Cora Historical Gold - 129 - Die Novizin
weinen, Eloise! Ihr seid hier doch nicht allein.«
Langsam verebbte der Gefühlssturm. Die Bangigkeit ihres Herzens verlangte nach seiner beruhigenden Gegenwart … nach seiner Berührung und seinem zärtlichen Mund. Sie brauchte ihn, brauchte den Rausch der Sinne, um die schmerzhafte Leere in ihrem Innern auszufüllen. Sie küsste ihn mit verzweifelter Hingabe, schob ihr Knie zwischen seine Beine und hoffte auf eine Reaktion.
Eigentlich ist es ja einerlei, warum sie so leidenschaftlich ist, dachte er bei sich, es reichte ihm, dass sie ihn so brauchte. Er bedeckte ihr Gesicht mit heißen Küssen, wollte ihr damit die Traurigkeit vertreiben, sie mit Freude und Glück erfüllen und ihr beweisen, wie sehr er sie begehrte. Und als sie sich vereinigten, hielt er sich so lange zurück, bis sie gemeinsam den Gipfel erreichten und sich vollkommen verausgabten.
Hinterher schmiegte sie sich an ihn und fiel in einen Schlummer der Erschöpfung, aber er fand sich seltsam schlaflos. Er stützte sich auf einen Ellenbogen und sah ihr beim Atmen zu. Ein wehmütiger Schmerz meldete sich tief in seiner Brust, der aber nicht körperlich, nicht greifbar war und überdies einen vergnüglichen Nebenaspekt hatte, denn er weckte die Erinnerung daran, wie sie sich Trost suchend an ihn gewandt hatte und er ihren Kummer in eine süßere Leidenschaft verwandelte hatte.
Lächelnd sank er auf die Schlummerrolle zurück. Was immer Eloise sein mochte, sie war auf jeden Fall die Seine.
Am nächsten Morgen war Peril verschwunden, als Eloise aufstand, sich ankleidete und ihre Morgengebete sprach. Ihre Augen brannten und waren noch ein wenig geschwollen vom Weinen der vergangenen Nacht, aber sie war von einem seltsamen Frieden erfüllt. Der wurde indes gestört, als sie auf den Treppenabsatz hinaustrat und Maria Clematis sie in ihre alte Kammer zog und die Tür rasch hinter ihr schloss. Schwester Archibalda lief Hände ringend hin und her, und die Schwestern Rosemarie und Maria Montpellier lagen auf den Knien und beteten.
»Seid Ihr wohlauf?« Schwester Archibalda eilte zu Eloise, um die Arme um sie zu legen. »Wir waren so besorgt …«
»Seine Lordschaft kann so … grobschlächtig sein«, sagte Maria Clematis so bekümmert, dass sie die anderen damit ansteckte. »Wir haben lauter Gebete zum Himmel geschickt.«
Sie hatten für sie gebetet! Eloise errötete. Während sie nackt und gut getröstet in seinen Armen lag, hatten sie gebetet, dass sie nicht von ihm »verschlungen« würde. Das dachten sie von ihm. Erschrocken erkannte sie, dass sie das auch einmal von ihm gedacht hatte … bevor sie ihn näher kannte … bevor sie seine zärtlichen Küsse, seinen Humor und seine Fürsorge erlebt hatte … bevor er ihr die Angst genommen und Verlangen und Freude in ihr geweckt hatte.
Die Schwestern sahen nur seine Fassade, seine stolze, Respekt heischende und herrische Seite. Auf Grund des Keuschheitsgelübdes und der Abgeschiedenheit im Kloster würden sie nie die sanfte, intime, menschliche Seite eines Mannes sehen. Bei ihr selbst wurde dagegen alles weiter: ihr Geist, ihr Horizont, ihre ganze Welt.
Für die Schwestern hingegen würden Männer immer die mächtigen, machthungrigen und Macht ausübenden Geschöpfe sein, die sie in der Welt waren.
Zum ersten Mal in ihrem Leben sah sie ihre geliebten Schwestern nicht so sehr als behütet, als vielmehr in ihrer Weltsicht und ihrem Leben eingeschränkt. Als sie ihnen versicherte, dass alles bestens sei, und ihnen sagte, dass Peril sie nicht nur gut behandelt, sondern ihre Tränen getrocknet habe, merkte sie, dass sie ihr eigentlich nicht glaubten.
Und sie erkannte mit trauriger Gewissheit, dass es wirklich Zeit war, Abschied zu nehmen.
Großzügigkeit und Mitgefühl werden sicher dereinst im Himmel belohnt, dachte Peril bei sich, als er den Karren mit den Nonnen in Begleitung von vier seiner Mannen in der Morgendämmerung zum Haupttor hinausfahren sah. Allerdings konnten sie auch auf Erden schon Nutzen bringen. Er sah, wie Eloise den Freundinnen nachwinkte. Eine lange, freudenreiche Nacht lag hinter ihnen. Sie hatte ihn damit überrascht, dass sie sich in ihrem Kummer Trost suchend an ihn gewandt hatte, und er hatte diesen auf die unmittelbarste Art gespendet, die man sich denken konnte. Und vor Tagesanbruch hatte er sie dann noch einmal getröstet. Doppelt hält besser. Er lächelte vergnügt in sich hinein. Ja, er entwickelte sich noch zu einem richtig mitfühlenden Burschen …
»Mylord!«
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