Coq 11
Erfahrungsschatz bezüglich Männern eindeutig Schwuchtelalarm melde.
Als er mit Obstsalat, frischen Weingläsern und einem neuen, hervorragenden Wein aus Frankreich zurückkam, brachte Teresia das Thema ohne Umschweife zur Sprache.
Linda wäre am liebsten im Erdboden versunken.
Im ersten Moment starrte er alle drei nacheinander verblüfft an. Er sah äußerst verwundert aus.
Er gab zurück, er sei nicht schwul und über ihre Frage einigermaßen erstaunt. Was sie denn beobachtet zu haben glaubten. Sie starteten einige peinliche Versuche, es ihm zu erklären. Die Art und Weise, wie er das Essen serviere und ihnen die Stühle zurechtrücke, die seltsamen – wenn auch sehr guten – Weine, seine Körperfixiertheit und was ihnen sonst noch einfiel.
Er wirkte recht amüsiert und überlegte laut, ob vielleicht die zehn Jahre in Europa ihre Spuren hinterlassen haben könnten.
Tatsächlich hatte er etwas Unamerikanisches an sich. Beim nächsten Treffen achtete Linda auf seine Ausdrucksweise, die schwer einzuordnen war, aber eher nach Ostküste als nach San Diego klang. Zweifelsohne hatte er einen akademischen Hintergrund. Von seiner Sprache hätte man eher auf einen viel älteren Mann in viel konservativerer und farbloserer Kleidung geschlossen. Von einem solchen hätte man bestimmt keinen Pferdeschwanz erwartet.
Vielleicht war sie in der ersten Zeit zu aufdringlich gewesen, denn die Geheimnisse, die sie ihm entlockte, hatten mit einer Tragödie zu tun, die jeder lieber für sich behalten hätte. Er hatte eine Frau und zwei Kinder gehabt, die bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Es stimmte also nicht, dass er sich wegen der trostlosen Typen und der Trockenheit seines Jobs aus dem Berufsleben zurückgezogen hatte.
Als Liebhaber war er zu Beginn sowohl schüchtern als auch auf eine Weise rücksichtsvoll, die entweder auf mangelnde Leidenschaft oder auf Angstgefühle zurückzuführen war. Als hätte er ein schlechtes Gewissen, weil er seine verstorbene Frau betrog. Aber seine geheimnisvolle Aura zog sie immer mehr an und verführte sie dazu, immer mehr Fragen zu stellen, die er offensichtlich lieber nicht beantworten wollte.
Wie an dem Morgen, als sie bei strahlender Sonne in seinem Doppelbett im oberen Stockwerk aufgewacht waren. Plötzlich hatte sie ihn einfach gefragt, was für eine Art von Soldat er gewesen wäre, und warum er so täte, als hätte er in der Computerbranche gearbeitet.
Zunächst hatte er gekränkt geantwortet, natürlich habe er sich beruflich mit Computern beschäftigt. Er habe sogar einen Master of Science von der UCSD. Sie hatte nur wortlos ihre Finger über die Schussverletzungen und die anderen Narben an seinem Körper gleiten lassen.
Sie brauchte nicht mehr zu sagen, denn er wusste, dass sie in Los Angeles in der Notaufnahme arbeitete.
»Okay«, hatte er geantwortet. Er habe zwar eine militärische Laufbahn hinter sich, aber alles, was damit zusammenhing, sei leider geheim. Er würde niemals zurückkehren, und mehr sei dazu nicht zu sagen.
Er spielte eine Rolle, und sie war überzeugt, dass der Pferdeschwanz mit dieser Rolle zu tun hatte. Er hatte irgendetwas aus seiner Vergangenheit zu verbergen.
Darüber hinaus war sie überzeugt, dass ihn die Gewalt in seiner militärischen Vergangenheit quälte. Ein Gangster war er mit Sicherheit nicht gewesen. Er gab zu, dass er regelmäßig zu einem Psychoanalytiker ging, um über das zu sprechen, was er mit niemandem sonst, nicht einmal mit ihr, bereden wollte.
Sachte glitten sie in eine Beziehung, die einige Jahre dauerte, und genauso sachte glitten sie auseinander. Hätte sie einen besonderen Grund angeben sollen, hätte sie seine anscheinend panische Angst vor einem neuen Kind angeführt. Das verletzte sie nicht nur, weil sie gern ein Kind gehabt hätte, sondern auch, weil sie das Gefühl hatte, dass er ein Kind mit ihr als Betrug an seiner toten Familie betrachtet hätte. Falls er so gedacht hatte, hätte sie es selbstsüchtig und unsympathisch gefunden. Er selbst hatte jedoch nur angedeutet, dass er zu große Angst davor hatte, noch einmal nahe Angehörige einen gewaltsamen Tod sterben zu sehen.
Trotzdem wurden sie auf eine tiefe und innige Weise Freunde. Er sorgte dafür, dass sie ein großzügiges Stipendium von der Santa-Teresia-Stiftung bekam, mit dem sie ihr Medizinstudium abschließen konnte. Er behütete ihre Schwestern wie ein großer Bruder. Seine Großzügigkeit kannte keine Grenzen. Nach einiger Zeit fand sie
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