Cordina's Royal Family 1-4
möchte.“
„Gabriella, ich habe Sie zur Welt gebracht und alle Ihre Kinderkrankheiten kuriert. Ihr Körper ist mir ebenso vertraut wie die Art Ihres Denkens. Sie haben große Angst davor, den Menschen Ihrer Umgebung wehzutun.“
„Ja. Ich denke … Nein, ich fühle“, korrigierte Gabriella sich selbst, „dass wir eine sehr eng verbundene Familie sind. Stimmt das?“
„Ja, das ist richtig. Zwei Wochen im Jahr sind ganz dem Familienleben gewidmet, wenn Sie in die Schweiz fahren. Sie haben mir einmal gesagt, dass Sie wegen dieser zwei Wochen die restlichen fünfzig ertragen können.“
Gabriella nickte als Antwort und sagte dann plötzlich: „Erzählen Sie mir bitte, wie meine Mutter gestorben ist, Dr. Franco.“
„Sie war sehr zart“, antwortete der Arzt vorsichtig. „Sie hielt in Paris eine Rede für das Rote Kreuz und bekam eine Lungenentzündung mit Komplikationen, von der sie sich nicht mehr erholt hat.“
Gabriella wartete darauf, eine Gefühlsregung in sich zu spüren, Schmerz und Trauer, aber sie fühlte nichts. Sie faltete die Hände und sah zu Boden.
„Habe ich meine Mutter geliebt?“
„Sie war der Mittelpunkt Ihrer Familie, Halt und Herz zugleich. Sie haben sie sehr geliebt, Gabriella“, antwortete er voller Mitgefühl.
Der Glaube daran, dass es einmal so war, hatte beinahe dieselbe Bedeutung für sie wie das eigentliche Empfinden selbst. „Wie lange war sie krank?“
„Sechs Monate.“
Gabriella war überzeugt, dass ihre Familie sich damals völlig zurückgezogen haben musste. Jeder hatte gewiss dem anderen zur Seite gestanden. „Wir nehmen Außenstehende nicht so leicht in unseren Kreis auf, nicht wahr?“
Dr. Franco lächelte sie an, „Nein, allerdings nicht.“
„Sie kennen Reeve MacGee?“
„Den Amerikaner? Nur flüchtig, aber ihr Vater hält große Stücke auf ihn!“
„Sind Sie seiner Meinung?“
„Ich bin nicht so vermessen, mit dem Fürsten Armand einer Meinung oder nicht zu sein, außer natürlich in medizinischen Belangen. Aber Ihre Verlobung hat Ihren Bruder Alexander verärgert, der sich persönlich für Ihr Wohlbefinden verantwortlich fühlt.“
„Und meine Gefühle? Werden die überhaupt berücksichtigt? Diese Heimlichtuerei, dass alles mit mir in Ordnung sei, diese Farce, ich hätte eine Blitzromanze mit dem Sohn eines Freundes meines Vaters, all das geht mir gegen den Strich. Erst gestern hat man meine Verlobung öffentlich bekannt gegeben, und schon heute ist jede Zeitung voll davon. Randvoll mit Spekulationen, Meinungen, Ansichten und Klatschgeschichten. Wohin ich auch komme, werde ich mit Fragen bestürmt und nicht mehr in Ruhe gelassen. Entnervende Fragen über mein Brautkleid, wo die Zeremonie stattfinden soll, wen ich einlade oder zu meiner Brautjungfer mache. Je mehr wir versuchen, den Mantel des Schweigens über das Geschehene zu breiten, desto absurder wird die ganze Geschichte.“
„Ihr Vater ist nur um Ihr Wohlergehen besorgt, Gabriella, und um das seines Volkes.“
„Sind das niemals zwei verschiedene Dinge?“ Ihr Ton war scharf, doch kurz darauf beruhigte sie sich. „Es tut mir Leid, das war nicht richtig. Es ist halt schwierig, mit solchen Lügen zu leben. Außerdem habe ich den Eindruck, dass Täuschungen in meinem Leben zu viel Raum einnehmen. Und Reeve …“ Sie brach ab, weil es sie störte, sich selbst bei dem Gedanken an ihn ertappt zu haben.
„… ist sehr attraktiv“, vollendete Dr. Franco den Satz für sie.
Gabriella schenkte Dr. Franco ein vorsichtiges Lächeln. „Sie sind ein ausgezeichneter Arzt.“
Dr. Franco verbeugte sich knapp. „Ich kenne meine Patienten, Eure Hoheit.“
„Attraktiv ist er, aber nicht in jeder Hinsicht angenehm. Mich stört seine beherrschende Stellung sehr, besonders in der Rolle meines Verlobten.
Aber ich werde meinen Part spielen. Wenn all dies zu Ende ist, dann lebt jeder wieder in seiner eigenen Welt. Ich wil mein Gedächtnis wiederhaben und zurück zur Normalität finden. Das ist es, Dr. Franco, was und wie ich mich fühle.“
Dr. Franco erhob sich und ging zur Tür. „Ich werde Ihrem Vater Bericht erstatten, dass es Ihnen besser geht. Aber, Gabriella, wir alle müssen mit einem Vorwand leben.“
„Das ist mir klar, Dr. Franco. Vielen Dank.“
Gabriella wartete diskret, bis der Arzt die Tür hinter sich geschlossen hatte.
Dann ließ sie ihrem Zorn freien Lauf. Vorwände, Lügen, Gabriella hasste sie, aber sie musste sich momentan damit abfinden.
Wütend riss sie die Zeitung
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