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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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ob sie ein Spiel mit ihm trieb. Sie versuchte herauszufinden, ob er entgegen ihrer bisherigen Erkenntnisse doch vom Wahnsinn gezeichnet war.
    Da sie keine Anstalten machte, die Frage umzuformulieren oder zurückzuziehen, versuchte er, sie aufrichtig zu beantworten.
    Zunächst einmal könne er keinen besonderen Sinn im Leben erkennen. Das Universum sei unbegreiflich. Zumindest für ihn sei es weder vorstellbar, dass es sich selbst erschaffen habe, noch dass es eine göttliche Schöpfung wäre. Aber man sei nun einmal hier gelandet. Wahrscheinlich gehe es nur darum, diesen Ort in etwas besserem Zustand zu hinterlassen, als man ihn vorgefunden habe. Mehr könne er dazu nicht sagen.
    Damit gab sie sich nicht zufrieden. Sie wollte wissen, was er konkret unternahm, um »diesen Ort in etwas besserem Zustand zu hinterlassen«.
    Sein Lachen klang herzlich und entspannt, das war der Carl, den sie kannte. Mit schonungsloser Selbstironie berichtete er von seiner Wohltätigkeit. Als er noch Schwede gewesen sei, habe er Wohltätigkeit immer verabscheut und für eine bürgerliche Erfindung gehalten, die reichen Damen ein gutes Gewissen verschaffe. Milde Gaben, mit denen man sich einen Platz im Himmelreich erkaufte. Als Schwede habe er hohe Steuersätze der Wohltätigkeit vorgezogen.
    Aber hier in Kalifornien, als Hamlon, könne er in hohen Steuern keinen Segen erkennen. Vor allem die Bundessteuer ginge unter dem Vorwand, die Iraker seien ungeheuer gefährlich, für Eroberungen von Ölfeldern im Nahen Osten drauf.
    Dann widmete er sich dem, was sich nur mit dem etwas peinlichen Wort Mildtätigkeit umschreiben ließ. Er habe zum Beispiel ein Rehabilitierungsheim für Jugendliche mexikanischer Her­kunft aufgebaut und spende täglich so viel Geld, wie er in zwei Stunden verdiene.
    Als sie darauf beharrte, das scheinbar so nebensächliche The­ma auszuweiten, meinte er, sich verteidigen zu müssen, indem er erklärte, er sitze ohnehin für immer und ewig in Kalifornien fest und habe keine andere Wahl. Überraschenderweise war das Thema für sie damit plötzlich beendet. Sie schlug einen langen Strandspaziergang vor und fügte hinzu, dass es kein Problem sei, wenn ein Sicherheitsdienst sie beobachte oder sogar zusammen filme, solange niemand höre, worüber sie sprächen. Fast gekränkt brachte er eine Reihe von Erklärungen vor. Die Vorderseite seines Hauses sei selbst für das bestausgestattete Abhörteam nicht zu erreichen, weil davor ein steiler Abhang und das Meer lägen. Was die Gefahr versteckter Wanzen betreffe, so wohne er nun seit fast zehn Jahren in diesem Haus, und ein eventuell lauschender Spion seines ehrwürdigen Schutz­patrons, des FBI, sei mit Sicherheit, schon allein aus Kosten­gründen, vor langer Zeit von diesem unfruchtbaren Unterfangen abgezogen worden. Er habe das Haus in regelmäßigen Abständen auf versteckte Mikrofone untersucht und nie eins gefunden.
    Sie antwortete, das sei ganz wunderbar, sie wolle aber unbedingt einen langen Spaziergang im störenden Rauschen des Pazifiks machen.
    Zuerst ließen sie ihr Gepäck aus einem Hotel in San Diego kommen und bestellten auf ihren Wunsch das Abendessen bei einem libanesischen Lieferservice in der Innenstadt.
    Dann spazierten sie stundenlang eng umschlungen am Strand entlang und sahen aus wie das, was sie beinahe waren: zwei Menschen, die vor langer Zeit eine Liebesgeschichte verbunden hatte.
    Am Strand von La Jolla erzählte sie ihm haarklein alles über das Projekt. Angefangen vom politischen Ursprung bis zum kleinsten waffentechnischen Detail, von der K 601 und den Problemen mit der russischen U-Boot-Besatzung, die jegliche Aussicht auf Erfolg zunichtezumachen drohten. Er hörte auf­merksam zu und stellte nur hin und wieder eine technische Zwischenfrage.
    Als sie zum Haus zurückkamen, zeigte er ihr seine Sammlung mexikanischer Kunst, richtete ihr ein Gästezimmer her und sag­te, er wolle sich ein Stündchen in seinen Fitnessraum zurückzie­hen, um nachzudenken. Dann würde er das Abendessen servie­ren. Sie schloss aus seinem Auftreten, dass sie guten Grund hatte, sich auf den Abend zu freuen. Diese entspannte Entschlossenheit kannte sie von früher.
    Er hatte den Tisch draußen im Wintergarten gedeckt, wo das Meeresrauschen durch die geöffneten Fenster drang und die Scheiben vibrieren ließ, sodass sie unmöglich als Abhörmembran dienen konnten – sie nahm an, dass er das beabsichtigt hatte. Ebenso umsichtig hatte er einige Wolldecken bereitgelegt – in

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