem Fall wurden wir von Informationen überschwemmt, und fast alle waren falsch.« Diese Ausrede ist lächerlich. Spaggiari hat zwei Gefängnisstrafen abgesessen und sich mehrerer Verbrechen verdächtig gemacht. Die Polizei hat ein Geständnis vorliegen, das unter Zeugen abgegeben worden ist. Dennoch nimmt man Spaggiari nicht hoch, verhört ihn nicht einmal oder überprüft ein etwaiges Alibi. Er steht nicht einmal auf der Liste der Verdächtigen, die überwacht werden. Und er wird auch nicht, wie alle anderen, am 26. Oktober verhaftet. Was Spaggiari betrifft, so scheinen die Kripoleute die Rolle der drei berühmten Affen übernommen zu haben: Blind, taub und stumm zu sein. Nichts Böses sehen, nichts Böses hören und nichts Böses sagen zu wollen.
Nein - denn in dieser Zeit geht Albert Spaggiari mit seiner Frau Audi auf Reisen. Mit dem Bürgermeister von Nizza fliegen sie nach Japan.
Der graumelierte Frauenliebling Jacques Médecin ist nicht nur Bürgermeister der Stadt, sondern auch Tourismusminister in der Regierung Giscard d’Estaing’s und zugleich sein guter Freund und Vertrauter.
Unter Médecin’s Schirmherrschaft organisieren die Städte Nizza, Cannes und der Zwergstaat Monaco gemeinsam ein Kulturaustauschprogramm, um in Japan für die Côte d Azur als Reiseland Werbung zu machen. Mit auf die Reise nehmen sie einige Kunstschätze der örtlichen Museen: Malereien von Chagall, Matisse, Léger und Fragonard; Skulpturen von Giacometti; Gläser von Biot; die typischen Produkte der Gegend, wie Wein und Olivenöl. Dazu gesellt sich eine Gruppe hübscher Mannequins, die die französische Haute Couture vorführen.
Eine Boing 707 wird gechartert, die jedoch größer ist als benötigt. Freie Plätze werden für nur siebentausend Francs pro Person für Hin- und Rückflug verkauft. Spaggiari erwirbt zwei Tickets.
Es fällt Jacques Médecin einige Wochen später nicht leicht, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, daß die Spaggiaris nur als Privatpersonen an der Reise teilgenommen haben und nicht zum offiziellen Komitee gehörten. Er behauptet den Autoren dieses Buches gegenüber, daß er Spaggiari während des Fluges gar nicht bemerkt habe, und daß das Ehepaar weder in demselben Hotel noch auf den offiziellen Empfängen gewesen sei.
In einem Punkt hat er recht: Spaggiari ist nicht der offizielle Fotograf auf dieser Reise. Jacques Médecin fügt jedoch hinzu: »Es liegt in der Natur eines intelligenten Verbrechers, seinen wahren Charakter hinter einer Fassade von Ehrlichkeit zu verstecken.«
Das Flugzeug verläßt Nizza am 6. Oktober und fliegt via Paris und Anchorage nach Tokio. Die offizielle Gruppe wohnt im Hotel »Imperial« und die Spaggiaris im >Hilton<. Einer der mitreisenden Journalisten erinnert sich später: »Die Spaggiaris waren
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