Cordina's Royal Family 1-4
sich auf die Brust zu trommeln und Kämpfe auszufechten, als einfachere und weniger heldenhafte Aufgaben zu übernehmen.”
„Da haben Sie es.” Er stand auf. Obwohl er Kaffee getrunken hatte, war er hundemüde. Genau aus diesem Grund versuchte er, seine Schmerzpillen so selten wie möglich zu nehmen. „Ich empfehle mich. Das Gästezimmer ist oben, gleich links neben der Treppe.”
Ohne ein Dankeschön, einen Gutenachtgruß und sogar ohne sein übliches gelegentliches Brummen ließ er Camilla vor dem Kamin allein.
3. KAPITEL
Ich weiß nicht, was ich von meinem Gastgeber halten soll, schrieb Camilla.
Inzwischen war es spät geworden, und sie saß auf dem klapprigen Sofa vor dem Kamin, weil es oben im Gästezimmer kalt und feucht und vor allem dunkel gewesen war.
Von Del hatte sie nichts mehr gehört, seit er nach oben gegangen war.
Um zu überprüfen, ob inzwischen der Strom wieder da war, hatte sie die Lichtschalter angeknipst und den Telefonhörer abgehoben, doch ohne Erfolg.
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass sein mangelndes Sozialverhalten wohl der Tatsache zuzuschreiben ist, dass er einen Großteil seiner Arbeitszeit in Gesellschaft von schon lange Toten verbringt, deshalb versuche ich es mit Humor zu nehmen. Außerdem hat er sich bei den Ausgrabungsarbeiten verschiedene lästige Verletzungen zugezogen, obwohl ich den Verdacht habe, dass er bei voller Gesundheit genauso schroff und gnadenlos unhöflich ist.
Auf jeden Fall ist er interessant – und irgendeinen Sonderstatus will ich ja nicht, sonst hätte ich das Experiment überhaupt nicht unternehmen müssen.
Ein positiver Nebeneffekt seines Einsiedlerdaseins ist, dass es in der Hütte keinen Fernseher gibt. Man stelle sich vor, ein amerikanisches Heim ohne einen einzigen Fernseher! Eine aktuelle Tageszeitung oder Illustrierte habe ich bis jetzt auch nicht gesehen. Obwohl es durchaus sein kann, dass die eine oder andere ältere in dem Müllberg, auf dem er lebt, vergraben sein kann.
Von daher ist die Gefahr, dass er mich erkennt, verschwindend gering.
Das ist ausgesprochen beruhigend.
Trotz seiner höchst merkwürdigen Lebensumstände ist er offensichtlich sehr intelligent. Als er von seiner Arbeit erzählte – natürlich nur in dürren Worten –, sprang bei mir sofort der Funke über. Von seiner Neugier und seinem Bestreben, Antworten zu finden, fühle ich mich sehr angezogen.
Vielleicht, weil ich selbst versuche, Antworten zu finden.
Als ich mir ganz sicher sein konnte, dass er nicht mehr nach unten kommt, habe ich noch ein bisschen in seinen Aufzeichnungen herumgelesen, obwohl ich natürlich weiß, dass so etwas ungehörig ist. Es ist wirklich ein faszinierender Beruf! Soweit ich sein Gekritzel entziffern konnte, gehört er einem Team an, das einen Fundort in Zentralflorida entdeckt hat. Dort hat man im Moor auf einem Stück Land, das eigentlich als Bauland ausgewiesen war, Menschenknochen gefunden, die den Untersuchungen zufolge siebentausend Jahre alt sein sollen.
Da seine Aufzeichnungen und Unterlagen in einem so katastrophal ungeordneten Zustand sind, kann ich nichts Genaues sagen, ich weiß nur, dass aus diesen Funden das Bardville Research Project hervorgegangen ist, das Delaney seit drei Jahren leitet.
Die Funde sind beachtlich. Unter anderem hat man ein kleines Mädchen gefunden, das mit seinen Spielsachen – kleinen Kunstwerken aus Knochen, Geweihen und Holz, manche davon mit kunstvoll eingeritzten Mustern versehen – begraben wurde. Die Menschen damals hatten offenbar viel Sinn für Rituale und wussten schöne Dinge zu schätzen. Und dann gibt es da Skizzen – ich frage mich, ob er sie selbst angefertigt hat. Sehr komplizierte, gewissenhaft ausgeführte Skizzen.
Es gibt hier so viele Notizen und Unterlagen und Fundstücke. Und das alles wild über die ganze Hütte verstreut. Es würde mir großen Spaß machen, die Sachen zu ordnen und dabei alles über das Projekt von seiner Entstehung bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu lesen. Aber das ist, so wie die Dinge liegen, unmöglich, ganz davon abgesehen, dass ich morgen weiterfahre.
Was mich selbst betrifft, so mache ich Fortschritte. Ich schlafe von Nacht zu Nacht besser. Ich habe wieder Appetit und esse sogar ein bisschen mehr, als ich eigentlich sollte. Heute, nach einer langen Fahrt und einem kleinen Unfall, habe ich eine beträchtliche Menge an Zeit mit einfachen Hausarbeiten verbracht. Körperlich zu arbeiten war eine gute Erfahrung.
Noch vor knapp zwei Wochen war ich
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