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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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geküsst und sie schließlich davongezogen.
    »Ich wohne in der Nähe, wir gehen zu mir«, sagte er nun, als sie außer Hörweite waren.
    »Ich weiß, wo du wohnst.«
    »Das ist mir klar, aber jetzt bist du mein Gast und brauchst nicht herumzuschnüffeln.«
    »Es ist wirklich schön, dich zu sehen. Freut mich, dass es dir so gut geht«, sagte sie.
    »Danke, gleichfalls. Aber du hast mich wahrscheinlich nicht aufgespürt, um dich nach meiner Gesundheit zu erkundigen. War es eigentlich schwierig, mich zu finden? Hältst du dich legal in den USA auf?«
    »Es war nicht besonders schwierig, und ich kann mich legal hier aufhalten, weil ich einen britischen Pass vom MI6 habe. Es besteht also kein Grund zur Sorge. Wirst du abgehört?«
    »Nein.«
    »Gut.«
    Er hatte den Arm um sie gelegt. Jeder zufällige Beobachter hätte ohnehin das Richtige vermutet. Dass sie alte Freunde waren, die sich nach langer Zeit wieder trafen und es eilig hatten, nach Hause zu kommen. Es würde ein langes Gespräch werden, sonst hätte sie sich nicht auf die Suche nach ihm gemacht. Er hatte zwar nicht die geringste Ahnung, was so wichtig sein könnte, aber ihm war klar, dass sie ihn und nicht Hamlon mit dem Pferdeschwanz gesucht hatte. Die Rolle des Hamlon spielte er nun schon so lange, dass er manchmal fürchtete, er habe sich selbst vergessen. Aber Mounas Schultern an seinem Arm führten ihn zurück in die Wirklichkeit. Überrumpelt von einem plötzlichen Gefühl der Freiheit, wurde er fast euphorisch.
    Als sie zu der weißen Villa hinter der Mauer kamen, fragte er als Erstes, ob sie genügend Zeit habe. Sie antwortete, sie habe alle Zeit, die sie bräuchten, und da schlug er vor, dass man ihr Gepäck abholen lassen solle und sie sich hier häuslich einrichte wie eine alte Liebe, was ja nicht gelogen wäre. Er drückte sie in einen Korbstuhl auf der Terrasse mit Meerblick, ging unter die Dusche, zog sich um und kehrte mit zwei Gläsern köstlicher Limonade zurück.
    »Eine bessere kriegst du auch in Beirut nicht«, versicherte er und setzte sich ihr gegenüber. »Und da du nun von den Toten auferstanden bist und ich mich inzwischen nicht nur an den Gedanken gewöhnt habe, sondern richtig glücklich darüber bin – merkwürdigerweise ist man erst einmal schockiert, aber dann … Le’chaim, wie unsere Feinde sagen, auf das Leben!«
    » Le’chaim! « , lachte sie und prostete ihm zu.
    »Von allen lebenden Frauen auf der Welt habe ich dich am meisten respektiert und bewundert, liebste Mouna«, fuhr er in ernstem Ton fort. »Aber du hast mich nicht aus sentimentalen Gründen gesucht, obwohl das eine reizende Vorstellung wäre. Du willst etwas von mir. Stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Okay. Für dich tue ich alles, was in meiner Macht steht. Fast alles. Worum geht es?«
    »Das möchte ich dir noch nicht sagen. Erzähl mir erst von dir.«
    Sie begann mit dem Verhör. Er fand sich damit ab, weil er nach kurzer Zeit einsah, dass sie in Ruhe herausfinden wollte, ob er damals tatsächlich verrückt geworden war und wie es heute um seinen Geisteszustand bestellt war. Spitze Bemerkungen wären fehl am Platz gewesen. Zu viel Tod und trauriges Chaos lagen hinter ihnen.
    Er nahm sich also Zeit und bemühte sich, ehrlich und konkret zu berichten, obwohl er sich dabei an die Sitzungen erinnert fühlte, in denen das kostspielige psychiatrische Gutachten erstellt worden war, das er selbst in Auftrag gegeben hatte.
    Natürlich konnte man sagen, er sei verrückt geworden. Seine Sicherungen seien durchgebrannt. Nüchtern betrachtet handelte es sich anfänglich um eine buchstäbliche Vendetta. Hier traf der Begriff wirklich zu. Er war mit einem seiner Mitarbeiter in Sizilien gewesen, um einige schwedische Manager freizukaufen, an sich nichts Besonderes. Aber dann hatten diese geisteskranken Mafiosi plötzlich die Idee gehabt, ihre Verhandlungsbasis zu verbessern, indem sie seinen engsten Mitarbeiter und Freund vor seinen Augen umgebracht hatten. Das war lediglich als theatralische Geste gedacht gewesen, sie hatten es vendetta transversale genannt.
    Wenn man von Wahnsinn sprechen wollte, konnte man sagen, dass es dort losgegangen war. Denn er hatte in Zusammenarbeit mit dem italienischen militärischen Nachrichtendienst alles in Bewegung gesetzt, wozu der Geheimdienst eines westlichen Staates fähig war. Gemeinsam hatten sie ein Massaker unter den Gangstern angerichtet.
    Ein strahlender Sieg, Auszeichnungen, Heimflug mit befreiter Geisel und Jagdflugzeugeskorte auf dem

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