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Corum 04 - Das kalte Reich

Corum 04 - Das kalte Reich

Titel: Corum 04 - Das kalte Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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die stärkste ist. Solche Instinkte sind die der Tiere, und für Tiere sind es ausreichende Instinkte. Aber Menschen sind keine Tiere. Sie sind Menschen.
    Das ist alles.«
    Corums Lächeln war nicht ohne Bitterkeit. »Und sie sind keine Götter, Jhary.«
    »Keine Götter aber auch keine Teufel. Nur Männer und Frauen eben. Wie viel glücklicher würden wir sein, wenn wir das akzeptierten!« Und Jhary warf den Kopf zurück und lachte plötzlich lauthals. »Aber vielleicht würden wir auch viel langweiliger sein! Wir fangen schon beide an, wie Heilige zu reden, Freund! Wir sind Krieger, keine heiligen Männer!«
    Corum wiederholte eine Frage aus der vergangenen Nacht. »Ihr kennt das Land, in das ich mich entschlossen habe, zu gehen. Werdet Ihr heute nacht auch dorthin gehen?«
    »Ich bin nicht mein eigener Herr.« Jhary schritt langsam an der Brustwehr entlang. »Ihr wißt das ja, Corum.«
    »Ich hoffe, Ihr könnt mit mir gehen.«
    »Ihr habt viele Manifestationen in den fünfzehn Ebenen, Corum. Es könnte sein, daß ein anderer Corum irgendwo anders einen Gefährten braucht, und daß ich mit ihm ziehen muß.«
    »Aber da seid Ihr nicht sicher?«
    »Ich bin nicht sicher.«
    Corum zuckte die Achseln. »Wenn das, was Ihr sagt, wahr ist und ich muß es wohl als Wahrheit akzeptieren -, dann werde ich vielleicht einen anderen Aspekt von Euch treffen, einen, der seine eigene Bestimmung nicht kennt, vielleicht?«
    »Mein Gedächtnis läßt mich oft im Stich, wie ich Euch schon erzählt habe. Genau wie Euch das Euere in dieser Inkarnation.«
    »Ich hoffe, daß wir uns auf jener neuen Ebene treffen, und daß wir uns gegenseitig wiedererkennen.«
    »Das ist auch meine Hoffnung, Corum.«
    Sie spielten an diesem Abend Schach und sprachen wenig und Corum ging früh zu Bett.
     
    Als die Stimmen wiederkehrten, sprach er langsam zu ihnen:
    »Ich werde in Rüstung und Waffen kommen. Ich werde auf einem roten Pferd reiten. Ihr müßt mich mit all euerer Kraft rufen. Ich gebe euch jetzt Zeit, euch auszuruhen. Sammelt all euere Kräfte, und in zwei Stunden beginnt mit der Anrufung.«
    In der nächsten Stunde erhob sich Corum und stieg hinab, um seine Rüstung anzulegen und sich in Samet und Seide zu kleiden. Den Stallmeister ließ er sein Pferd in den Burghof führen. Und als er fertig gerüstet war, die Zügel in seiner behandschuhten Linken und die silberne Hand am Sattelknauf, sprach er zu seiner Gefolgschaft und erklärte, daß er wieder in den Kampf reiten würde. Falls er nicht zurückkehrte, sollten sie die Tore von Burg Erorn jedem Wanderer öffnen, der Schutz suchte, und alle Reisenden in Corums Namen bewirten. Dann ritt Corum durch die Tore, den Hang hinunter und in den großen Wald, wie er vor fast einem Jahrhundert schon einmal aufgebrochen war, als sein Vater und seine Mutter und seine Schwestern noch lebten. Aber damals war er durch den hellen Morgen geritten. Jetzt ritt er in der Nacht beim Schein des Mondes.
    Von denen, die auf Burg Erorn zurückblieben, hatte einzig Jhary-a-Conel dem Prinzen nicht ›Lebewohl‹ gesagt.
    Während er nun durch den dunklen, uralten Wald ritt, wurden die Stimmen in Corums Ohren immer lauter.
    »Corum! Corum!«
    Sein Körper begann sich eigenartig leicht zu fühlen. Er stieß seinem Pferd die Sporen in die Flanken, und das Tier galoppierte los.
    »Corum! Corum!«
    »Ich komme!« Der Hengst galoppierte noch schneller, seine Hufe wirbelten den weichen Torf auf, und er trug den scharlachroten Prinzen tiefer und tiefer in den Wald.
    »Corum!«
    Corum lehnte sich im Sattel vor und wich Zweigen aus, die ihm ins Gesicht schlugen.
    »Ich komme!«
    Er sah die schattenhafte Gruppe in dem Hain. Sie standen im Kreis um ihn, aber er ritt noch immer, und er wurde schneller und schneller. Er begann sich schwindelig zu fühlen.
    »Corum!«
    Und es schien Corum, daß er schon einmal so geritten war, daß er schon einmal auf diesem Wege gerufen worden war und daß er deshalb gewußt hatte, was zu tun sei.
    Die Bäume verschwammen, so schnell ritt er jetzt.
    »Corum!«
    Weiße Nebel begannen um ihn zu brodeln. Jetzt konnte er die Gesichter der singenden, rufenden Gruppe immer deutlicher sehen. Die Stimmen wurden schwächer, dann lauter, dann wieder schwächer. Corum jagte das schnaubende Pferd mit den Sporen in die Nebel. Diese Nebel waren die Vergangenheit. Sie waren die Geschichte, die Legende, die Zeit. Er erspähte Ansichten von Gebäuden darin, wie er sie noch nie erblickt hatte. Sie ragten hunderte, ja

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