Coraline
Lächeln aufgesetzt und winkten ihr langsam zu.
»Viel Spaß draußen«, sagte ihre andere Mutter.
»Wir warten hier, bis du wiederkommst«, sagte ihr anderer Vater.
Als Coraline die Haustür erreicht hatte, drehte sie sich um und sah zu ihnen hin. Sie schauten immer noch zu ihr und winkten und lächelten.
Coraline ging nach draußen und stieg die Treppe hinunter.
4 .
V on außen sah das Haus haargenau gleich aus. Oder fast haargenau gleich. Rings um die Eingangstür von Miss Spink und Miss Forcible zogen sich blaue und rote Lämpchen, die blinkten und dabei Wörter bildeten, wobei die Lichter sich gegenseitig rund um die Tür jagten. An und aus, immer rundum. Auf DA KANN MAN NUR STAUNEN! folgte EIN TRIUMPH und dann AUF DER BÜHNE!!!.
Das Wetter war sonnig und kalt, ganz so wie das Wetter, das sie zurückgelassen hatte.
Hinter ihr gab jemand einen höflichen Laut von sich.
Sie drehte sich um. Auf der Mauer neben ihr stand ein großer schwarzer Kater, der identisch war mit dem großen schwarzen Kater, den sie zu Hause auf dem Grundstück gesehen hatte.
»Guten Tag«, sagte der Kater. Die Stimme klang so wie die Stimme in ihrem Hinterkopf, wenn sie über etwas nachdachte. Nur dass es nicht die Stimme eines Mädchens war, sondern eine Männerstimme.
»Hallo«, sagte Coraline. »So einen Kater wie dich hab ich zu Hause im Garten gesehen. Du bist bestimmt der andere Kater.«
Der Kater schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Ich bin nichts anderes. Ich bin ich.« Er legte den Kopf schief; die grünen Augen funkelten. »Ihr Menschen breitet euch überall aus. Wir Katzen hingegen halten uns zusammen. Wenn du verstehst, was ich meine.«
»Ich glaub schon. Aber wenn du derselbe Kater bist wie der, den ich zu Hause gesehen habe, wie kannst du dann sprechen?«
Katzen haben keine Schultern, nicht so wie Menschen. Aber dieser Kater zuckte mit den Schultern, mit einer einzigen, fließenden Bewegung, die an der Schwanzspitze begann und mit einem Aufstellen der Schnurrhaare endete. »Ich kann sprechen.«
»Zu Hause sprechen Katzen nicht.«
»Nein?«, sagte der Kater.
»Nein«, sagte Coraline.
Der Kater sprang geschmeidig von der Mauer ins Gras zu Coralines Füßen. Von dort sah er zu ihr auf.
»Na, du bist ja die Expertin in solchen Dingen«, sagte der Kater trocken. »Woher soll ich so was wissen? Ich bin schließlich nur ein Kater.«
Und mit stolz erhobenem Kopf und hochgerecktem Schwanz spazierte er davon.
»Bleib da«, sagte Coraline. »Bitte. Es tut mir leid. Ehrlich.«
Der Kater blieb stehen, ließ sich nieder und begann, sich gedankenverloren zu putzen, wobei er Coralines Existenz offenbar überhaupt nicht bemerkte.
»Wir – wir könnten doch Freunde sein«, sagte Coraline.
»Wir könnten seltene Exemplare einer exotischen afrikanischen Art von tanzenden Elefanten sein«, sagte der Kater. »Aber das sind wir nicht. Zumindest«, setzte er nach einem kurzen Blick auf Coraline boshaft hinzu, »bin ich keins.«
Coraline seufzte.
»Bitte. Wie heißt du?«, fragte Coraline den Kater. »Pass auf, ich bin Coraline. Okay?«
Der Kater gähnte, langsam und sorgfältig, und gab dabei den Blick auf einen Rachen mit Zunge frei, die in einem verblüffend leuchtenden Pink erstrahlten. »Katzen haben keine Namen«, sagte er.
»Nein?«, sagte Coraline.
»Nein«, sagte der Kater. »Also, ihr Menschen habt Namen. Das kommt daher, weil ihr nicht wisst, wer ihr seid. Wir wissen, wer wir sind, deshalb brauchen wir keine Namen.«
Coraline fand, dass der Kater eine unglaubliche Ich-Bezogenheit an sich hatte. So als hielte er sich für das Einzige auf der Welt – oder sonst wo –, das von Bedeutung war.
Ein Teil von ihr wäre am liebsten sehr grob geworden; der andere Teil von ihr wollte höflich und ehrerbietig sein. Der höfliche Teil setzte sich durch.
»Bitte, was ist das hier für ein Ort?«
Der Kater schaute sich kurz um.
»Das ist hier«, sagte der Kater.
»Das seh ich. Also, wie bist du hierhergekommen?«
»Genau wie du. Ich bin gelaufen«, sagte der Kater. »Und zwar so.«
Coraline sah dem Kater dabei zu, wie er langsam über den Rasen lief. Der Kater spazierte hinter einen Baum, kam aber auf der anderen Seite nicht mehr hervor. Coraline ging zum Baum und schaute dahinter nach. Der Kater war weg.
Sie ging zum Haus zurück. Wieder gab jemand hinter ihr einen höflichen Ton von sich.
Es war der Kater.
»Übrigens«, sagte er, »es war sehr vernünftig, dass du einen Schutz mitgebracht hast. An
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