Cordina's Royal Family 1-4
hatte. Alice war sich nicht sicher gewesen, was sie mehr überrascht hatte: dass irgendwer ihren Sohn als gastfreundlich bezeichnete oder dass er diese Gastfreundlichkeit einem Mitglied des Fürstenhauses von Cordina gegenüber erwiesen hatte.
Aber sie war eine Frau, die es gewöhnt war, praktisch zu denken und sich den Erfordernissen schnell anzupassen. Der Inhalt des Briefs hatte sie veranlasst, ihren Mann von der Ausgrabungsstelle in Florida wegzulocken, um bei ihrem Sohn nach dem Rechten zu sehen.
Und jetzt zeigte sich, dass das eine sehr gute Idee gewesen war.
Denn was sich nun ihrem mütterlichen Blick unübersehbar enthüllte, war die Tatsache, dass ihr Sohn bis über beide Ohren verliebt war.
Und das wurde, verdammt nochmal, auch wirklich allerhöchste Zeit.
„Und deshalb ist sie weggefahren”, beendete Del schließlich seine Ausführungen. „Was für alle Beteiligten das Beste ist.”
„Vielleicht”, stimmte Alice ruhig zu. „Es war ziemlich kurzsichtig von ihr, dir nicht gleich von Anfang an reinen Wein einzuschenken. Obwohl es ihr bestimmt leichter gefallen wäre, wenn du ihr von deiner Herkunft erzählt hättest.”
„Was?”
„Zweifellos ist ein Vicomte auf der gesellschaftlichen Stufenleiter beträchtlich niedriger angesiedelt als eine Prinzessin, aber sie hätte dir dann eigentlich zumindest schon aus Höflichkeit ebenso vertrauen müssen wie du ihr.” Entzückt über das verständnislose Gesicht ihres Sohnes, schlug Alice ihre gestiefelten Füße übereinander. „Du hast ihr nicht erzählt, dass dein Vater der Graf von Brigston ist – und du Vicomte Brigston bist.”
„Es hat sich eben nicht ergeben”, erwiderte Delaney, dann fügte er ein bisschen hitziger hinzu: „Und warum hätte ich es auch sagen sollen?”, während seine Mutter ihn nur kühl beobachtete. „Wen interessiert das schon? Ich benutze meinen Titel sowieso nie.”
Es sei denn, es passt dir in den Kram, dachte Alice, verkniff es sich jedoch, dies laut zu sagen. „Da ist dein Vater mit dem Eis. Wir werden es zum Kaffee essen.”
Alice ließ ihrem Sohn einen Tag Zeit, zum einen, weil sie ihm schlicht eine Freude machen wollte, und zum anderen, weil sie wusste, dass er das alles erst verarbeiten musste. Unterdessen überlegte sie, wie sie ihm sagen sollte, dass sie mit Camillas Mutter in Kontakt stand.
„Das bringt ihn womöglich wieder auf die Palme”, überlegte sie laut, während sie ihre Angelschnur im Teich versenkte. Als ihr Mann, der, umringt von einem Papierwust, hinter ihr auf der Wiese saß, irgendetwas Unverständliches vor sich hin brummelte, wandte sie den Kopf und sagte:
„Hör mir zu, Niles.”
„Hm? Was? Verdammt, Alice, ich arbeite.”
„Du machst die Arbeit deines Sohnes.”
„Lass ihn in Frieden. Ein Mann sollte sich ohne äußere Einmischung um seine Angelegenheiten kümmern können.”
„Ha! Das sagst du mir nach fast dreiunddreißig Jahren Ehe. Und was hat dir das gebracht?”
„Dich zum Beispiel, oder?”
Lächelnd blickte sie aufs Wasser hinaus. Zwei Holzköpfe, entschied sie.
Und einer sturer als der andere.
Bevor sie sich überlegen konnte, wie sie mit der Angelegenheit am besten verfahren sollte, wurde ihr das Problem aus der Hand genommen.
Del kam aus dem Wald auf die Lichtung gestürmt und veranstaltete dabei so einen Lärm, dass er damit wahrscheinlich jeden Fisch im Umkreis von zehn Meilen verscheuchte und Alice dazu brachte aufzuspringen.
„Wir haben neue Gelder bekommen.”
„Das ist gut, weil wir nämlich zum Abendessen nicht einen einzigen Fisch haben werden.” Trotzdem umarmte sie ihn. „Das ist wundervoll, Del. Von wem?”
„Ich weiß noch nichts Genaues – ich habe nur eben den Anruf von der Uni bekommen. Ich muss zur Ausgrabungsstelle zurück. Tut mir Leid, dass ich euch so einfach sitzen lassen muss.”
„Mach dir keine Gedanken.” Sie bohrte die Zungenspitze in ihre Wange.
Genau, so würde es funktionieren. Perfekt. „Ruf uns an, wenn du dort bist.”
„Mach ich. Ich muss jetzt packen.”
An diesem Abend setzte sich Alice hin und verfasste einen ordentlichen und förmlichen Brief an Ihre Durchlaucht Gabriella von Cordina, während ihr Sohn – höchstwahrscheinlich – immer noch vor Zorn rauchte, weil sie die eingegangenen Spendengelder dem Interesse und dem Einfluss einer jungen Prinzessin verdankten.
Der Graf und die Gräfin von Brigston fühlten sich geehrt über die Einladung zum Herbstball in Cordina, der sie zusammen mit ihrem
Weitere Kostenlose Bücher