Cora Historical Gold - 129 - Die Novizin
… und auch die anderen. Schätze mal, Ihr wollt Eure trockenen Kehlen befeuchten?«
Als Eloise und Maria Clematis um Gerstenwasser statt Bier baten, wurde es ihnen serviert. Danach bestand der Earl darauf, dass sie Madame Fleurmort in ihre Gemächer begleiten sollte.
Sie folgten der schwer atmenden, taperigen alten Haushälterin eine breite Wendeltreppe hinauf, die in einer Ecke des Saals nahe dem Podest abging. Zweimal mussten sie anhalten, um die alte Französin nach Luft schnappen zu lassen. Schließlich gelangten sie aber doch zu einer muffigen Kammer im Turm über dem Saal, wo neue Strohsäcke auf alten Holzpritschen auf sie warteten. Der Raum enthielt außerdem einen roh gezimmerten Tisch, eine Talglampe und ein Fenster ohne Läden, in dem Schwalben nisteten und viele Spinnweben eine dicke Staubschicht überzogen.
Die alte Dame sah sich um, als ob sie selbst die Kammer nie zuvor gesehen hätte, und sagte, sie werde Wasser und Linnentücher schicken. Sie zeigte ihnen den Gang zum hochtrabend als Garderobe bezeichneten Abtritt und riet ihnen, sich dort zu erleichtern, da der Haushalt nicht über genügend Nachtgeschirre verfüge. Als sie fort war, setzte sich Maria Clematis mit gequälter Miene und gefalteten Händen auf eins der Betten.
»Nun, es ist schon … recht weitläufig«, sagte sie ohne die gewohnte Zuversicht.
Eloise trat ans Fenster, um auf die Stroh- und Holzdächer hinabzusehen, die sich an die Mauer schmiegten, und auf den Haupthof, der sich um sie herum erstreckte. Einen Augenblick hatte es ihr die Sprache verschlagen, und sie sagte sich, dass das wohl ein Segen war. Die Äbtissin hatte sie vor voreiligen Urteilen gewarnt, zweifelsohne hatte sie an solche Erfahrungen wie diese gedacht. Der Empfang und der erste Eindruck vom Heim des Earl war niederschmetternd. Aber, rief sie sich in Erinnerung, es hätte auch noch schlimmer kommen können.
»Sicher sieht alles besser aus, wenn wir erst gegessen und eine Nacht geschlafen haben«, sagte sie und hoffte, sie beide davon zu überzeugen. »Wir sind nur müde und etwas überanstrengt.«
Maria Clematis nickte, legte sich auf das staubige Bettzeug und nieste. Und nieste noch einmal.
Doch ein herzhaftes Mahl und eine gesunde Nachtruhe waren auf Whitmore nicht billig zu haben, wie Eloise bald erfahren sollte. Sie und Maria Clematis wurden von einer Frau mit Leichenbittermiene und müffeligen Kleidern mit sauberer Leinenschürze zum Essen abgeholt. Sie bestand darauf, hinter ihnen her zu gehen, bekreuzigte sich und murmelte vor sich hin, während sie die Treppe zur Großen Halle hinabstiegen.
Brettertische waren in der Mitte des Saals und auf dem Podest des Burgherrn aufgebaut, Tischtücher fehlten. Licht spendeten die Fackeln an den Wänden, die Rindertalgkerzen auf den Tischen und ein Feuer im Kamin hinter dem Stuhl des Burgherrn. Aber der verrußte Saal blieb dunkel und schmucklos und roch merkwürdig moderig.
Der Earl unterhielt sich mit seinen Männern, als die beiden Nonnen eintraten. Als er sich zu ihnen umdrehte, um sie willkommen zu heißen, zogen sich die anderen sofort zurück und nickten ihnen zu.
Sein Sonntagsstaat verschlug Eloise die Sprache: eine Tunika aus wattiertem Samt mit Stehkragen und geschlitzten Ärmeln, dazu passende Beinkleider und ein mit Goldtressen und Halbedelsteinen verzierter Gürtel. Die hirschledernen Stiefel bedeckten seine vermutlich muskulösen Waden, reichten ihm fast bis zu den Knien. Sein dunkles Haar war noch feucht vom Waschen, das Gesicht glatt barbiert, der Mehrtagebart verschwunden. Er sah mehr als nur präsentabel aus, unter anderen Umständen hätte sie ihn durchaus für einen höfischen Edelmann gehalten – bis sie seinen Blick auffing, der ihr einen gewaltigen Schauer über den Rücken jagte. Er drückte grimmige Entschlossenheit aus, sich und seinen Haushalt als würdig zu erweisen.
»Ehrwürdige Schwestern.« Er näherte sich mit ausgestreckten Händen und verbeugte sich höflich, als sie ihm antworteten. »Gestattet mir, Euch nun auf geziemendere Weise auf Whitmore willkommen zu heißen. Wünscht Ihr Wein, bevor das Mahl serviert wird?«
Eloise spürte, wie sie rot wurde, als er ihre Hand nahm und sie zur erhöhten Tafel auf dem Podest geleitete. Er gab einem Diener Zeichen, den Wein zu bringen. Und wieder zuckte sie zusammen, als er ihre Hand losließ und sie noch einmal kurz streifte. Normalerweise hätte sie den Wein abgelehnt, aber sie sah, dass Pater Basset, der nicht weit weg auf dem
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