Corbins 03 - Wer dem Zauber der Liebe verfaellt...
den anderen. »Er ... nun ja ... das Geld haben wir zurückbekommen.
Ein Mister Cedrick Golden hat es eingezahlt, und soviel ich weiß, ist Ihr
Bruder schon wieder frei.«
Tess genoß das Unbehagen des
Bankiers, aber dann tat er ihr doch ein bißchen leid. »Ich nehme Ihnen nicht
übel, daß Sie sich zurückgeholt haben, was Ihnen gehört, Mister Filbertson«,
sagte sie nüchtern. »Das müssen wir doch alle, nicht wahr?«
Filbertson errötete; er schien zu
wissen, daß Tess sich auf den Druck bezog, den sie am Tag zuvor anwenden mußte,
um ihr Geld zurückzubekommen. »Ja, Missis Corbin, manchmal bleibt uns
nichts anderes übrig.« Damit schnappte er sich sein Foto und verließ
fluchtartig den Laden.
»Sind alle deine Kunden so
sympathisch?« erkundigte sich Banner lächelnd.
»Er war mein erster«, gab Tess zu.
»Ich hoffe, daß die anderen sich als etwas zuvorkommender erweisen.«
Banner lachte. »Dein erster Kunde!
Das verlangt nach einer Feier. Laß uns mit einem guten Dinner beginnen, und
danach fahren wir ins Krankenhaus und besuchen unseren Patienten.«
Tess war hungrig, aber sie war auch
müde. Immerhin hatte sie die ganze Nacht kein Auge zugetan, und nun wurde es
schon wieder dunkel. Aber auf eins wollte sie trotzdem nicht verzichten — sie
mußte unbedingt ihren Mann sehen.
»Könnten wir nicht zuerst ins
Krankenhaus gehen?« schlug sie schüchtern vor.
Banner schüttelte auf eine Art den
Kopf, die bewies, daß sie es gewohnt war, Befehle auszuteilen,, die im allgemeinen wohl auch befolgt wurden. »Ich
sterbe vor Hunger und du bestimmt auch. Außerdem darfst du die Corbinmänner
nicht verwöhnen, Tess, sonst trampeln sie nämlich auf dir herum.«
Tess nickte ergeben. »Ich ziehe mich
nur schnell um«, sagte sie und stieg die Treppen zu ihrer Wohnung hinauf.
Als sie wieder hinunterkam, stand
Banner vor den nackten weißen Wänden und betrachtete sie sinnend. »Ich finde,
du solltest einige deiner Arbeiten ausstellen, Tess«, schlug sie vor. »Häng
deine Fotografien im Fenster und an diesen Wänden auf.«
Es war eine gute Idee, und Tess
nickte lächelnd, als sie die Fensterläden schloß. »Aber zuerst muß ich Fotos
machen, die ich ausstellen kann«, erklärte sie, während sie auf die Straße
hinaustraten.
»Du kannst mich fotografieren«,
sagte Banner sofort. »Und wenn Keith entlassen wird, kannst du ihn aufnehmen ...«
Siebzehn
Zufrieden über Keith' zunehmende Erholung,
kehrte Banner am nächsten Morgen nach Port Hastings zurück. Tess, die nie eine
Schwester gehabt hatte, bedauerte ihre Abreise sehr und war traurig, nun wieder
allein zu sein.
Zum Glück hatte sie ihre Arbeit.
Tess ging nach oben, machte ihr Bett und das andere in dem kleinen Zimmer, wo
Banner geschlafen hatte. Dann räumte sie das Frühstücksgeschirr fort.
Im Laufe des Morgens kamen mehrere Kunden
in den Laden und hielten Tess auf Trab. Einmal kam ihr für einen kurzen Moment
der Gedanke, daß Banner ihr Glück gebracht haben mußte.
Gegen Mittag erschienen Rod und Emma
— Rod mit bedrückter, leicht verlegener Miene und Emma sichtlich verstimmt.
»Wir wollten uns fotografieren
lassen«, verkündete sie steif. »Als verspätetes Hochzeitsfoto.«
Für Tess war es ein Friedensangebot,
und deshalb führte sie das junge Paar prompt in den kleinen Raum, den sie sich
als Wohnzimmer eingerichtet hatte.
Rod setzte sich in einen Lehnstuhl
und machte ein ernstes Gesicht, während Emma hinter ihn trat, ebenfalls mit
ernster Miene und eine Hand auf die Schulter ihres Mannes legte.
»Ich mache zur Vorsicht noch eine
Aufnahme«, sagte Tess, nachdem die erste im Kasten war, in Gedanken schon bei
Banners Vorschlag, ihre Arbeiten im Schaufenster auszustellen. Rod und Emma
würden ein gutes Motiv ergeben, denn sie waren ein wirklich hübsches Paar ...
Rod rutschte nervös auf seinem Stuhl
und murmelte etwas; ein leiser Druck von Emmas Fingern auf seinen Schultern
beruhigte ihn. Tess sah es durch die Linse und mußte lächeln.
»Willst du nicht fragen, wie der
arme Rod aus dem Gefängnis gekommen ist?« fragte Emma schließlich, als die
Sitzung beendet war und sie es nicht länger aushielt.
Tess biß sich auf die Lippen und
wandte den Blick ab, um nicht zu lachen. »Ich brauche nicht zu fragen«, erwiderte
sie lakonisch. »Cedrick war gestern hier und hat es mir erzählt. Aber etwas
anderes würde ich gern wissen: Wie geht es deiner Mutter, Emma?«
Ein schmerzlicher Ausdruck huschte
über ihr Gesicht. »Nicht gut, Tess. Rod
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