Cordina's Royal Family 1-4
wahr – Jasmin, Vanille, Gewürze und die Rosen, die im Hof blühten. Das Gras hatte eine taufrische Farbe, und die Mauern waren blendend weiß. Früher einmal musste dort eine Zugbrücke gewesen sein, dessen war sie sich sicher. Jetzt befand sich am Ende der geschwungenen Steinstufen ein Rundbogentor aus Mahagoni.
Klares und getöntes Glas blinkte in der Sonne, so wie man es sich von Palästen vorstellte. Auf dem höchsten Turm flatterte eine Fahne im Wind.
Sie war schneeweiß mit einem feurig-roten Querstreifen.
Langsam glitt ihr Blick über das Gebäude. Es zog sie an und schien sie wil kommen zu heißen. Dieses Gefühl des Friedens bildete sie sich nicht ein. Das war ebenso die Wirklichkeit wie die Furcht, die sie vor noch nicht allzu langer Zeit empfunden hatte. Sie hatte jedoch keine Ahnung, welches der blinkenden Fenster zu ihrem Zimmer gehörte. Sie würde es herausfinden. Nur Mut! sagte sie sich und machte einen Schritt nach vorn.
In diesem Moment wurde die hohe Tür weit aufgerissen. Ein junger Mann mit dunklem, dichten Haar und der Statur eines Tänzers stürzte hinaus. „Brie!“ Dann war er bei ihr und umarmte sie stürmisch. Ihm haftete ein angenehmer Geruch nach Pferden an. „Ich bin gerade aus den Ställen gekommen, als Alex mir sagte, du seist hierher unterwegs.“
Gabriella spürte die Zuneigung, die der junge Mann ihr entgegenbrachte, und drehte sich hilflos nach ihrem Vater um.
„Deine Schwester braucht Ruhe, Bennett.“
„Natürlich. Hier ist sie besser aufgehoben.“ Er grinste fröhlich, trat zurück, ließ ihre Hand jedoch nicht los. Er sieht so jugendlich, so schön und so glücklich aus, dachte Gabriella. Als er ihr ins Gesicht schaute, wurde sein Ausdruck plötzlich ernst. „Du kannst dich immer noch nicht erinnern?“
Sie wollte ihm die Hände entgegenstrecken, er schien eine solche Geste zu brauchen. Aber alles, wozu sie sich in der Lage fühlte, war ein Händedruck. „Es tut mir Leid.“
Bennett öffnete den Mund, schloss ihn wieder und umschlang dann ihre Taille mit seinem Arm. „Unsinn.“ Seine Stimme klang aufmunternd, und er führte sie mit Bedacht zwischen sich und ihren Vater. „Du wirst dich schon schnell wieder erinnern, jetzt, wo du wieder bei uns bist. Alex und ich dachten schon, wir müssten bis heute Nachmittag warten, um dich im Krankenhaus besuchen zu können. Aber so ist es viel besser.“
Sorgsam geleitete er sie durch die Tür und sprach dabei schnell auf sie ein. Sie war überzeugt, er machte das nur, um ihrer beider Verlegenheit zu überspielen. Sie traten in eine hohe Halle, deren Decke mit Fresken geschmückt war. Vor Gabriella lag eine elegant geschwungene Treppe, die zu etwas führte, das sie bis jetzt noch nicht kannte.
Auf einer Konsole stand eine hohe, glänzende Vase. Sie erkannte sofort, dass sie aus der Ming-Periode stammte, ebenso wie sie die Konsole als aus der Zeit Ludwig XIV. einordnete. Dinge konnte sie also identifizieren und richtig einschätzen, aber sie konnte keinen Bezug zwischen ihnen und sich selbst herstellen. Durch zwei hohe Spitzbogenfenster fiel strahlendes Sonnenlicht, dennoch hatte sie das Gefühl zu frösteln.
Panik stieg in ihr auf. Sie wollte sich umdrehen und hinausrennen, zurück in, das sichere, unpersönliche Krankenzimmer. Dort wurde nicht so viel von ihr erwartet, dort hingen nicht so viele unausgesprochene Fragen in der Luft. Dort würde sie nicht von einer solch großen Welle der Liebe erfasst und müsste nicht ihrerseits diese Zuneigung erwidern.
Bennett merkte, wie sie sich versteifte und schlang den Arm noch enger um sie. „Jetzt wird al es wieder gut werden, Brie.“
Irgendwie gelang es ihr zu lächeln. „Ja, natürlich.“
Am Ende der Halle wurde eine Tür geöffnet. Brie erkannte den Mann der heraustrat nur auf Grund der starken Ähnlichkeit zu ihrem Vater als ihren Bruder.
„Gabriella.“ Alex rannte nicht so zu ihr hin wie vorher Bennett, sondern ging langsam und beobachtend auf sie zu. Als er vor ihr stand, umschloss er mit seinen Händen ihr Gesicht. Die Begrüßung wirkte völlig natürlich, als hätte er es so viele Male in der Vergangenheit gemacht. Eine Vergangenheit, dachte Gabriella, die ich nicht mehr habe. „Wir haben dich vermisst. Seit einer Woche hat mich niemand mehr angeschrien.“
„Ich …“ Sie rang nach Worten und verstummte. Was sollte sie auch sagen? Was hatte sie zu fühlen? Sie wusste nur, dass dies alles zu viel für sie war, und dass sie weit weniger darauf
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