Coq 11
die südafrikanische Gastfreundschaft bedankt hatte, stellte der palästinensische Präsident seinen Friedensplan genauso vor, wie ihm der russische Außenminister und der französische Premierminister geraten hatten.
Es wurde ein langer Abend, der mit noch mehr Whisky in der Suite von Mahmud Abbas endete. Die Einladung an die IAEA war bereits am Nachmittag abgeschickt worden. Die Antwort kam blitzschnell. Das Team von der IAEA würde am nächsten Tag mit dem Flugzeug aus Europa kommen. Das war äußerst beruhigend.
Der nächste Tag war hauptsächlich den politischen Erklärungen vor den Fernsehkameras vorbehalten. Die israelischen Gefangenen sollten freigelassen und die Besatzung der U-1 Jerusalem mit Südafrikas Order of the Companions of OR Tambo ausgezeichnet werden.
Bevor er einschlief, zum ersten Mal seit acht Monaten in einem richtigen großen Bett, sah Carl plötzlich das Pentagon als Ameisenhaufen vor sich, in dem jemand kräftig umgerührt hatte. Laut den neuesten Pressemitteilungen aus dem amerikanischen Verteidigungsministerium hatte man das U-Boot nicht mehr vor Marbella, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit südwestlich der Balearen eingekreist.
Bei Sonnenaufgang wachte er auf und ging auf den Balkon. Zwei Tage später würde er das nicht mehr tun können, aber noch schenkte ihnen das Überraschungsmoment ein Gefühl von Sicherheit. Vom platten Gipfel des Tafelbergs schwebten wieche, weiße Wolken herunter. Dieses Phänomen nannte man das »Tischtuch« des Berges, hatte er in einer Broschüre in seinem Hotelzimmer gelesen.
Weil Sonntag war, hatte sich Condoleezza Rice eine Stunde mehr Schlaf als sonst gegönnt. Nachdem sie ihr Trainingsprogramm absolviert hatte, ging es bereits auf acht Uhr zu.
Sie saß im Bademantel in ihrer ungemütlich eleganten Wohnung. Schließlich könne eine Außenministerin der Vereinigten Staaten nicht in einer Studentenbude hausen, hatte George gesagt.
Aber in Momenten wie diesem, wo nichts ihre volle Aufmerksamkeit forderte und sie nicht gehetzt war, überkam sie manchmal eine leise Melancholie. Ihre Eltern waren tot, sie hatte weder Ehemann noch Kinder, und ausgerechnet an diesem Sonntag fand auch kein Wochenendausflug zur Ranch des Präsidenten in Crawford statt. In der trockenen texanischen Ebene hatte sie einen Großteil der vergangenen Jahre verbracht. Das Wetter da unten war einfach zu schlecht. Sie wollte stattdessen ihre Tante in Birmingham, Alabama, besuchen. Diesen seit Langem versprochenen Besuch hatte sie schon mehrmals verschoben. Diesmal hatte sie anscheinend keine Ausrede. Am Montag würde sie nach London fliegen, um die neue britische Außenministerin Margaret Beckett zu treffen. Aber das war morgen, nicht heute. Niemand würde ihr dieses kleine bisschen Privatleben stehlen.
Sie hatte den missglückten Krieg gegen den Iran wieder in Ordnung gebracht und sich mit der UNO, der EU und Russland darauf geeinigt, die Inspektionen der iranischen Atomindustrie fortzusetzen. Falls die Iraner Schwierigkeiten machten, würde das zu weiteren Sanktionen führen, und sollten sie sich diesen Sanktionen in irgendeiner Weise widersetzen, würde man alle zur Verfügung stehenden Mittel, einschließlich Gewalt, gegen sie anwenden. Mit anderen Worten: Krieg. Genau das, was Rummy kaum erwarten konnte. Denn dass die Iraner über kurz oder lang anecken würden, war ja klar, zumindest könnte man es jederzeit behaupten. Doch dieser Prozess würde sich mindestens über ein Jahr hinziehen, die Krise war also vorerst entschärft. Genau das hatte sie beabsichtigt.
Das Repräsentantenhaus hatte trotz der Mehrheit der Demokraten und Bush-Gegner keinen Ärger bei der Bewilligung der Mittel für den Aufbau der neuen israelischen Flotte gemacht. Von dem Terroristen-U-Boot gab es zum Glück keine Spur – den gegenteiligen Beteuerungen des Pentagons schenkte sie keinen Glauben mehr –, und deshalb stand nur noch der diplomatische Schlagabtausch mit der EU bevor. Tony Blair wurde von seinen europäischen Kollegen unter Druck gesetzt. Dieses Problem wollte sie in London mit Margaret Beckett diskutieren. Die Russen gaben ihr mit ihrer neuerdings offensiven und gefräßigen Politik im Nahen Osten natürlich auch eine harte Nuss zu knacken.
An Arbeit herrschte also kein Mangel. Die Hauptsache war, dass es sich um Probleme handelte, die man auf dem Feld der Diplomatie lösen musste, und nicht um akute militärische Krisen. Denn dann konnte ihr nichts den
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