Coretta & Martin Luther King - eBook - Vivian, O: Coretta & Martin Luther King - eBook
Studenten in Atlanta bei einem Sitzstreik unterstützt hatte. Martin und Coretta hatten über die Gefängnisstrafe gesprochen und waren sich einig gewesen, dass es keinen Grund gab, sich deshalb Sorgen zu machen. Die Sache war mehr oder weniger Routine.
Im Gefängnis von Atlanta wurde Martin jedoch plötzlich um vier Uhr morgens von rauen Stimmen geweckt. Jemand blendete ihn mit einer Taschenlampe. Es waren Polizeibeamte, und sie wendeten unnötige Gewalt an. Martins Beine wurden mit Ketten gefesselt, während ein Beamter eine Pistole auf ihn gerichtet hielt. Als Martin fragte, wohin man ihn brachte, wurde ihm befohlen, den Mund zu halten. Man setzte ihn in ein Auto, und nach einer beängstigenden Fahrt, deren Ziel und Zweck er nicht kannte, war er erleichtert, als der Wagen vor dem Staatsgefängnis Reidsville State Penitary hielt. Hier sollte er sechs Monate Zwangsarbeit ableisten.
Einige Monate vorher war Martin wegen eines kleinen Verkehrsdelikts verhaftet worden. Er hatte keinen Führerschein für den Staat Georgia und war dort mit seinem Führerschein aus Alabama gefahren. Aufgrund der Rolle, die Martin in den Auseinandersetzungen um die Bürgerrechte spielte, war es offensichtlich, dass die Behörden ihm das Leben so schwer wie möglich machen wollten. Martin hatte einen Anwalt engagiert, eine kleine Geldbuße bezahlt und die Sache als erledigt betrachtet.
Coretta und Martin wussten allerdings nicht, dass der Anwalt eine Schuldanerkenntnis in Martins Akte eingetragen hatte. In Georgia bedeutete dies, dass für jedes kleine Vergehen innerhalb der nächsten sechs Monate eine Strafe von sechs Monaten Zwangsarbeit auferlegt werden konnte.
Martins Verhaftung im Zusammenhang mit den Studentenprotesten gab dem benachbarten Landkreis formal das Recht, Martin von Atlanta in den eigenen Landkreis verlegen zu lassen. Die Behörden des Nachbarkreises waren aufmerksam geworden, als die Zeitungen berichteten, dass Martin lieber seine Haftstrafe in Atlanta absitzen als eine Geldbuße zahlen wollte.
Coretta, die Martin am Tag vorher noch besucht hatte, war verzweifelt. Ihr Baby würde auf die Welt kommen, während Martin im Gefängnis saß. Das Staatsgefängnis war vier Stunden entfernt; ein Besuch dort bedeutete also hin und zurück eine Reisezeit von acht Stunden. Sie war nicht sicher, ob und wann man ihr überhaupt einen Besuch erlauben würde, und sie machte sich Sorgen, dass Martin körperlich misshandelt werden könnte.
Wenn Martin im Gefängnis war, vertrieb er sich die Zeit am liebsten mit Lesen und Schreiben. Den größten Teil seines Buches mit Predigten Kraft zum Lieben ( Strength to Love ) hatte er im Gefängnis geschrieben. Sein berühmter Brief Letter from a Birmingham Jail wurde in der Haft verfasst. Coretta befürchtete, man würde ihm das Material vorenthalten, das er zum Lesen und Schreiben brauchte.
Als sich die Nachricht von Martins Verlegung ausbreitete, wurde das Büro von William Hartsfield, dem damaligen Bürgermeister von Atlanta, mit Telegrammen überschwemmt. Corettas Unruhe war gerade auf dem Höhepunk, als das Telefon läutete. „Einen Augenblick bitte, Mrs King“, sagte die Stimme einer Telefonistin, „Senator John F. Kennedy möchte mit Ihnen sprechen.“
Coretta war verblüfft.
„Wie geht es Ihnen, Mrs King?“, erkundigte sich eine freundliche Stimme.
„Mir geht es gut, danke, Senator“, antwortete eine sehr überraschte Coretta. Es kommt nicht oft vor, dass ein normaler Bürger von einem Senator der Vereinigten Staaten angerufen wird, und schon gar nicht, wenn der Bürger Afroamerikaner ist.
„Ich habe gerade an Sie gedacht“, fuhr Senator Kennedy fort. „Wie ich gehört habe, erwarten Sie ein Kind. Diese Situation mit Ihrem Mann muss sehr schwer für Sie sein.“
Coretta stimmte ihm zu.
„Nun gut“, sagte Kennedy, „ich wollte Sie nur informieren, dass ich mich mit der Sache beschäftige und dass wir nach besten Kräften helfen werden.“
Am nächsten Tag wurde Martin freigelassen.
Als man Senator Kennedy nach seinem Anruf bei Mrs King zur Rede stellte, antwortete er: „Sie ist eine Freundin von mir, und ich habe mir Sorgen um die Situation gemacht.“
Einige Menschen behaupteten, dieser Anruf habe einen politischen Hintergrund gehabt und Kennedy sei es um die Stimmen der afroamerikanischen Wähler gegangen. Tatsächlich spielten diese Stimmen zwei Wochen später bei Kennedys Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten eine wesentliche Rolle.
Coretta meinte
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