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Cop

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Titel: Cop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Jahn
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schließlich. Es ginge nicht anders, sagte sie, sie brauche einen deutlichen Schlusspunkt. Zumindest war das die Meinung ihres Therapeuten, für dessen Ratschläge sie jedes Mal bis nach Houston fuhr. Also hielten sie die Beerdigung ab. Viele Leute kamen. Pastor Warden stellte sich vor einen kleinen, leeren Sarg und erging sich in Gemeinplätzen.
    Seine Worte waren genauso leer wie der Sarg.
    Die Leute weinten, sangen Lieder, selbst wenn sie nicht singen konnten, sanken auf die Knie, neigten den Kopf und beteten. Sie betrachteten Bilder der hübschen kleinen Maggie, von ihrem ersten Lebensjahr bis zum siebten, aber nicht darüber hinaus. Maggie in ihrem Kinderstuhl, das Gesicht mit Kuchen verschmiert. Maggie bei ihren ersten wackligen Gehversuchen. Maggie vor blauem Hintergrund auf dem Porträt im Jahrbuch ihrer zweiten Klasse. Maggie auf der Treppe vor ihrem Haus am Grapevine Circle Nummer 44, mit aufgeschlagenem Knie, einem Sturzhelm auf dem Kopf und einem durchtriebenen Grinsen im Gesicht. Wie die Grinsekatze aus dem Wunderland.
    Im September wäre sie fünfzehn geworden.
    Ian hatte nicht mitgesungen. Auch nicht mitgeweint. Er hatte überhaupt keinen Laut von sich gegeben. Stattdessen saß er in der letzten Reihe, mit geradem Rücken, die gefalteten Hände auf dem Schoß. Schon im Mai war es in der Baptistenkirche von Bulls Mouth brütend heiß, aber er wischte sich nicht den Schweiß von Stirn oder Schläfen. Er rührte sich überhaupt nicht. Sein Kopf war wie ein leeres Zimmer, unmöbliert. Erst als die Leute kamen, um ihm ihr Beileid auszusprechen, bewegte er sich wieder. Er schüttelte ihnen die Hände, bedankte sich, ließ sich auf jede Umarmung ein. Dabei wollte er die ganze Zeit nur weg, nach Hause gehen und allein sein.
    Ganz zum Schluss kam Debbie. Mit Bill Finch, ihrem neuen Mann. Auch Bill war Gesetzeshüter; allerdings arbeitete er nicht für die städtische Polizei, sondern für die Dienststelle des Sheriff’s Department von Tonkawa County in Bulls Mouth, gleich neben dem County-Gefängnis gegenüber von Ians Polizeirevier. Bill stürzte sich immer wieder in Kompetenzstreitigkeiten mit Chief Davis, selbst wenn es bloß um irgendwelche Kleinigkeiten ging, die seit jeher von der örtlichen Polizei geregelt wurden. Überflüssige Diskussionen, die meist in lautstarken Auseinandersetzungen zwischen Davis und Sheriff Sizemore, Bills Vorgesetztem, mündeten. Bill war einer von drei Beamten, die das County in Bulls Mouth stationiert hatte, ihr eigentliches Hauptquartier hatten sie in Mencken. Da die Polizei in Bulls Mouth das Tagesgeschäft mehr oder weniger allein abwickelte, landeten sämtliche Notrufe zunächst in Ians Leitstelle.
    Auf der Beerdigung hatte Debbie ihn umarmt und sich bedankt, dass er der Zeremonie zugestimmt hatte. Bill und er nickten sich knapp zu, doch keiner der beiden streckte die Hand aus. Dann gingen sie ihrer Wege – Debbie und Bill zu ihrem Haus, den mittlerweile dreijährigen Zwillingen, den zwei Hunden, dem Garten mit Swimmingpool. Ian zu seinem Apartment an der College Avenue, dem summenden Kühlschrank und seinem persönlichen Ozean aus Reue.
    »Daddy?«, fragt Maggie ins Telefon.
    Einen Moment glaubt er, die Sprache verloren zu haben. »Ja … Ich … Ich bin hier«, antwortet er schließlich. Erst jetzt erinnert er sich an seine eigentliche Aufgabe. »Bitte sag mir, wo du bist. Auf der Main Street?«
    Die Ortsangabe des Leitsystems ist eindeutig, aber nicht immer verlässlich. Und wenn seine Tochter in Gefahr ist, will er sichergehen, dass er den Streifenwagen auch zur richtigen Stelle schickt.
    »Ich weiß nicht. Bitte hilf mir!«
    »Ja, Maggie, ja. Ich helfe dir. Aber dazu muss ich wissen, wo du bist. Siehst du ein Straßenschild? Oder irgendwelche Läden?«
    Eine unendlich lange Pause. Ganze Kontinente entstehen und vergehen. »Ja, ja, das ist die Main Street, das Main Street Shopping Center!«
    Noch vor zwei Monaten war sie tot. Während Ian mit seiner Tochter spricht, steht ihr Grabstein auf dem Hillside Cemetery gleich hinter der Wallace Street. Reihe 17, Nummer 29. Doch das Grab ist leer, und der Mensch, der eigentlich dort unter der Erde liegen sollte, befindet sich im Main Street Shopping Center und presst sich einen Telefonhörer ans Ohr.
    Seine Tochter lebt. Ian weiß es, denn er kann sie atmen hören.
    »Gut, Maggie, gut. Und der Mann, der dich entführt hat, wie sieht er aus?«
    »Er … Er ist groß«, sagt sie, »mindestens so groß wie du, vielleicht noch

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