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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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bewerkstelligen?
    Die Fragen wurden automatisch an Carl gerichtet, der beide mit Ja beantworten musste. Der nächste Flugzeugträger der USA liege irgendwo im Indischen Ozean, könne sich Kapstadt aber im Falle eines Angriffsbefehls innerhalb von ein oder zwei Tagen so weit nähern, dass die Flugzeuge die Stadt mühelos erreichen könnten. Ein chirurgisch präziser Angriff auf ein großes und deutlich sichtbares Ziel in einem Hafen sei für die amerikanischen Jagdbomber bei Tageslicht kein Problem.
    Was die Israelis betreffe, sei die Lage etwas komplizierter. Sie hätten nur ein Tankflugzeug, das für seinen Zweck vollkommen ausreichte, nämlich für einen Angriff auf den Iran. Bis nach Südafrika sei es jedoch mehr als dreimal so weit. Um Kapstadt anzugreifen, müssten sie sich amerikanische Tankflugzeuge ausleihen, und das wäre eine politische Geschmacklosigkeit. Israel habe zu der alten Apartheidregierung außerordentlich gute Beziehungen unterhalten, die Beziehungen zum neuen Regime seien folglich etwas angespannter. Einen politischen Hinderungsgrund, Kapstadt anzugreifen, hätten sie nicht. Es gebe jedoch andere schwerwiegende Hindernisse. Die Amerikaner würden sich für einen solchen Angriff nicht zur Verfügung stellen, sondern ihn lieber auf eigene Faust durchführen. Außerdem gebe es eine geradezu pikante Komplikation: Ein israelischer Angriff musste von Norden kommen, damit man nicht zu viel Treibstoff verbrauchte. Südafrika besaß mittlerweile ein Jagd- und Kampfflugzeug aus Schweden, die JAS 39 Gripen. Diese Flugzeuge waren sowohl den israelischen F16 als auch den amerikanischen Tomcats oder F18 Hornets überlegen. Israel riskierte also eine Niederlage.
    Weitere politische Schwierigkeiten kämen hinzu: Erstens sollten die acht israelischen Kriegsgefangenen hier in Kapstadt übergeben werden und zurück nach Israel fliegen, sobald Israel seinen Teil der Absprache erfüllt und achthundert palästinensische Häftlinge freigelassen hatte. Vor dem Gefangenenaus­tausch war ein Angriff nahezu unmöglich. Bomben auf Afrikas erste erfolgreiche Demokratie wären politischer Wahnsinn.
    Und noch etwas: Das Pentagon hatte die U-1 Jerusalem immer wieder verdächtigt, Kernwaffen an Bord zu haben. Allein das konnte ein Grund sein, sie zu attackieren. Der palästinensische Präsident sollte sich deshalb sofort an die IAEA wenden, die Internationale Atomenergieorganisation in Wien, und die In­spektoren einladen, das U-Boot zu untersuchen. Dieses Angebot konnten sie nicht ablehnen.
    Es war eine heikle Angelegenheit, ein U-Boot, das angeblich Atomwaffen an Bord hatte, vor einem Hotel zu attackieren. Noch heikler war es, mit Bomben eine Inspektion der IAEA zu verhindern oder das U-Boot gar zu bombardieren, nachdem die Inspektoren festgestellt hatten, dass es nicht den Hauch von Radioaktivität an Bord gab, also weder Atomwaffen noch Atomenergie.
    Die Schlussfolgerungen ließen sich leicht zusammenfassen. In den kommenden Tagen bestehe keine reale Gefahr. Die Amerikaner würden die Zeit nutzen, um ihre Jagd-U-Boote vor die südafrikanische Küste zu schicken, wo sie auf die U-1 Jerusalem warten würden. Mit diesem Problem würde man sich später befassen.
    Carl fiel auf, dass die beiden Palästinenser während seines Vortrags und der anschließenden Diskussion rauchten wie die Schlote und Johnny Walker Black Label tranken, während die Afrikaner beim Kaffee blieben.
    Im Laufe des festlichen Banketts wurden in Anwesenheit der internationalen Presse drei bedeutende Reden gehalten. Präsident Thabo Mbeki sprach über die Solidarität mit den palästi­nensischen Befreiungsbewegungen und Afrikas Unterstützung ihrer Sache. Der ehemalige Präsident Nelson Mandela sprach kurz, aber persönlich. Er sagte, er habe seit Langem davon geträumt, einen gewählten palästinensischen Präsidenten zu treffen. Der Weg in die Freiheit sei auch der Weg zur Demokratie. Wer diesen Pfad eingeschlagen habe, müsse über die Schmähungen der Apartheidanhänger hinwegsehen. Er sei, genau wie sein palästinensischer Kollege, viele Jahre seines Lebens als Terrorist bezeichnet worden. Umso befriedigender sei es für ihn, der sich einst als Terroristen hatte beschimpfen lassen müssen, neben einem ebenfalls vom Volk gewählten Präsidenten zu sitzen. In so einem Augenblick werde einem wieder bewusst, dass all die düsteren Gedanken, die man in seiner Gefängniszelle nicht losgeworden war, endlich ihre Kraft verloren hätten.
    Nachdem er sich für

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