Corina 01 - Dämonisch verführt
wagen. Meine Chancen, mit Gewalt in die Freiheit zu entkommen, waren etwa ebenso groß wie die der Touristen unter uns, beim Roulette zu gewinnen. Aber sie verloren nur Geld, während bei mir das Leben auf dem Spiel stand.
Drac sprach weiter, als hätte er mich gar nicht gehört. »Sagen wir, dass du mir im Moment so viel bedeutest wie irgendein Dhampir. Normalerweise würde ich alle töten, die so dumm sind, meinen Weg zu kreuzen. Es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, so wie ein Bauer Fallen für Mäuse aufstellt. Doch angesichts der derzeitigen besonderen Umstände bin ich bereit, dir eine Abmachung vorzuschlagen. Dein Leben für Hilfe bei meinen gegenwärtigen Bemühungen.«
»Du möchtest, dass ich Mircea und Radu für dich töte.«
Drac starrte mich zwei oder drei Sekunden lang an, bevor er erneut lachte. Wenigstens sorgte ich für Unterhaltung, obwohl meine inneren Organe noch immer alle intakt waren. Es geschahen noch Wunder.
»Ich hatte vergessen, wie amüsant du sein kannst.« Drac beruhigte sich wieder, und sein Gesicht wurde erneut maskenhaft starr. »Ich stelle nicht ohne eine gewisse Verwunderung fest, dass es noch niemand geschafft hat, deine Existenz zu beenden. Aber zweifellos überschätzt du deine Fähigkeiten, wenn du dich in der Lage glaubst, mit meinen Geschwistern fertigzuwerden. Zugegeben, Radu ist ein Feigling und schwach, aber er wäre sicher nicht so dumm, jemandem wie dir zu trauen. Was Mircea betrifft .... Er ist immer sehr schwer zu töten gewesen.«
Als Drac Mirceas Namen nannte, geriet sein Gesicht in Bewegung und zeigte Hass. Die Intensität seines Gefühls summte durch den Raum wie die Ankündigung eines Unwetters, und plötzÜch dachte ich daran, dass ich mich in Hinsicht auf Dracs Hauptziel vielleicht geirrt hatte. »Ja«, erwiderte ich langsam. »Man könnte glauben, er hätte eine Art Schutzengel.«
In Dracs Gesicht zuckte es. »Er braucht keinen. Er hat es immer geschafft, andere dazu zu bringen, sich in ihr Schwert zu stürzen. Unser Vater schickte Radu und mich zu den Türken, doch seinen kostbaren Erben behielt er bei sich in Sicherheit. Mircea lebte wie ein Prinz, während sich Radu prostituierte, um dem Kerker zu entkommen.
Und ich wurde jeden Tag gefoltert, über Jahre hinweg!« Uber Mangel an Emotion brauchte ich jetzt nicht mehr zu klagen. Dracs Augen glühten regelrecht. »Jeder Tag gereichte Mircea zum Vorteil«, zischte er. »Als die verräterischen Hunde des Adels ihn lynchen wollten, wurde er gerettet — von eben jenem Fluch, der ihn vernichten sollte!«
Ich starrte in die feurigen grünen Augen und verstand schließlich. Was ich für Wahnsinn gehalten hatte, klang jetzt viel mehr nach außer Rand und Band geratener Eifersucht. Und was noch seltsamer war: Ich konnte sie sogar verstehen, zumindest teilweise. Mircea schien sich seines Platzes in der Welt immer so sicher zu sein: Er war Mircea Basarab, Spross einer adligen Familie und Prinz der übernatürlichen Welt. Er trug die Gewissheit der eigenen Bedeutung wie einen Mantel, während das von ihm gezeugte Halbblut in der Kälte zitterte. »Er fällt immer auf die Füße«, sagte ich, und nicht die ganze Bitterkeit in meiner Stimme war geheuchelt.
»Diesmal nicht.« Von einem Augenblick zum anderen war Dracs Gesicht wieder leer. Er musterte mich aufmerksam. »So erstaunlich es auch sein mag — wir haben etwas gemeinsam, Dorina. Ein Mann hat viel zu lange unsere Existenz heimgesucht. Er hat dich zu der Abscheulichkeit gemacht, die du bist, dich dazu verdammt, für immer allein zu sein, eine Ausgestoßene, die man meidet. Mich hat er wegen nur eines Fehlers zu ewigem Leid verurteilt.«
Ich hätte ihn gern gefragt, was er damit meinte, biss mir aber auf die Lippe, um still zu bleiben. Drac Fragen zu stellen, war eine riskante Sache. Man wusste nie, wann er genug hatte und damit begann, sich auf andere Art und Weise zu vergnügen.
»Ich erwarte nicht, dass du das Risiko auf dich nimmst, ihn herauszufordern«, sagte Drac. »Ich möchte nur, dass du meine beiden Brüder an einem Ort zusammenbringst. Irgendwo abseits des Senats und der Sicherheit dieser MAGIE-Enklave. Den Rest erledige ich.« Er überlegte kurz, presste die Fingerspitzen aneinander und sah aus wie eine schlechte Imitation
von Sherlock Holmes. »Am besten eine private Residenz, möglichst abgelegen. Mirceas Domizil in Washington State wäre perfekt und angemessen. Mit dem Wald in der Nähe sieht es dort nach dem alten Land aus.«
Das Gespräch
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