Cora Historical Gold - 129 - Die Novizin
bedeuten?« fragte er.
»Was meint Ihr?« Sie wich einen Schritt zurück.
»Das Beten. Habe ich Euch nicht gesagt, bevor wir uns das Jawort gaben, dass Ihr nicht immer gleich auf die Knie fallen sollt, wann immer ich Euch scheel ansehe.« Seine Augen verengten sich. »Dazu gehört auch das Beten, wenn mir der Sinn danach steht, mich ein wenig mit Euch zu verlustieren. In meinem eigenen Bett will ich nicht mit Heiligkeit behelligt werden!«
Sie schien von diesem Ausbruch ehrlich erschrocken. Eigentlich ja auch nicht weiter verwunderlich, gab er insgeheim zu. Die Frömmler taten immer so unschuldig, wenn man sie auf ihr Getue hinwies.
»Ihr dachtet, ich bete, um Euch zu meiden …?«
»Ihr wäret nicht die Erste, die Gebete als Schild oder gar als Waffe einsetzt.«
»Als Waffe?« Eloise erbleichte. »Warum sollte ich die Waffe gegen Euch erheben?« Sie konnte kaum fassen, dass er sie einer solch abscheulichen Heuchelei für fähig hielt. »Ihr … Ihr denkt in allem als Krieger und Kämpfer. Ist es Euch nie in den Sinn gekommen, dass ich bete, weil es mein Herz und meine Seele beruhigt, mir Stärke verleiht und Trost spendet? Dass meine Gebete gar nichts mit Euch zu tun haben?«
Nein, verdammt noch mal, darauf wäre er nie gekommen! Ihm wurde ganz heiß, plötzlich fühlte er sich sehr nackt.
»Nun, warum habt Ihr denn gebetet, wo Ihr doch wusstet, dass ich darauf wartete, Euch zu … Was zum Teufel gab es da zu beten?«
»Soll ich Euch jetzt Rechenschaft für meine Seele und den Inhalt meiner Gebete ablegen?« sagte sie mit erstickter Stimme, die zwischen Empörung und Kummer schwankte.
Das schlechte Gewissen schlug unbarmherzig zu, als er in ihren Augen nicht nur Tränen, sondern dazwischen auch noch Funken sprühen sah.
Erst Gebete und jetzt Tränen. Das konnte ja heiter werden.
»Ich wüsste nicht, was ich damit anfangen sollte«, verkündete er. Es sollte abfällig klingen, doch das gelang ihm nicht. »Ich wollte doch nur Euern … Euern …« Das Wort Leib blieb ihm im Hals stecken, denn es würde sich auf jeden Fall furchtbar derb anhören. Was hatte er denn getan, um sie nicht in seine, sondern in die Arme des Allmächtigen zu treiben? »Habe ich Euch etwas zu Leide getan oder Euch irgendwie erschreckt? Ist das der Grund, warum ihr Euch flüchtet …«
»Ins Gebet?« Sie schmolz dahin vor plötzlichem Verständnis, und endlich rollten die Tränen. »Es hat nichts mit Euch zu tun, sondern mit ihnen.« Sie biss sich auf die Zunge, und dann verriet sie ihm, was sie bekümmerte. »Die Schwestern reisen doch morgen ab.«
»Die Nonnen?« Ihre Antwort entwaffnete ihn vollkommen. Sie betete, weil …? Ach, natürlich. Sie waren ja ihre einzige Familie, und morgen würde sie sie womöglich zum letzten Mal sehen. »Ach so …«
Schlagartig war ihm alles klar: Dies war die zweite große Veränderung in ihrem Leben innerhalb von nur zwei Tagen. Kein Wunder, dass sie ruhelos war und Trost suchte. Und dann kam ihm die zweite, weiter gehende Erkenntnis. Sie hatte Zuflucht im Gebet gesucht, weil das etwas war, womit sie den größten Teil ihres Lebens verbracht hatte. Gelübde oder nicht, sie hatte wie eine Nonne gelebt. Und Gebete machten einen großen Teil des Klosterlebens aus. Regelmäßige Gebete, morgens, mittags und abends.
Ach, du lieber Himmel! Ihm schwindelte fast, so leicht war ihm plötzlich ums Herz. So leicht, dass seine Scham über sein eselhaftes Benehmen irgendwie unwichtig erschien. Was jetzt zählte, war ihr Anblick, wie sie in ihrem Hemd dastand, sich die Tränen abwischte und versuchte, das Schluchzen zu unterdrücken.
Er trat ganz nah an sie heran und blieb stehen, ohne sie zu berühren, schämte sich zum ersten Mal seit vielen Jahren seiner Nacktheit und fühlte sich unbehaglich. Gerade als er sich zurückziehen und das Hemd überziehen wollte, warf sie sich in seine Arme und schmiegte sich an seine Brust. Er blinzelte, unsicher, was er als Nächstes tun sollte, während sie sich schluchzend an ihn klammerte und er ihre warmen Tränen auf seiner bloßen Haut spürte.
Einem selten benutzten Instinkt folgend, schlang er die Arme um sie und ließ sie weinen. Allmählich begann er, ihr übers Haar zu streicheln, und murmelte begütigend auf sie ein. Als er sie an sein Herz gepresst hielt, begann sich etwas von dem Schmerz in ihrer Brust auf ihn zu übertragen. Er zuckte zusammen. Allein in der Fremde … er wusste zu gut, wie das war.
Nach einem Weilchen sagte er: »Ist ja gut. Nicht
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