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Coraline

Coraline

Titel: Coraline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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erklären, warum jemand eine Obstschale malen wollte. Davon abgesehen war das Zimmer leer: Es stand kein Krimskrams auf dem Kaminsims, es gab keine Porzellanfiguren oder Uhren; nichts, was das Zimmer behaglich oder bewohnt gemacht hätte.
    Der alte schwarze Schlüssel fühlte sich kälter an als alle anderen. Sie steckte ihn ins Schlüsselloch. Er drehte sich ohne Widerstände und gab ein befriedigendes Klick von sich.
    Coraline hielt inne und spitzte die Ohren. Sie wusste, dass sie etwas Unrechtes tat, und sie lauschte nach An zeichen, dass ihre Mutter wieder nach Hause kam, hörte aber nichts. Daraufhin legte Coraline die Hand auf den Türknauf und drehte daran und schließlich machte sie die Tür auf.
    Sie führte in einen dunklen Flur. Die Backsteine waren so restlos verschwunden, als wären sie niemals hier gewesen. Durch die offene Tür drang ein kalter, muffiger Geruch; es roch nach etwas sehr Altem und Trägem.
    Coraline ging durch die Tür.
    Sie war gespannt, wie die leere Wohnung sein würde – falls der Flur tatsächlich zu ihr führte.
    Beklommen ging Coraline den Korridor entlang. Er kam ihr sehr vertraut vor.
    Der Teppich unter ihren Füßen war derselbe Teppich, den sie in ihrer Wohnung hatten. Die Tapete war dieselbe, die sie auch hatten. Das Bild an der Wand war dasselbe, das bei ihr zu Hause im Flur hing.
    Sie wusste, wo sie sich befand: Sie war bei sich zu Hause. Sie hatte die Wohnung gar nicht verlassen.
    Verwirrt schüttelte sie den Kopf.
    Sie betrachtete das Bild, das an der Wand hing. Nein, es war nicht haargenau dasselbe. Auf dem Bild bei ihr zu Hause im Flur war ein altmodisch gekleideter Junge, der ein paar Seifenblasen anschaute. Aber jetzt war sein Gesichtsausdruck anders – er betrachtete die Seifenblasen, als wollte er etwas sehr Fieses mit ihnen anstellen. Und seine Augen waren irgendwie seltsam.
    Coraline starrte seine Augen an und versuchte dahinterzukommen, was genau an ihnen anders war.
    Als sie es fast herausgefunden hatte, sagte jemand: »Coraline?«
    Das klang nach ihrer Mutter. Coraline ging in die Küche, aus der die Stimme gekommen war. In der Küche stand eine Frau, die Coraline den Rücken zuwandte. Sie sah ein bisschen wie Coralines Mutter aus. Außer . . .
    Außer dass ihre Haut so weiß wie Papier war.
    Außer dass sie größer und dünner war.
    Außer dass sie zu lange Finger hatte, die ständig in Bewegung waren. Und blutrote Fingernägel, die gekrümmt waren und ganz spitz zuliefen.
    »Coraline?«, sagte die Frau. »Bist du’s?«
    Und dann drehte sie sich um. Ihre Augen waren große, schwarze Knöpfe.
    »Es gibt gleich Mittagessen, Coraline«, sagte die Frau.
    »Wer bist du?«, fragte Coraline.
    »Ich bin deine andere Mutter«, sagte die Frau. »Geh zu deinem Vater und sag ihm, dass das Essen fertig ist.«
    Sie machte die Backofentür auf. Mit einem Mal wurde Coraline bewusst, was für einen Hunger sie hatte. Es duftete herrlich.
    »Na, mach schon.«
    Coraline ging den Flur entlang und öffnete die Tür zum Arbeitszimmer ihres Vaters. An der Tastatur des Computers saß ein Mann, der ihr den Rücken zugewandt hatte.
    »Hallo«, sagte Coraline. »Ich – ich meine, sie hat gesagt, ich soll dir ausrichten, dass das Essen fertig ist.«
    Der Mann drehte sich um.
    Seine Augen waren Knöpfe. Große, schwarze, glänzende Knöpfe.
    »Hallo, Coraline«, sagte er. »Ich bin schon am Verhungern.«
    Er stand auf und ging mit ihr in die Küche. Sie setzten sich an den Küchentisch und Coralines Mutter brachte das Essen. Ein riesiges goldbraunes Brathähnchen mit Bratkartoffeln und winzig kleinen Erbsen. Coraline schaufelte sich das Essen in den Mund. Es schmeckte großartig.
    »Wir haben lange auf dich gewartet«, sagte Coralines anderer Vater.
    »Auf mich?«
    »Ja«, sagte die andere Mutter. »Ohne dich war’s hier nicht das Wahre. Aber wir wussten ja, eines Tages würdest du kommen und dann könnten wir eine richtige Familie sein. Möchtest du noch etwas von dem Hähnchen?«
    Ein so leckeres Hähnchen hatte Coraline noch nie gegessen. Ihre Mutter machte manchmal Hähnchen, aber es war immer ein Fertiggericht oder tiefgefroren und das Fleisch war trocken und schmeckte nach nichts.
    Wenn Coralines Vater Hähnchen machte, kaufte er zwar ein echtes Hähnchen, machte dann aber seltsame Dinge damit. Zum Beispiel kochte er es in Wein, füllte es mit Backpflaumen oder backte es in einem Teigmantel, und aus Prinzip weigerte sich Coraline dann, es auch nur anzurühren.
    Sie nahm sich

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