Coq Rouge
zurückzulassen.«
»Soviel wir gehört haben, besaßen sie libysche Pässe«, wandte Karl Alfredsson ein. »Wie kannst du so sicher sein, daß sie Israelis sind?«
»Der Chef der Gruppe ist Oberstleutnant Elazar, einer von Israels bekanntesten Spezialisten für solche Aufträge. Ich habe gehört, daß sie untereinander hebräisch sprachen, da gibt es gar keinen Zweifel.«
»Du kannst doch kein Hebräisch«, entgegnete Näslund.
»Ich weiß, wie sich Hebräisch anhört und wie Arabisch. Außerdem haben wir entsprechende Tips bekommen, daß es gar keinen Zweifel geben kann.
Und zudem ist da noch ein Scheißkerl, den wir lebend gefaßt haben.«
Diese letzte Nachricht war den drei Männern im Zimmer neu. Die Aufregung um das Blutbad draußen in Viggbyholm hatte Alois Morgenstern, der oben in einer Haftzelle saß, vorübergehend in Vergessenheit geraten lassen.
»Ihr habt einen sogar lebendig gefaßt«, flüsterte Näslund, dem nicht bewußt war, daß er flüsterte.
»Ja«, sagte Carl, »er heißt Alois Morgenstern, wohnhaft Fleminggatan, ist schwedischer Staatsbürger und hat dieser Kommando-Gruppe geholfen. Als wir ihn am frühen Abend besuchten, erzählte er uns, wo und wann die Operation stattfinden solle. Es war seine Geburtsnummer, die Folkesson notiert hatte, und er war der Mann, den Folkesson überprüfen wollte. Es handelte sich also nicht um eine Telefonnummer.«
Die drei Vorgesetzten begannen plötzlich wild durcheinanderzusprechen.
Der Briefträger wollte wissen, was das für eine Telefonnummer sei (er kannte den Stand der Ermittlung nicht und hatte daher noch nie etwas von dem entscheidenden kleinen Detail gehört), Näslund fragte, woher man den Namen des operativen Chefs wissen könne, und Karl Alfredsson wollte erfahren, wie dieser Morgenstern auf den Einfall gekommen war, von der Operation zu erzählen.
»Um mit dem letzten anzufangen«, sagte Carl, »Fristedt und ich besuchten Morgenstern am frühen Abend und fragten ihn, wo und wann, und dann fuhren wir nach Viggbyholm, Appeltoft und ich, während Fristedt Morgenstern hier ablieferte. Der diensthabende Staatsanwalt hat ihn wegen Teilnahme an einem Mordkomplott vorläufig festgenommen, aber unterdessen dürfte daraus Mittäterschaft geworden sein. Er sitzt jedenfalls hinter Schloß und Riegel.«
»Wie zum Teufel ist es zu dieser Sache gekommen!« brüllte Näslund. »Ich hatte euch doch befohlen, euch nicht mehr um diese Ermittlung zu kümmern, und ihr habt trotzdem weitergemacht.«
Carl zuckte die Achseln. Der Einwand war ein Rohrkrepierer, wenn man an die Entwicklung dachte, zu der ihr Ungehorsam geführt hatte.
»Warum hat er es euch erzählt?« beharrte Karl Alfredsson.
»Er bekam Angst. Er hielt uns für Palästinenser oder so etwas, da ich ihn auf englisch verhört habe«, erwiderte Carl wachsam. Ihm war mehr als bewußt, daß es nicht gerade die schwedische Art ist, Menschen mit einem rasiermesserscharfen amerikanischen Kommando-Messer am Hals zu verhören. Carl sah jedoch keinen Grund, dieses Detail zu bereuen oder gar zu gestehen.
Näslund fuhr sich mit beiden Händen durch seine schmierige Frisur. Bis Carl den Raum betreten hatte, war er sicher gewesen, daß eine libysch-palästinensiche Operation bevorstand.
Trotz der libyschen Pässe, welche die Täter bei sich getragen hatten, waren drei tote Israelis, ein verwundeter Israeli und ein festgenommener jüdischer Sympathisant in diesem Zusammenhang kaum wegzuleugnen. Näslund starrte stumm auf den blutbespritzten Hamilton, der jetzt dasaß, ohne zu begreifen, welche Verwicklungen er heraufbeschworen hatte. Näslund sah voraus, daß die folgenden Tage das Risiko bargen, daß jede Form der Zusammenarbeit mit den Israelis ein Ende fand, und das konnte für die schwedische Terroristenfahndung zu unabsehbaren Konsequenzen führen. Einer seiner Männer hatte also drei, möglicherweise vier Kollegen getötet. Das würden die Israelis nie vergeben.
»Fürs erste tun wir folgendes«, sagte Näslund resigniert.
»Du, Hamilton, setzt dich hin und schreibst sofort einen Bericht. Dann möchte ich noch betonen, daß hier die strengste Schweigepflicht zu wahren ist. Kein Wort an die Presse, ist das verstanden?«
»Ja, selbstverständlich. Aber was machen wir mit dem Chef und anderen eventuellen Operateuren?«
»Welcher Chef, welche anderen?«
»Ihr Chef ist Generalleutnant Aharon Zamir, und der hat einen österreichischen Paß auf den Namen Abraham Mendelsohn und wohnt im Park Hotel.
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