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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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erscheinen oder waren schon auf der Flucht.
    Carl ging schnell auf den dunklen Flur und lief die Treppe hinauf. Er hob sein Walkie-talkie auf und drückte den Sendeknopf.
    »Hier Carl. Kannst du draußen jemanden sehen? Bitte kommen!«
    »Was zum Teufel passiert da drinnen, nein, ich kann hier draußen nichts sehen. Bitte kommen!« erwiderte Appeltoft mit blecherner Stimme.
    »Laß Krankenwagen kommen. Wir haben hier fünf oder sechs Tote und fünf oder sechs Schwerverletzte, aber es scheint jetzt vorbei zu sein. Bitte kommen!«
    »Verstanden. Ich bestelle Krankenwagen. Bist du unverletzt? Bitte kommen!«
    »Ich bin unverletzt. Ich will sehen, ob ich etwas tun kann, während die Krankenwagen unterwegs sind, und du kommst rein, wenn du sie bestellt hast. Ende!«
    Carl hob seinen Revolver auf und schob ihn ins Schulterholster. Er sicherte die Pistole und steckte sie wieder in die Hülle auf dem Rücken. Dann legte er sein Walkie-talkie eingeschaltet auf den Tisch, zog sein Messer und ging wieder ins Wohnzimmer.
    Erst jetzt konnte er die Lage überblicken. Der Israeli, auf den er zuletzt geschossen hatte, war noch am Leben. Die anderen Israelis gaben keine Lebenszeichen von sich. An der kurzen Wand des Zimmers lagen sieben Menschen in verdrehten Körperhaltungen, mehr oder weniger zerschossen.
    Die Wand hinter ihnen und der Fußboden vor ihnen war so sehr mit Blut vollgespritzt und überspült, daß es aussah, als hätte jemand Eimer mit Blut über sie ausgegossen.
    Carl ging von rechts nach links an der Wand entlang. Es schien, als hätten die Israelis mit den Hinrichtungen auf der rechten Seite begonnen. Die ersten drei Menschen waren von dem Schnellfeuer buchstäblich zerfetzt worden. Die Israelis hatten von oben und dann an der Körpermitte entlang nach unten geschossen.
    Die nächste in der Reihe sah aus wie ein schwedisches Mädchen. Es schien eine gemischte Gesellschaft aus Palästinensern und Schweden zu sein.
    Vielleicht war sie noch am Leben. Das palästinensische Mädchen neben der Schwedin, die letzte in der Reihe, lebte noch. Sie war bei Bewußtsein und sah Carl an, schien die Situation aber nicht zu verstehen.
    Carl kniete sich neben den beiden Mädchen hin. Die junge Frau, die Schwedin zu sein schien, hatte keinen Kopfdurchschuß erhalten, aber eine Wange war weggeschossen, so daß sie die eine Kieferhälfte in einem totenschädelähnlichen blutigen Grinsen zeigte. Der eine Arm war fast völlig abgeschossen, und aus der abgerissenen Arterie pulsierte noch immer das Blut; sie würde schon bald kein Blut mehr im Körper haben.
    Carl riß ihr schnell den Gürtel ab und schnürte ihn um den Armstumpf zu.
    Das Blut hörte fast sofort auf zu fließen, was aber daran liegen mochte, daß der Blutverlust schon die tödliche Grenze erreicht hatte. Carl zog die junge Frau zu einer sitzenden Stellung hoch und lehnte sie vorsichtig gegen die Wand. Er lief ins Schlafzimmer hinauf, durch das er ins Haus gekommen war, riß ein paar dicke Steppdecken an sich, lief die Treppe hinunter und deckte sie zu, damit sie in ihrem Schockzustand nicht noch mehr Körpertemperatur verlor. Soweit er sehen konnte, hatten die anderen Treffer in ihrem Körper entweder Fleischwunden oder innere Verletzungen verursacht, gegen die er ohnehin nichts unternehmen konnte.
    Im selben Moment, in dem er sich um das palästinensische Mädchen kümmerte, das immer noch bei Bewußtsein war, torkelte Appeltoft ins Zimmer.
    Appeltoft blieb wie versteinert auf dem Fußboden stehen. Was er sah, übertraf die schlimmsten denkbaren Alpträume. Es war ein Blutbad.
    »Schnell, hilf mir mit diesem Mädchen«, fauchte Carl. Appeltoft zog sich sein Jackett aus und näherte sich zögernd der Wand mit den Hingerichteten.
    »Ist noch jemand am Leben?« fragte er.
    »Ja, diese beiden Mädchen und dann noch einer der Israelis, der da hinten an der Tür«, erwiderte Carl. Er zerschnitt ein Tischtuch in mehrere lange Stoffstreifen, um das palästinensische Mädchen verbinden zu können. Sie hatte Treffer in der Brust, im linken Lungenflügel, in der Bauchgegend und an ein paar Stellen am linken Schenkel. Carl schnürte zunächst den Schenkel ab, dann schnitt er rasch ihre Bluse auf und entdeckte neben ihrer linken Brust ein Loch, aus dem Blasen aufstiegen. Er riß der jungen Frau die Bluse ab und drehte sie auf die Seite, um mit den Stoffstreifen herumzukommen, so daß er ihr einen provisorischen Druckverband anlegen konnte. Als er sie umdrehte, entdeckte er die

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