Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition)
winkt mir zu und steigt von ihrer Kiste herunter.
»Peace, Kai! Peace!«, ruft das Mädchen, als es auf mich zukommt.
»Anti?«, rufe ich überrascht.
»Nenn mich Opti, Bruder!«, antwortet Anti, also, Opti. »Opti?«
»Das ist die Abkürzung für Optimistin«, erklärt sie lächelnd.
Dann erzählt sie mir, wie es ihr in der Zwischenzeit ergangen ist. Als sie in London angekommen ist, hat sie im Hyde Park ein paar Hippies getroffen. Die haben sie davon überzeugt, wie schön das Leben sein kann und dass der Weltfrieden möglich ist, wenn nur alle fest genug daran glauben. Das klappt angeblich auch bei der Klimakatastrophe und Zugverspätungen. Sogar fliegen soll möglich sein, also, ohne Flugzeug, einzig und allein durch die Kraft des eigenen Willens.
Alles null problemo, behaupten die neuen Freunde von Anti, äh, Opti.
Wenn ihr mich fragt, spinnen die Typen komplett. Oder nehmen Drogen. Oder beides. Ich habe zu Weihnachten auch mal ganz fest daran geglaubt, dass ich einen Hamster bekomme. War dann aber doch nur eine Packung Lego. Wenn das noch nicht mal bei Kleinigkeiten – und Hamster sind nun wirklich klein – klappt, wie soll das dann mit dem Weltfrieden funktionieren?
Diese Hippies, erzählt Opti weiter, hätten ihr Leben total verändert. Mit denen wohnt sie in einem Zeltlager hier im Park, singt Friedenslieder und meditiert den Rest des Tages. Deswegen auch ihr neues Outfit und die rot gefärbten Haare.
»Das kommt einfach viel positiver rüber als dieses ewige Schwarz«, erklärt sie und lächelt wieder glücklich. »Das Leben ist schön! Peace!«
Ich kann mich nicht erinnern, wann meine Schwester so oft hintereinander gelächelt hat. Okay, wegen ihrer langen Haare vor dem Gesicht hätte ich das sowieso nicht gesehen. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob mir die alte Anti nicht doch besser gefällt als die glückselige Opti.
»Fährst du morgen wieder mit nach Hause? Oder bleibst du jetzt hier?«, frage ich und überlege, wie ich das meinen Eltern erklären soll, wenn sie nicht mitkommt.
Liebe Mama, lieber Papa, zuerst die gute Nachricht: Anti heißt jetzt Opti und ihre schwarze Phase ist endlich vorbei.
Jetzt die schlechte Nachricht: Sie ist völlig übergeschnappt, lebt mit Hippies in einem Park in London und ist gerade dabei, mit der Kraft ihrer Gedanken die Welt zu retten.
»Klar fahre ich mit. Die Deutschen sind viel zu negativ, die brauchen meine positiven Botschaften dringender«, antwortet Opti. »Außerdem würde ich gerne mal wieder duschen. Wann fahrt ihr denn ins Dorf zurück?«
»In zwei Stunden«, antworte ich.
»Gut, wir treffen uns am Bus. Ich sag nur schnell den anderen Tschüss! Peace!«, antwortet Opti und läuft in den Park. Nach ein paar Metern dreht sie sich noch einmal um. »Was hast du da eigentlich in der Tüte?«
»Nur ein paar Sachen zum Wechseln. Wenn ich im Regen zu nass werde«, antworte ich.
»Kluger Junge«, antwortet Opti und verschwindet im Park.
»Gehen wir jetzt zum Lady-Diana-Gedächtnisbrunnen?« Lena ist mit ihren Einkäufen am Andenkenkiosk fertig und tippt mir von hinten auf die Schulter. Ich habe sie gar nicht kommen sehen, weil ich immer noch fassungslos der rundum erneuerten Anti, 'tschuldigung, Opti hinterherstarre.
»Tut mir leid, ich kann nicht. Ich muss noch etwas Wichtiges erledigen«, antworte ich Lena.
»So? Was ist denn so wichtig, dass du mich nicht begleiten kannst?«, fragt Lena und sieht mich finster an.
Ich werde ihr einfach die Wahrheit sagen. Das wird sie verstehen. Das muss sie einfach verstehen.
»Ich soll einen Liebesbrief an die Queen abgeben. Der ist von einem Freund von mir. Die beiden hatten in Australien mal was zusammen. Ich habe es ihm versprochen.«
Lenas Augen werden ganz weich. Ich wusste, dass so eine romantische Geschichte bei ihr gut ankommen würde.
Leider klingt ihre Stimme gar nicht weich, als sie plötzlich sagt:
»Du willst dich doch nur mit diesem Hippie-Mädchen treffen! Denkst du, ich habe nicht gesehen, wie ihr miteinander gequatscht habt?«
»Das war meine Schwester!«
»Ich kenne deine Schwester. Anti ist schwarz wie ein Stück Kohle. Die Kleine, mit der du geflirtet hast, war knallbunt. Du hast dich kein Stück geändert, Kai. Du bist noch genauso ein Idiot wie damals auf dem Kostümfest, wo du Anna geküsst hast.«
»Das war ein Missverständnis! Und das hier ist auch eins! Bitte glaub mir!«, versuche ich mich zu verteidigen, aber Lena hört mir gar nicht zu.
»Das hatte ich extra für
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