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Coole Geschichten für clevere Leser

Coole Geschichten für clevere Leser

Titel: Coole Geschichten für clevere Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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in der Armee.«
    »Dann ist Gombers Militärtick also kein Scherz?«
    »O nein, und es wird ständig schlimmer. Wenn er so weitermacht, müssen wir beide eines Tages mit dem Gewehr gegen Lambeth antreten.«
    Lambeth Inc. war Gombers größter Konkurrent; die Vorstellung einer Schießerei zwischen den beiden Firmen brachte mich zum Lachen.
    »Ach, irgendwo ist doch etwas Wahres dran«, meinte Simms. »In mancher Hinsicht ist eine große Firma wie eine Armee. Nur hat Gomber eine ungefähre Analogie zum Lebenszweck erhoben. Ich bin müde.« Simms gähnte. »Jedenfalls bin ich froh, daß wir Sommer haben. Den Ausgang kann ich gebrauchen.«
    Simms war gerade von seinem Ausgang zurück – damit war Urlaub gemeint –, als an sämtliche führenden Angestellten eine Einladung erging. Sie kam von Gomber persönlich und forderte formell unsere Teilnahme (ohne Frauen) an einem Nachmittagsausflug auf dem Gomber-Anwesen in Blaineport, Connecticut. Ich muß gestehen, daß mich die Einladung freute. Ich dachte an Cocktails, gebratene Rippchen, eine gelockerte Atmosphäre und vielleicht die Chance aufzufallen.
    »Passiert so etwas oft?« fragte ich Simms.
    »Soweit ich weiß, geschieht es zum erstenmal«, sagte Simms und betrachtete seine Einladungskarte. »Offen gestanden, gefällt mir das nicht so recht.«
    Ich hielt Simms’ pessimistische Einstellung für ungerechtfertigt – eine Ansicht, die ich auch noch am Tag des Ausflugs vertrat, obwohl zwischen meinen Erwartungen und der Wirklichkeit doch ein großer Unterschied bestand. Gomber (noch konnte ich ihn mir nicht als »General« vorstellen) hatte offenbar eine Zusammenkunft im Freien vorgesehen, denn auf seinem weitgeschwungenen Rasen standen Tische und Klappstühle. Ein anhaltendes Nieseln trieb die Party ins Haus, wo sich die etwa vierzig leitenden Angestellten in einem Wohnzimmer versammelten, das zwar groß genug war, Sitzplätze aber nur etwa für die Hälfte bot. Folglich war ich auf meine Füße angewiesen, als Gomber zum Kamin schritt und seine elektrisierende Ankündigung machte.
    »Meine Herren«, sagte er. »Ich habe diese außerordentliche Stabsbesprechung einberufen, um eine Situation zu klären, die ich für so kritisch halte, daß die Zukunft jedes einzelnen Anwesenden betroffen ist.«
    Zum erstenmal machte ich mir klar, daß die acht Männer, die Gomber flankierten, vier auf jeder Seite, gar nicht zu den Firmenangestellten gehörten. Es handelte sich um Gombers Fabrikwächter in Zivil.
    »Meine Herren, in den letzten beiden Jahren hat unsere Firma bei mehreren wichtigen Vertragsverhandlungen den kürzeren gezogen, indem wir durch einen unserer größten Konkurrenten, Lambeth Inc., unterboten wurden. Dabei wurden nicht nur unsere Preise unterschritten, sondern auch einige unserer sorgfältig ausgearbeiteten Marketing- und Produktionspläne durch Gegenaktionen derselben Firma unwirksam gemacht. In den letzten sechs Monaten haben wir etliche neue Produkte oder Bauteile in den Markt eingeführt und mußten dabei feststellen, daß Lambeth uns zuvorgekommen war. Sogar unser Rekrutierungsprogramm für gute Techniker hat gelitten, da Lambeth uns immer wieder bei den Männern überbot, auf die wir ein Auge geworfen hatten.«
    Es war still im Zimmer, und die Männer zogen dumme Gesichter angesichts der in der Luft liegenden Kritik.
    »Meine Herren«, fuhr Gomber fort. »Wären diese Niederlagen als normale Folgen eines fairen Wettbewerbs anzusehen, hätten wir uns ohne Klage gefügt. Doch leider haben wir stichhaltige Beweise, wonach wir einer ausgedehnten Spionagetätigkeit zum Opfer gefallen sind.«
    Das beendete die Stille. Die Männer machten ihrem Schock, ihrem Unmut und wohl auch ihrer Erleichterung lautstark Luft.
    »Als wir auf die Möglichkeit stießen, daß Lambeth uns einen Spion untergeschoben hatte, bildeten wir sofort ein Gegenspionagekorps. In den Abteilungen wurde jedes mögliche Schlupfloch aufgespürt. Schließlich machten wir die unweigerliche Entdeckung, daß es sich bei dem Spion um ein Mitglied des Spitzenmanagements handelt, den Schlüsselgremien so nahe, daß der Betreffende jede große Entscheidung kennen mußte. Wochenlang wurde die Arbeit jedes Mannes eingehend ausgeforscht, bis der Sünder schließlich beim Vertrauensbruch ertappt wurde.«
    Gomber eilte mit sechs Schritten in die Mitte des Zimmers. Dann machte er kehrt und deutete auf eine kleine rundliche Gestalt, in der ich Luther Maddox, den Ersten Vizepräsidenten der Firma, zuständig

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