Cora Historical Gold - 129 - Die Novizin
Podest saß, dem Rebensaft bereits zusprach. Und sie zitterte, zweifellos weil es im Saal so zog. Eingedenk der bevorstehenden kalten Nacht im zugigen Turmzimmer fand sie, es könne ihr oder Maria Clematis keineswegs schaden, sich innerlich etwas zu erwärmen.
Eloise kostete ein wenig, bereute es jedoch auf der Stelle. Der Wein hatte einen herben Essiggeschmack, der ihr die Tränen in die Augen trieb.
Als Erstes kam Fisch auf den Tisch, denn es war ja Fastenzeit. Räucherfisch, gedünsteter und gebackener Fisch mit Lauchfüllung … allesamt trocken, versalzen und zäh wie Leder. Als Nächstes wurden Schüsseln mit einer Art Eintopf serviert, in den allerlei Wurzelgemüse geschnippelt waren. Man hätte das als Suppe bezeichnen können, nur dass man es auf Brotfladen häufte, die in Farbe und Konsistenz an Holz gemahnten. Dann kamen Pasteten mit den seltsamsten Kombinationen von Füllungen, die Eloise je gekostet hatte: Räucherhering in Dickmilch; Wurzelgemüse mit pikantem Ziegenkäse; Zwiebeln, Kohl, Rettich und Trockenpflaumen. Ringsum schlossen die Männer verzückt die Augen und stopften sich den Mund voll. Sie konnte von allem nur wenige Bissen hinunterwürgen, zumal die Krusten zum Teil halb verkohlt waren.
Danach servierte man den Hauptgang, einen gebratenen Kapaun … serviert mit der Anmerkung, Pater Basset habe zu Ehren der Gäste eine Dispens erteilt, obwohl eigentlich Fastenzeit war. Verkohlt von außen, aber innen noch rot und ganz roh, sah der Vogel kaum genießbar aus. Den Blick des Hausherrn auf sich spürend, stocherte Eloise auf der Platte mit dem verbrannten Federvieh herum und nahm sich eine Scheibe vom Fleisch. Doch dann konnte sie sich nicht überwinden, davon zu essen.
Sie tauschte gequälte Blicke mit Maria Clematis aus und versuchte, den schlechten Geschmack der Speisen mit dem Essigwein wegzuätzen. Als sie den Kopf hob, sah der Earl sie so durchdringend an, wie sie es noch nie erlebt hatte. Beide schauten rasch weg. Sie spürte eine plötzliche Hitzewallung, die sie dem Wein zuschrieb.
Man redete wenig, nachdem der Tisch abgeräumt war. Spannung hing im Saal wie ein Leichentuch, bis Seine Lordschaft den stämmigen William of Wright bat, ein paar Melodien auf seiner Leier zu spielen. William, ältester Sohn von Whitmores Oberpflüger, zierte sich und beteuerte seine Unzulänglichkeit, bis der Earl ihn anherrschte, er solle endlich anfangen. Er war erstaunlich flink mit den Saiten; seine dicken Wurstfinger verwandelten sich auf wundersame Weise in Erzeuger harmonischer Klänge. Seine Lieder waren schlichte Volksballaden, aber seine tiefe Stimme verlieh der Musik eine Tiefe und Resonanz und machte sie zu einer wahren Ohrenweide.
Als ein Streit über Liedertexte ausbrach – verstärkt durch den Bierkonsum –, erhob sich Eloise, fasste sich an die pochende Schläfe und entschuldigte sich, da sie mit Maria Clematis die Abendgebete sprechen müsse.
Der Earl erhob sich ebenfalls. Mit steinerner Miene befahl er Pater Basset, die Nonnen zu begleiten.
»Das tut nicht Not«, erwiderte Eloise mit einem Seitenblick auf den weinseligen Priester, dem das Aufstehen nicht mehr so recht gelingen wollte. »Beschreibt uns nur den Weg zur Kapelle.«
»Sprecht Eure Gebete heute Abend in Eurer Kammer«, befahl der Earl. »Die Kapelle könnt Ihr ein andermal aufsuchen.«
Gegen solch eine herablassende Behandlung hätte Eloise sich gern verwahrt, wollte aber vor dem Zubettgehen nicht noch eine unangenehme Szene heraufbeschwören. Sie wünschte also eine gute Nacht, nahm eine der Talgkerzen und stieg gemeinsam mit Maria Clematis die Wendeltreppe hinauf.
Peril sah die Kandidatenprüferin und ihre Gefährtin aus seinem Saal und seiner Gesellschaft flüchten. Ihm war, als hinge er an einem ganz dünnen Seil über einem bodenlosen Abgrund.
Diese Heimkehr war zu einem Albtraum geworden, so wie er es befürchtet hatte. Der alte Haushofmeister hatte inzwischen doch merklich abgebaut und war nicht mehr ganz bei Trost, und die Haushälterin jammerte jetzt unablässig über die Gicht in ihren müden Gliedern und verließ nur noch selten ihr Lager. Die Vorbereitungen, die er sich ausbedungen hatte, waren nur schlecht ausgeführt worden. Er malte sich schon aus, was ihm bevorstand, wenn er die Kandidatenprüferin auf seinem Besitz herumführen müsste. Er hatte gesehen, wie sie jede Kleinigkeit im Saal wahrnahm und das meiste vom ungenießbaren Mahl verweigerte. Und ihren Argusaugen entging auch gar nichts.
Sie
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