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Coolman und ich. Ein Job für alle Fälle (German Edition)

Coolman und ich. Ein Job für alle Fälle (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Ein Job für alle Fälle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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und überlege gleichzeitig, ob ich nicht doch lieber die Meinung eines zweiten Arztes einholen soll.

    »Vertraust du mir etwa nicht?«, fragt die Ärztin und dreht mir den Rücken zu, um in einer Schublade zu kramen.
    »Doch, doch!«, versichere ich, weil ich sie nicht verärgern will. Immerhin ist sie eine richtige Ärztin und wird schon wissen, was zu tun ist.
    »Schön! Dann probier das mal.« Als sie sich wieder zu mir umdreht, hat sie eine kleine Schachtel in der Hand. Die Schachtel ist mit rotem Samt ausgekleidet, und darin liegt eine Pille, die aussieht wie ein blauer Smartie. »Habe ich selbst entwickelt. Die hilft auch gegen die Schmerzen in deinem Bein ... vermute ich.«
    »Und wogegen sonst noch?«
    Die Ärztin zuckt die Schultern. »Keine Ahnung, deswegen brauche ich ja jemand, der die Pille für mich ausprobiert. Oder willst du, dass ich sie an armen, unschuldigen Tieren teste? Du bist doch bestimmt auch gegen grausame Tierversuche, oder?«
    Klar bin ich gegen Tierversuche. Wer ist das nicht? Außer vielleicht Alex und Justin. Die verfüttern sogar Gummibänder an Schafe, um zu sehen, ob die danach besser hüpfen können.
    Aber genauso sehr bin ich auch gegen Kai-Versuche.
    »Und warum nehmen Sie die Pille nicht selbst?«
    »Ich bin nicht objektiv. Außerdem – was ist, wenn mir etwas passiert, nachdem ich die Pille genommen habe? Dann ist niemand mehr da, der sie verbessern kann. Ich kann sie unmöglich schlucken. Das verstehst du doch, oder?«
    Das klingt logisch. Irgendwie aber auch nicht.
    »Ich zahl dir 1100 Euro. Bar auf die Hand, wenn du mir morgen genau erzählst, wie sie gewirkt hat.«
    Mit dem Geld könnte ich Igor bezahlen. Und es bliebe sogar noch etwas übrig, um Lena einen neuen Ring zu kaufen. Den hat sie sich verdient, weil sie mich vor ihrem Vater in Schutz genommen hat.
    Und es ist ja auch nur eine Pille. Ich habe in meinem Leben schon tausend Pillen genommen – gegen Erkältung, Fieber, Halsschmerzen oder Bauchweh. Da kommt es auf eine mehr oder weniger auch nicht mehr an.
    Ehe ich es mir anders überlege, schnappe ich mir die Pille und schlucke sie schnell runter.

    Sicherheitshalber werfe ich schnell einen Blick in den Spiegel, der über einem Waschbecken hängt.
    Alles unverändert. Zumindest äußerlich.
    »Du wirst nicht sofort etwas merken. Es dauert, bis die Wirkung eintritt. Wir sehen uns morgen, Punkt 12 Uhr, hier in der Praxis. Dann kriegst du auch dein Geld«, sagt die Ärztin und führt mich am Arm durch den dunklen Flur bis zur Tür des Altenheims.
    »Und denk dran! Ich will genau wissen, was passiert. Selbst das kleinste Detail ist wichtig! Und falls es ganz schlimm werden sollte, komm einfach vorbei, dann gebe ich dir ein Gegenmittel.«
    Es ist aber nicht schlimm. Abgesehen von leichten Kopfschmerzen fühle ich mich genauso wie vorher, während ich auf düsteren Schleichwegen nach Hause hinke. Ich meide die beleuchteten Hauptstraßen, weil ich keine Lust habe, den Kopfgeldjägern in die Hände zu fallen, die der Bürgermeister auf mich angesetzt hat.
    »Kai! Wo kommst du denn jetzt her?«, ruft meine Mutter aus der Küche, als ich die Tür aufschließe. »Ich habe mir Sorgen gemacht! Weißt du eigentlich, wie spät es ist?«
    »Von Lena!«, rufe ich zurück. Das ist schließlich nicht ganz gelogen, und vielleicht stimmt sie das etwas milder.
    »Hat Papa mit dir gesprochen? Über ... du weißt schon was ... über Jungen und Mädchen und ...« Meine Mutter steht jetzt im Flur.
    »Ja, hat er«, unterbreche ich sie schnell.
    »Das ist schön. Das ist sehr schön«, seufzt meine Mutter erleichtert.
    »Ich habe schreckliche Kopfschmerzen und leg mich lieber gleich hin.«
    »Tu das, Kai-Mäuschen«, antwortet sie und streicht mir übers Haar, als ich an ihr vorbei in mein Zimmer gehe und dabei versuche, so wenig zu humpeln wie möglich.
    Ich bin plötzlich unglaublich müde. Das liegt vielleicht an der Pille. Wenn das die einzige Wirkung sein sollte, kann man sie später prima als Schlaftablette verkaufen.
    Am nächsten Morgen wache ich ganz früh auf. Aber das macht nichts, ich fühle mich trotzdem topfit. Sogar die Schmerzen in meinem Bein sind verschwunden.
    Heute wird ein toller Tag, das spüre ich.
    Ich werde ...
    1) sofort aufstehen.
    2) hundert Liegestütze machen.
    3) für meine ganze Familie Brötchen holen.
    4) bei der Ärztin abkassieren.
    5) die Weißrussen auszahlen.
    6) mit Lena ein neues Leben anfangen.
    Und zwar genau in dieser Reihenfolge!

    Von wegen

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