Coq Rouge
flüsterte er und lächelte vor sich hin. Dieser Satz war in Israel nach den Einsätzen der Luftwaffe üblich.
Dann hob er sein Champagnerglas in die Dunkelheit. Danach kehrte der Alte zu seiner Familie zurück. Während er dort draußen gestanden hatte, hatte die Uhr zwölf geschlagen.
Epilog Das gerichtliche Nachspiel in Schweden war recht undramatisch. Alois Morgenstern wurde wegen illegaler nachrichtendienstlicher Tätigkeit zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, jedoch von der Anklage der Mittäterschaft an einem Mord freigesprochen, und zwar mit der Begründung, er habe nicht um das wirkliche Ziel der israelischen Operation gewußt. Das Oberlandesgericht war sich in diesem Punkt uneinig. Die beiden Schöffen plädierten jedoch gemeinsam mit einem der Richter für Freispruch, so daß es zum Stimmenergebnis drei zu zwei kam. Morgenstern wurde nach acht Monaten aus der Haft entlassen und emigrierte kurz darauf nach Israel.
Ein Abteilungsleiter bei der staatlichen Einwanderungsbehörde wurde zu vier Jahren Gefängnis verurteilt und anschließend entlassen. Und zwar wegen Flüchtlingsspionage, die ebenfalls als illegale nachrichtendienstliche Tätigkeit gilt. Der Zusammenhang zwischen seiner Festnahme und der israelischen Operation würde noch für viele Jahre in Dunkel gehüllt bleiben.
Vier schwedische Palästina Aktivisten erhielten rund ein Jahr später einen Schadensersatz von je 4500 Kronen für die Zeit, in der sie ihrer Freiheit beraubt gewesen und grundlos verschiedener ernster Verbrechen verdächtigt worden waren.
Die vier Palästinenser, die als Terroristen des Landes verwiesen wurden, erhielten nicht das Recht, nach Schweden zurückzukehren, da in dieser Frage der Chef von Büro B der Sicherheitspolizei die letzte Entscheidung hatte.
Ein einziger Mensch überlebte den israelischen Angriff körperlich völlig unverletzt. Sein Name drang nie an die Öffentlichkeit. Die internationale Gemeinschaft der Nachrichtendienste kochte jedoch in den nächsten vier Wochen vor Gerüchten um die sensationelle Stockholmer Affäre. Der westdeutsche BND erhielt als erster ein korrektes Bild davon, wie es bei dem Schußwechsel zugegangen war. Damit wurde bei allen westlichen Nachrichtendiensten schnell bekannt und kurze Zeit darauf folglich auch beim sowjetischen Nachrichtendienst, daß ein einziger schwedischer Marineoffizier das israelische Sonderkommando unschädlich gemacht hatte. Es hatte den Anschein, als würde in Schweden ein neues operatives Muster entwickelt, was für alle Geheimdienste höchst unerwartete Bedeutung bekommen konnte. Der schwedische Offizier trug den Codenamen Coq Rouge.
Zum erstenmal erhielten die Kollegen in aller Welt Anlaß, sich diesen Namen zu notieren.
Noch eine Person überlebte den israelischen Angriff, nämlich die engste Mitarbeiterin des PLO-Repräsentanten, Rashida Ashraf. Nach sechsmonatigem Krankenhausaufenthalt konnte sie in die Villa in Viggbyholm zurückkehren. Sie wurde die neue Vertreterin der PLO in Stockholm.
Den Mann, den man Coq Rouge nannte, lernte sie nie kennen, und sie hatte auch keine deutliche Erinnerung an ihn. Nur eine kleine Besonderheit war ihr im Gedächtnis geblieben: Sie erinnerte sich messerscharf daran, daß er auf dem Kolben seiner Pistole einen merkwürdigen Waffenschild mit einer goldenen Krone gehabt hatte.
Plan Dalet kann sowohl »Plan D« wie »Plan Vier« bedeuten, da Dalet im hebräischen Alphabet der vierte Buchstabe ist. Gemeint war »Plan Vier«, und Aharon Zamir hatte die vier Operateure »die vier Weisen« genannt.
Diese Bezeichnung des Plans wurde - mehr oder weniger ironisch - in Israel verwendet, nachdem der peinliche politische Skandal nach dem Stockholmer Fiasko aufgerollt wurde. Unter den vielen Offizieren beim Nachrichtendienst, die gefeuert wurden, befand sich auch Generalleutnant Aharon Zamir. Die Abteilung der operativen Einheiten des Mossad mit dem Namen »Gottes Rache« wurde bis auf weiteres auf Sparflamme heruntergeschaltet, mit einer völlig neuen Führungsspitze ausgestattet und angewiesen, neue operative Aufgaben zu suchen. Irgendwelche neuen Aktionen in Europa der Art, die zu dem Stockholmer Fiasko geführt hatten, würden sich in der nächsten Zukunft unmöglich durchführen lassen, da der diplomatische und politische Preis für Israel zu hoch sei. Überdies war das besondere Arbeitsmuster der Abteilung, die Aktionen so aussehen zu lassen, als handle es sich um interne arabische Auseinandersetzungen, inzwischen so
Weitere Kostenlose Bücher