Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition)
gemeinsam mit
Coldplay
im Studio einen neuen Song aufnehmen, danach mit seiner Fußballmannschaft irgendein Endspiel gewinnen und am Nachmittag ein verstoßenes Waldgorilla-Baby, dessen Rettung er übers Internet organisiert hat, am Flughafen abholen und in einen Zoo in der Nähe begleiten.
Ich hasse den kleinen Lord!
Diesmal gebe ich keine CD beim Fahrer ab, als ich in den Bus einsteige. Ich habe erst gar keine mitgenommen, um kein Risiko einzugehen. Ich habe nur ein paar Dinge in eine Tüte gepackt, die mir in London von Nutzen sein können. Vielleicht.
Lena sitzt schon. Sie hat einen Platz am Fenster. Der Sitz neben ihr ist frei.
»Ist hier noch frei?«, frage ich.
»Sitzt da jemand? Ich sehe niemanden«, antwortet Lena. »Oder glaubst du, ich habe einen unsichtbaren Typen neben mir herlaufen?«
Das sagt sie gar nicht unfreundlich, sondern genau so, wie man auf eine blöde Frage reagieren sollte. Das mit COOLMAN kann sie ja nicht wissen, und ich bin selber schuld, wenn mir keine bessere Begrüßung einfällt.
»Natürlich nicht, so etwas gibt es ja auch gar nicht«, murmele ich und setze mich neben sie.
Während der Fahrt schaut Lena aus dem Fenster, an dem die Regentropfen herunterlaufen. Ich starre geradeaus. Wenn ich aus demselben Fenster wie sie schauen würde, sähe es so aus, als würde ich Lena anstarren. Also glotze ich lieber den Aschenbecher am Sitz vor mir an und überlege mir, was ich zu ihr sagen könnte. Etwas, das nicht blöde klingt.
»Wer war eigentlich die gekränkte Gräfin?«, frage ich, als wir nach einer guten Stunde Londons Vororte erreichen.
Lena dreht sich zu mir um und grinst mich an.
»Das hat aber lange gedauert, bis du endlich den Mund aufkriegst.«
Dann erzählt sie mir, dass die gekränkte Gräfin die Urururgroßmutter des kleinen Lords war. Sie spukt nun schon seit zweihundert Jahren, weil ihre arme Seele keinen Frieden finden kann.
»Aber warum denn nicht?«
»Da war wohl irgend so ein Picknick und sie hatte keine Einladung bekommen.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter, das ist alles. Seit ihrem Tod geistert sie deswegen gekränkt oben in der Burg herum.«
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich bin etwas enttäuscht. Irgendwie hatte ich etwas anderes erwartet. Etwas Blutigeres und Gruseligeres. Etwas Spukigeres eben.
In London lässt uns der Busfahrer an einem großen Platz raus, der Piccadilly Circus heißt. Dabei ist weit und breit kein Zirkuszelt zu sehen. Vier Stunden haben wir Zeit, dann geht es wieder zurück.
Die Gruppe mit dem Reiseleiter will zu Madame Tussauds, um Promis zu besichtigen. Also, keine echten, sondern nachgebaute – so Puppen aus Wachs, die den Promis ähnlich sehen sollen. Ich habe mir den Prospekt angeschaut. Die sehen ihren Vorbildern null ähnlich. David Beckham und Angela Merkel kann man nur an dem Kleid unterscheiden, das Merkel trägt. Oder war das doch Beckham in dem Kleid?
Lena hat sowieso andere Pläne.
»Ich habe meiner Mutter versprochen, den Lady-Diana-Gedächtnisbrunnen im Hyde Park zu fotografieren und da für sie eine Münze reinzuwerfen«, erzählt sie, und dabei sieht sie mich an, als würde sie fest davon ausgehen, dass ich sie begleite.
Ihr Versprechen erinnert mich an mein Versprechen. Ich habe den Brief von Adolf Schmitz in der Tasche und so nahe wie heute werde ich der Queen bestimmt nie wieder kommen. Aber das hat Zeit.
Erst einmal mache ich mich mit Lena auf den Weg zum Hyde Park. Sie hat einen Stadtplan, den ihr der kleine Lord geschenkt hat. Darin hat er alle wichtigen Orte, an denen er schon einmal war, markiert. Vor lauter roten Kreuzen sind die Straßennamen auf der Karte kaum zu lesen.
Mein Magen knurrt, doch das ist wegen des vielen Verkehrs zum Glück kaum zu hören. Gestern habe ich die letzte Scheibe Schwarzbrot gegessen.
Ich habe Hunger!
COOLMAN hat ja keine Ahnung, wie teuer London ist. Das habe ich bei den Restaurants gesehen, an denen wir schon vorbeigekommen sind. Dabei ist die Idee gar nicht schlecht. Es müssen ja nicht gerade Hummer oder Froschschenkel sein. Pizza täte es auch. Aber auch die kosten hier ein Vermögen. Das kann ich mir unmöglich leisten, selbst wenn Lena und ich uns eine Pizza teilen würden.
Mein Vater hat meine Mutter bei ihrem ersten Date auch zum Essen eingeladen. Er hatte gehofft, dass sie nur einen Salat isst. Wegen der Kalorien. Hat sie aber nicht. Sie hat sich fast alles bestellt, was auf der Karte stand. Am Ende hatte mein Vater nicht einmal mehr genug
Weitere Kostenlose Bücher