Corkle 1
muß aus Ostberlin verschwinden, und das ist jetzt nicht leicht – ganz besonders jetzt. Deshalb beabsichtige ich, mit Ihnen zu gehen. Dadurch gewinne ich einen kostenlosen Fluchtweg aus dem Osten und bin gleichzeitig in der Lage, meine Kapitalanlage genau im Auge zu behalten. Mein zweiter Weg, Ihnen meine Glaubwürdigkeit zu beweisen, ist mit einer für Sie unerfreulichen Nachricht verbunden, aber ich bin sicher, daß Sie sie mit der Ihnen eigenen Fassung tragen werden.«
»Nur weiter«, sagte ich.
»Mit tiefstem Bedauern«, sagte Maas in seiner förmlichen, fast pastoralen Art, »muß ich Sie davon unterrichten, daß Ihr Freund Mr. Cook Baker nicht vertrauenswürdig ist.«
Padillo spielte vorzüglich. Er ließ sogar den Mund etwas aufklappen und zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Ich verstehe nicht«, sagte er.
Maas schüttelte traurig den Kopf. »Ich muß gestehen, daß ich zu einem Teil daran mitschuldig bin. Wie Sie sich erinnern, Herr McCorkle, haben Sie mir freundlicherweise gestattet, in Bonn bis zu meiner Verabredung am nächsten Tag auf Ihrer Couch zu schlafen. Ich war mit Herrn Baker verabredet. Das ist wahr. Ich sollte wohl alles berichten. Da es mir nicht gelungen war, mich mit Herrn Padillo ins Benehmen zu setzen, habe ich gehandelt wie der Geschäftsmann, der ich bin. Ich habe meine Informationen an Herrn Baker verkauft.«
»Für wieviel?« fragte Padillo.
»Für dreitausend Dollar, Herr Padillo.«
»An diesem Tag war ich guter Laune. Ich hätte vielleicht fünf gegeben.«
»Es war billig, aber der Markt war beschränkt. Herr Baker war der einzige andere Interessent.«
»Warum sollte er kaufen wollen?« fragte der gerissene Mc-Corkle.
»Man hat es ihm befohlen. Sehen Sie, meine Herren, Herr Baker ist ein Agent Ihrer Gegenseite.« Er ließ diese Mitteilung wirken. »Selbstverständlich ist er erst in allerjüngster Zeit aktiv geworden. Anscheinend hat er vor ein paar Jahren einige Indiskretionen einer besonders unerfreulichen Natur begangen. Es wurden Fotos davon aufgenommen. Die Fotos fielen in gewisse Hände. Herr Baker hatte seine Firma in New York und seine finanziellen Interessen zu berücksichtigen. Als Freunde ihm seine gegenwärtige Stellung in Bonn beschafften, ist das KGB in aller Stille an ihn herangetreten. Herr Baker handelt nicht aus Überzeugung, sondern aus Furcht. Erpressung mit der damit verbundenen ständigen Peinlichkeit und Entwürdigung – ein Mann von Herrn Bakers Temperament konnte das nicht ertragen.«
Maas seufzte. »Ich kann Ihnen genausogut gleich die ganze Geschichte erzählen. Es war Bakers Idee, daß ich an McCorkle herantrete und mir eine Geschichte ausdenke, die es für meinen Freund notwendig macht, Herrn Baker nach Berlin zu rufen. Glücklicherweise dachte ich an den Tunnel, und da ich Geschäftsmann bin, habe ich einen legitimen Vorschlag gemacht. Der Preis von fünftausend Dollar wurde von mir mit Herrn Baker ausgehandelt. Er hielt den Tunnel für einen Mythos. Ich sah keinen Grund, ihn aufzuklären. Aber jetzt stellt er ein Problem dar.«
»Darüber werden wir uns später den Kopf zerbrechen«, sagte Padillo. »Wann ist Ihr Tunnel verfügbar?«
Maas blickte auf seine Uhr. »Jetzt ist es Viertel vor eins. Ich kann für fünf Uhr heute morgen eine Vereinbarung treffen. Wäre Ihnen das recht?«
Padillo sah mich an. Ich zuckte mit den Schultern. »Sobald wie möglich.«
»Ich muß gewisse Fragen mit dem Hauptmann klären.«
»Sie meinen, ihn bezahlen«, sagte Padillo.
»Natürlich. Ferner muß ich einen Wagen beschaffen. Es wäre besser, wenn ich Sie abholte. Zu Fuß ist es zu weit, besonders zu dieser frühen Stunde. Sie müssen mir Ihre Adresse geben.«
Padillo nahm ein Stück Papier und schrieb die Adresse von Langemanns Werkstatt auf. Er reichte es Maas. »Die Hintertür, zur Hintergasse.«
Maas steckte das Papier ein. »Ich werde heute morgen um Viertel vor fünf dort sein. Inzwischen aber, Herr Padillo, muß ich, obwohl mir durchaus bewußt ist, daß Sie ein Mann mit beträchtlichen Erfahrungen auf diesem Gebiet sind, darauf bestehen, daß Vorkehrungen bezüglich Herrn Baker getroffen werden. Er ist eine Gefahr für uns alle, und er kann sehr gut mit dem Revolver umgehen.«
Padillo stand auf. »Jetzt nicht mehr, Herr Maas.«
»Bitte?«
»Er ist tot. Ich habe ihn heute nachmittag erschossen.«
16
Unser Glück verließ uns auf dem Rückweg zu Langemanns Werkstatt. Die beiden Männer traten aus einem dunklen Hauseingang und leuchteten
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