Coq Rouge
weiter verdeutlichen will - was die Abendzeitungen ohne Zweifel schon am selben Nachmittag tun würden -, läßt sich kurz sagen, daß der Mann, der die höchste operative Verantwortung für die Terroristenbekämpfung der schwedischen Sicherheitspolizei hatte, von einem Terroristen ermordet worden war.
Die Schlußfolgerung lag, gelinde gesagt, auf der Hand.
Wer einen hohen Sicherheitsbeamten in dessen eigenem Wagen erschießt, handelt vollkommen überlegt und muß sich der nachfolgenden Großfahndung wohl bewußt sein. Der merkwürdige Umstand, daß der Mörder die ungewöhnliche Waffe am Tatort zurückgelassen und sie überdies in die Seitentasche der Autotür gesteckt hatte, statt sie beispielsweise dem Opfer in die Hand zu legen, um wenigstens eine Zeitlang Unsicherheit um die Frage eines eventuellen Selbstmords zu schaffen, ließ zwei Deutungen zu.
Erstens mußte sich der Mörder vollkommen sicher sein, daß es unmöglich sein würde, die Tatwaffe mit ihm oder seiner Organisation in Verbindung zu bringen, und daß weder Waffe noch Tatort Fingerabdrücke oder andere Spuren aufwiesen.
Zweitens mußte der Täter einiges über Polizeiarbeit wissen, da er sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, einen Selbstmord vorzutäuschen. Als er die Pistole in die Seitentasche steckte, war das eher so etwas wie ein arroganter Gruß an die künftigen Verfolger.
Die meisten Täter in der Haut des Mörders hätten die Waffe beim Verlassen des Tatorts mitgenommen. Ein Mörder dieser Art will nicht gefaßt werden.
Wird er von irgendeinem zufällig auftauchenden Polizeibeamten oder einem Zeugen mit staatsbürgerlicher Verantwortung verfolgt, schießt er, um den Verfolger abzuschrecken oder um eventuell ein zweites Mal zu töten.
Kommt es zu keinem unerwarteten Zwischenfall, hätte er in diesem Fall die Waffe in den Djurgärdsbrunnskanal geworfen und wäre dann ohne auffällige Eile vom Tatort wegspaziert.
Dieser Mörder aber hatte entweder noch eine Waffe bei sich, oder er war erfahren genug, um einzusehen, daß es zwar keinen Zeugen für den Mord im Wagen geben konnte, daß es aber sehr wohl einen zufälligen und überflüssigen Zeugen geben könnte, wenn er die Waffe in den Djurgärdsbrunnskanal werfen würde.
Schon vor Beginn der technischen Untersuchungen waren die Polizeibeamten überzeugt, daß man es mit einer Person oder einer Gruppe zu tun hatte, die höchst professionell vorging.
Das alles erforderte sofortige Entscheidungen. Erstens erhöhte Wachsamkeit an den Grenzübergängen. Zweitens mußten die Kollegen von der Reichsmordkommission diesem Fall vor allen anderen Vorrang einräumen.
Drittens sollte jede Information nach draußen, also den Massenmedien gegenüber, über ein oder zwei besonders abgestellte Beamte laufen, die aus der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit bei der Reichspolizei kamen und dem Reichspolizeichef direkt unterstellt wurden.
Einerseits war es von höchster Bedeutung, von der Öffentlichkeit und eventuellen Zeugen Informationen und Hinweise zu erhalten. Aus diesem Grund war eine gewisse Publizität nötig.
Andererseits ließ sich leicht einsehen, daß der Druck der Massenmedien ungewöhnlich stark sein würde und daß die Besonderheit des Verbrechens zu Spekulationen führen würde.
Diese letzte Schlußfolgerung war eine so komische Untertreibung, daß die Beamten an diesem Tag zum erstenmal und für lange Zeit zum letztenmal lachten.
Viertens würde man zwei parallel arbeitende Fahndungsgruppen einrichten.
Die beteiligten Abteilungen der »offenen« Polizeiarbeit würden wie gewohnt ihrer Arbeit nachgehen. Innerhalb der Sicherheitsabteilung würde man jedoch eine eigene Fahndungsgruppe einrichten, die in erster Linie nach dem Motiv zu dem Verbrechen suchen sollte. Da aber durchaus vorstellbar war, daß die Angelegenheit die Sicherheit des Reiches oder das Verhältnis zu einer fremden Macht berühren konnte, sollte die Kommunikation zwischen den beiden Fahndungsgruppen über den Chef von Abteilung B der Sicherheitsabteilung laufen. Grundsätzlich sollten alle Informationen aus der offenen Polizeiarbeit den Kollegen von der Sicherheitsabteilung so schnell wie möglich zugestellt werden. Die Fahndungsergebnisse jedoch, die eventuell bei der Sicherheitsabteilung einliefen, durften nicht an die Kollegen von der offenen Arbeit weitergeleitet werden, ohne daß sie zuvor der Sektionschef von Büro B oder notfalls der Reichspolizeichef persönlich gefiltert hatten.
Bevor der Reichspolizeichef
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