Corina 02 - Dämonisch Ergeben
Hilfe zu eilen. Im kurzen Flur sah ich nur ein knutschendes Paar und einen Typen, der vor der Toilette wartete.
»Die ist für Ange stellt e«, teilte ich ihm mit. »Die Toilette für Gäste ist weiter vorn.«
»Ja, aber dort stehen sie Schlange. Könnt ihr nicht woanders rummachen?«
»Entschuldigung.« Er versuchte, durch den Türspalt hinter mir in die Toilette zu sehen. »Habe ich da eben einen Schrei gehört?«
»Ich bin gemein zu ihm.«
Er musterte mich - ich trug schwarze Lederjeans, Bustier und bauchfreie Jacke, alles leicht abwaschbar -, und in seinem Gesicht breitete sich langsam ein Lächeln aus. »Ich hätte nichts dagegen, wenn du auch zu mir gemein wärst.«
»Oh, das hättest du, glaub mir.«
Ich schloss die Tür und stellte fest, dass die Hände des Körpers über den Boden tasteten, auf der Suche nach dem fehlenden Teil. Es galt zu verhindern, dass sie fündig wurden, denn frisch abgetrennte Vampirteile konnten wieder mit dem Rest verbunden werden. Ich nahm den Kopf am in Spitzen abstehenden schwarzen Haar und warf ihn ins Waschbecken.
Mein Messer - ein Bowie mit fünfundzwanzig Zentimeter langer Klinge - war im Gerangel zu Boden gefallen. Ich brauchte eine Weile, um es zu reinigen, was dem Vampir Zeit gab, seine neue Situation zu überdenken. Als ich fertig war, hatte es der Kopf irgendwie fertiggebracht, die Papierhandtücher auszuspucken. »Du hast mir den Kopf abgeschnitten!« Empörung und Zorn blitzten in den hellblauen Augen.
Wir sahen beide auf den Körper hinab, der noch immer zuckte. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass ihm ein Kopf fehlte, aber es fehlte auch Blut. Vampirherzen schlugen nur dann, wenn der betreffende Vampir versuchte, menschlich zu wirken, was bedeutete, dass kein Blut durch zerrissene Adern gepumpt wurde. Ich hatte ein paar Tropfen an der Jacke, aber sie fielen kaum auf. Der größte Teil des übrigen Bluts bildete eine Lache unter dem Körper, der dadurch seltsam unberührt wirkte.
Ich sah zum Waschbecken und stellte fest, dass mich der Kopf anstarrte. Zorn schien sich gegen Empörung durchgesetzt zu haben. »Verdammte Schlampe! Du kannst doch nicht einfach so in meinen Nachtclub kommen und .... «
»Ich heiße Dory.«
» .... diesen Scheiß mit mir machen! Hast du eine Ahnung, wer ich bin?«
»Natürlich.«
»Denn wenn ich .... « Die Augen blinzelten überrascht. »Was?«
Ich zog die Akte aus der Reisetasche. »Es erstaunt mich immer wieder, wie viele Leute glauben, dass ich aus reinem Spaß an der Sache töte.«
»Hast du keinen Spaß dabei?«
»Ich töte nicht nur aus Spaß.« Ich öffnete den Aktendeckel und zeigte ihm sein Foto.
Der Bursche schielte, als er sich auf das Bild zu konzentrieren versuchte. Es zeigte ein schmales , mürrisch wirkendes Gesicht mit zu großer Nase. »Dies ist ein Auftragsmord?«
»In dem Fall wärst du jetzt tot.«
»Wie zum Teufel würdest du es sonst nennen?«
»Es ist eine .... vorübergehende Unannehmlichkeit. Ein Meister der fünften Stufe kann bis zu einer Woche ohne Kopf leben.«
»Und woher willst du wissen, dass ich ein Meister der fünften Stufe bin?«, fragte der Kopf hochmütig. Wahrscheinlich hatte er anderen Leuten gegenüber behauptet, er gehöre zur dritten Stufe oder so. Vampire konnten nur selten über ihre wahre Macht hinwegtäuschen und sich stärker oder schwächer geben. Dieser Clown gehörte sicher nicht dazu.
»Es steht in dem Bericht«, erwiderte ich geduldig. »Ganz zu schweigen davon, dass ein Senior-Meister mich nicht einfach nur ansehen würde, während er verblutet. Er würde .... «
Das linke Bein des Körpers trat plötzlich zu, und ich fiel. Einen Moment später fühlte ich eine Hand an meiner Kehle.
Ich rammte das Messer unters Brustbein und nagelte den Körper am fleckigen Linoleum fest. Die Hände zogen die Klinge nicht etwa aus der Wunde, um sie gegen mich zu verwenden, sondern zuckten auf dem Boden wie Fische auf dem Trocknen. Wie fünftstufig er doch war.
Erneut öffnete ich den Aktendeckel. »Raymond Lu. Geboren sechzehnzweiundzwanzig, das Ergebnis einer Nummer am Strand, zwischen einem geilen holländischen Matrosen und der langsamsten indonesischen Frau im Dorf.«
»Es war Liebe!«
»Klar.« Ich wich ein wenig zurück, um zu verhindern, dass die größer werdende Blutlache meine Stiefel erreichte. »Du hast dir deinen Lebensunterhalt, wenn man davon reden kann, als Mitglied der schlechtesten Piratenbande verdient, die jemals auf den sieben Meeren unterwegs war,
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