Corum 04 - Das kalte Reich
Silber und Bronze, das er je gesehen hatte. Jede Schüssel, jeder Teller, jeder Becher waren exquisit und zeugten von noch größerer Kunstfertigkeit als der Schmuck der Menschen hier. Und obwohl die Wände nur aus rohen Steinen bestanden, war die Halle von schimmerndem Glanz erfüllt, da sich die Feuer im Geschirr und im Schmuck der Menschen von Cremm Croich spiegelten.
»Das ist alles, was uns von unseren Schätzen geblieben ist«, erklärte König Mannach und zuckte die Achseln. »Und das Fleisch, das wir Euch vorsetzen können, ist wenig genug, denn das Wild wird immer seltener. Es flieht vor den Hunden des Kerenos, die das ganze Land heimsuchen, sobald die Sonne untergeht, und mit ihrer Jagd nicht aufhören, bis die Sonne wieder aufgeht. Eines Tages wird die Sonne überhaupt nicht mehr aufgehen, fürchten wir. Dann werden die Hunde und ihre Herren bald das einzige Leben auf dieser Welt sein. Und Schnee und Eis werden den letzten Sieg über alles davontragen ewiger Samhain.«
Corum erkannte dieses letzte Wort wieder, denn es klang wie jenes Wort, das die Menschen von Lwym-an-Esh gebrauchten, um die dunkelsten und ödesten Tage des Winters zu beschreiben. Er verstand, was König Mannach damit ausdrücken wollte.
Sie setzten sich entlang der langen hölzernen Tafeln, und Bedienstete brachten das Fleisch. Es war kein sehr schmackhaftes Mahl, und wieder entschuldigte sich König Mannach dafür. Aber es herrschte keine düstere Stimmung während des Essens, denn Harfner spielten auf und sangen vom alten Glanz und dem Ruhm der Tuha-na-Cremm Croich und dichteten neue Lieder, in denen erzählt wurde, wie Corum Jhaelen Irsei sie gegen ihre Feinde führte, und wie er diese Feinde vernichtete, und wie er den Sommer zurück in das Land brachte. Corum stellte erfreut fest, daß Mann und Frau hier völlig gleichberechtigt waren, und König Mannach erklärte ihm, daß die Frauen neben ihren Männern in die Schlacht zogen und kämpften. Besonders geschickt waren sie in der Handhabung der Wurfschlinge, des beschwerten Riemens, den man durch die Luft schleuderte, um dem Feind damit die Knochen zu brechen oder ihn zu erdrosseln.
»Alle diese Dinge haben wir in den letzten Jahren erst wieder lernen müssen«, berichtete Mannach Corum, während er ihm schäumendes Meet nachschenkte. »Die Kunst des Kampfes übten wir vorher nur noch in Geschicklichkeitsspielen, mit denen wir uns auf unseren Festen unterhielten.«
»Wann kamen die Fhoi Myore in dieses Land?« fragte Corum.
»Gut drei Jahre ist es her. Wir waren völlig unvorbereitet. Sie landeten während des Winters an den Küsten des Ostens und hielten ihre Ankunft zunächst geheim. Als dann der Frühling in diesem Landesteil ausblieb, begannen die Menschen nach der Ursache dafür zu suchen. Zuerst glaubten wir nicht, was uns die Menschen von Caer Llud berichteten. Seitdem haben die Fhoi Myore ihre Herrschaft ständig ausgedehnt, bis die ganze östliche Hälfte unserer Insel, von einer Landspitze zur anderen, zu ihrem Reich geworden ist. Niemand stellt dort mehr ihre Herrschaft in Frage. Nach und nach dehnen sie sich jetzt nach Westen aus. Erst kommen die Hunde des Kerenos, dann folgen die Fhoi Myore.«
»Diese sieben? Sieben Männer?«
»Sieben mißgestaltete Riesen. Zwei von ihnen sind weiblichen Geschlechtes. Und sie haben alle seltsame Kräfte, mit denen sie die Naturgewalten, Tiere und vielleicht sogar Dämonen in ihren Dienst zwingen.«
»Sie kommen aus dem Osten? Woher im Osten?«
»Einige sagen, von jenseits des Meeres, von einem großen mysteriösen Kontinent, über den uns wenig bekannt ist, und der nun bar allen Lebens und gänzlich von Eis bedeckt sein soll. Andere sagen, daß sie von unter dem Meer kommen, aus einem Land, wo nur sie leben können. Beide dieser legendären Länder wurden von unseren Vorfahren Anwyn genannt, aber ich glaube nicht, daß das ein Fhoi Myore-Name ist.«
»Und Lywm-an-Esh? Was wißt ihr von diesem Land?«
»Nach der Überlieferung kommt unser Volk von dort. Aber in der alten Zeit gab es einen Krieg zwischen den Fhoi Myore und dem Volk von Lywm-an-Esh, und Lywm-an-Esh wurde auf den Meeresgrund gezogen und wurde so ein Teil des Landes der Fhoi Myore. Nur gibt es nur noch einige Inseln von Lywm-an-Esh und auf einigen davon Ruinen, die für die Wahrheit in jenen Legenden sprechen. Nach dieser Katastrophe besiegte unser Volk die Fhoi Myore mit magischer Hilfe in Gestalt eines Schwertes, eines Speers, eines Zauberkessels, eines Hengstes,
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