Cordina's Royal Family 1-4
verließ. Im Schutz der Dunkelheit konnte sie sich eingestehen, dass sie nie wieder dieselbe sein würde. Bennett hatte diese sorgfältig polierte Oberfläche durchbrochen und die Frau dahinter erobert, die. Frau, die er hasste. Sie konnte ihm nicht sagen, dass sie liebte, dass sie bereits den Verlust dessen betrauerte, was sie nie wirklich gehabt hatte, und dass sie sich den Rest ihres Lebens danach sehnen würde.
Bennett wollte nach ihr tasten, sie an sich ziehen und sie im Mondschein streicheln. Doch es würde nicht möglich sein, sie noch einmal zu berühren.
Er hatte sich im Zorn genommen, was er in seinen Träumen zärtlich erobert hatte. Schuldgefühle quälten ihn, selbst während sich wieder das Empfinden einstellte, betrogen worden zu sein.
Die Frau, in die er sich verliebt hatte, existierte nicht. Sie war sogar mehr eine Lüge als eine Illusion gewesen. Jetzt hatte er getan, was er selbst in seinen wildesten Augenblicken vermieden hatte: Er hatte eine Fremde geliebt. Und so wahr ihm Gott helfe, er hatte sich genauso tief in sie verliebt.
Hatte er ihr wehgetan? Er wollte fragen, hielt sich jedoch zurück. Er konnte es sich nicht leisten, Reue zu zeigen, sonst würde er sich wegen dieser neuen Hannah ebenfalls zum Narren machen.
Stolz folgte der Ehre. Nachdem er das eine für Zorn und Schmerz geopfert hatte, wollte er sich an dem anderen festhalten.
Er erhob sich und fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. Wie konnte er sie lieben, wenn er sie nicht einmal kannte? Wie konnte er noch immer die Frau lieben, von der er wusste, dass sie nie existiert hatte?
Er zog sich schweigend an, während Hannah wie versteinert auf dem Bett lag.
„Jetzt haben wir einander wohl beide benutzt”, sagte er.
Daraufhin öffnete sie die Augen. Es gab keine Tränen. Zum Glück hatte sie noch immer so viel Kraft. Er stand neben dem Bett, von der Taille aufwärts nackt, das ruinierte Hemd zusammengeballt in der Hand. „Wir sind quitt.”
„Sind wir das?” Er hätte beinahe einen Schritt auf sie zugetan, bevor er sich dazu zwang, sich umzudrehen und sie zu verlassen.
Hannah lag da und lauschte in die Stille.
Bis zur Morgendämmerung.
„Du hast Fragen”, sagte Armand zu seinem jüngeren Sohn. Das helle Licht des Morgens zeigte allzu deutlich die Spuren von Schlaflosigkeit auf beiden Gesichtern. „Es wäre mir lieber, wenn du warten würdest, bis ich fertig bin.”
Bennett hatte verlangen und toben wollen. Belastung und Müdigkeit ließen seinen Vater plötzlich alt und viel zu verletzlich aussehen. Bennett ließ sich von Liebe mehr als von Pflicht leiten. „In Ordnung.” Er schenkte sich Kaffee ein.
„Möchtest du dich setzen?”
„Nein.”
Armands Blick wurde schärfer bei diesem Ton, doch dann ließ auch er sich von Liebe leiten. „Ich schon.” Sobald er saß, stellte er seine Tasse weg. „Vor zwei Jahren saß ich in diesem Büro mit Reeve und Malori. Du und Alexander, ihr wart auch dabei. Erinnerst du dich?”
Bennett trat ans Fenster und blickte hinaus. „Ja. Wir sprachen über Deboque und darüber, was gegen ihn unternommen werden könnte.”
„Dann erinnerst du dich auch daran, dass beschlossen wurde, den Namen vor Alex und mir zu verheimlichen, und dass Malori nicht ganz mit Reeves Wahl zufrieden war.”
„Malori war stets eines der vertrauenswürdigsten Mitglieder des Sicherheitsdienstes von Cordina. Aber er ist altmodisch.” Armand hielt es nicht für nötig, hinzuzufügen, dass auch er seine Zweifel gehabt hatte. „Es bereitete ihm Sorge, eine Frau einzusetzen.”
Bennett leerte seine Tasse zur Hälfte. „Ich war damals und bin noch heute der Meinung, dass Alexander und ich ein Recht hatten zu wissen, was unternommen wurde. Wir alle hatten darüber hinaus das Recht zu wissen, dass die Frau, die wir als Freundin akzeptierten, eine ISS-Agentin ist.”
„Keiner von euch brauchte es zu wissen.” Armands Stimme enthielt Autorität. „Wäre ich erkrankt, wäre natürlich Alex eingeweiht worden.”
„Denkst du, nur weil ich nie herrschen werde, sei Cordina für mich weniger wichtig?” Bennett wirbelte zu seinem Vater herum. Zorn zeichnete sich in seiner Miene ab. „Mein ganzes Leben lang war ich der jüngere Bruder. Alex wurde dafür geboren, Cordina nach dir zu regieren. Er wurde dafür geformt, genau wie das bei seinem Sohn der Fall sein wird. Denkst du, deshalb hätte ich weniger geliebt, mich weniger eingesetzt, weniger geboten?”
Armand wählte seine Worte mit Bedacht.
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