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Coole Geschichten für clevere Leser

Coole Geschichten für clevere Leser

Titel: Coole Geschichten für clevere Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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für die Verwaltung, erkannte.
    Ich kannte Maddox, dem ich höchstens einmal die Hand gegeben hatte, kaum, doch als er jetzt mit gerötetem Nacken aufsprang, fühlte ich, was jeder Anwesende in diesem Augenblick fühlen mußte – Überraschung und rechtschaffenen Zorn.
    »Das ist eine Lüge!« rief er. »Eine verdammte Lüge!«
    »Frohlich«, sagte Gomber energisch, und einer der Wächter trat vor und reichte ihm einen dicken gelben Aktenordner. Der General (ja, in diesem Augenblick war mir danach, ihn so zu nennen) hielt Maddox die Unterlagen hin und sagte: »Wollen Sie sich die Beweise selbst ansehen? Kopien Ihrer Briefe an Harvey Lipscomb, den Präsidenten von Lambeth? Berichte über Ihre Besuche im Detroit-Büro vom Lambeth? Mitschriften Ihrer Telefongespräche?«
    Es war kaum zu glauben, daß die menschliche Physiognomie eine noch rötere Tönung erreichen konnte als die Färbung, die Maddox’ Gesicht in diesem Augenblick aufwies, doch er schaffte es – in mehreren Etappen. »Ich kündige!« sagte er mit bebender Stimme. »Hören Sie, Cyrus! Ich mache Schluß.«
    »Schluß machen?«, bellte der General. »Glauben Sie wirklich, daß Ihnen dieser Ausweg noch bleibt? Meinen Sie, die Sache wäre so einfach zu bereinigen?«
    Maddox trat einen Schritt zurück, stieß gegen seinen Stuhl und begann auf eine Verandatür zuzustolpern. Nach wenigen Schritten war er bereits von vier Firmenwächtern umringt. Gomber gab dem gehorsamen Frohlich einen neuen Befehl, den ich nicht verstand. Doch ich erfuhr sehr bald, worum es sich handelte; die verbleibenden vier Muskelmänner verließen das Zimmer und kehrten nach kürzester Zeit mit ihren Waffen zurück. Das sollte ich vielleicht noch einmal wiederholen: sie trugen Karabiner und 22er Revolver.
    »Maddox«, sagte der General. »Es hat Ihnen nie geschmeckt, wie ich diese Firma geführt habe. Sie haben meine militärische Einstellung in geschäftlichen Belangen abgelehnt. Und doch waren Sie bereit, mit den Techniken der Militärspionage gegen mich vorzugehen. Nun, ich bin bereit, mich an die Kriegsregeln zu halten. Und Sie wissen, wie danach Spione behandelt werden.«
    Nach knapp einer Minute hatte sich die Party trotz des Regens wieder ins Freie begeben. Die acht Wächter, die jeder eine Waffe trugen, umringten Maddox und drängten ihn auf eine hohe Gartenmauer zu. In der großgewachsenen Phalanx vermochte ich ihn nicht zu erkennen, dafür hörte ich ihn schreien: »Laßt mich los! Um Himmels willen, Cyrus! Das ist Mord, Mord!«
    Auch ich konnte nicht fassen, was da geschah; für mich war es ein verrückter Witz, der sich gleich in einer befreienden Pointe auflösen würde. Die Gesichter ringsum spiegelten die gleiche Erstarrung und Verständnislosigkeit. Selbst als das Exekutionskommando etwa sieben Meter vor der Mauer eine ungleichmäßige Reihe bildete, schritt niemand ein; alle starrten auf die unwirkliche Szene. Nur Gomber handelte. Er ging zu Maddox und bot ihm mit lauter Stimme eine Zigarette an.
    »Eine Zigarette?« fragte Maddox hysterisch. »Cyrus, hören Sie endlich auf, sich wie ein Kind zu benehmen! Rufen Sie die Kerle zurück, lassen Sie mich hier raus!«
    Der General zuckte lediglich die Achseln, trat zur Seite und wandte sich dem Kommando zu.
    »Also gut, meine Herren«, sagte er.
    Die Waffen wurden gehoben. Maddox’ dicke Schultern bebten vor dem Efeu, der die Mauer bedeckte, seine Hände hoben sich wie die kleinen Vorderpfoten eines Eichhörnchens.
    »Fertig«, sagte der General.
    »Bitte, Cyrus! Bitte seien Sie doch vernünftig …«
    »Zielen!« Der General hob die Hand.
    »Cyrus!«
    Ich weiß nicht, wie ich meine Entscheidung traf; es blieb keine Zeit, die Motive abzuwägen. Ich riß dem mir am nächsten stehenden Wächter das Gewehr aus der Hand. Er war viel zu überrascht, um mich daran zu hindern. Mit vier Sätzen lief ich vor Maddox, fuhr herum und stellte mich seinem Hinrichtungskommando gegenüber, den Gewehrkolben gegen den Hüftknochen gestemmt, den Finger um den Abzugshebel gekrümmt, das Gesicht zu einer zornigen Grimasse verzogen, die dem Augenblick entsprach.
    »Einen Moment!« brüllte ich. »Senkt die Waffen, Jungs, runter damit!«
    Es tat gut, Gombers Handlanger so verblüfft zu sehen, wie ich es eben noch gewesen war. Obwohl die anderen sieben Waffen hatten, während ich nur eine Mündung aufbieten konnte, wollten sie sich nicht auf Diskussionen einlassen; auf eine Schießerei waren sie nicht gefaßt gewesen. Hände und Waffen senkten

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