Corum 05 - Der gefangene König
sich dann zu dem unbekannten Helfer, der durch sein plötzliches Auftauchen Corums Leben gerettet hatte.
Der Fremde saß noch auf seinem Pferd, das langsam herantrabte. Er grinste und hob sein Krummschwert zum Gruß. Dann rückte er sich seinen breitkrempigen Hut auf dem langen Haar zurecht. Von seinem Sattelknauf löste er eine Tasche, die er vorsichtig öffnete. Aus der Tasche kroch eine kleine schwarzweiße Katze, deren auffälligstes Merkmal ein Paar über dem Rücken zusammengefaltete Flügel waren.
Corums Retter grinste noch breiter, als er Corums Erstaunen bemerkte.
»Eine Situation, die mir nicht ganz fremd ist«, rief Jhary-a-Conel, der selbsternannte Gefährte von Helden. »Ich tauche oft im letzten Augenblick auf, um das Leben des Helden zu retten. Das ist mein Schicksal, so wie es sein Schicksal ist, in allen großen Kriegen der Geschichte mitzukämpfen. Ich suchte Euch auf Caer Mahlod, aber Ihr wart schon aufgebrochen zu neuen Taten. Ich hatte das Gefühl, Ihr könntet meine Begleitung brauchen. Aber ich fühlte auch, daß Ihr in Gefahr wart. Deshalb folgte ich Euch, so schnell ich konnte.«
Jhary-a-Conel zog seinen breitkrempigen Hut und verbeugte sich im Sattel. »Seid mir gegrüßt, Prinz Corum.«
Corum rang noch erschöpft nach Atem. Er war von dem Kampf mit den Hunden so mitgenommen, daß er nicht sprechen konnte. Aber es gelang ihm das Grinsen seines alten Freundes zu erwidern.
»Bist du gekommen, um mit mir zu reiten, Jhary?« brachte er schließlich heraus. »Kommt Ihr mit mir nach Caer Llud?«
»Wenn das Schicksal es so will. Aye. Wie ist es Euch in dieser Welt ergangen, Corum?«
»Besser als ich dachte. Und noch besser geht es mir jetzt, da Ihr hier seid, Jhary.«
»Ihr wißt, daß ich vielleicht nicht in der Lage bin, lange zu bleiben.«
»Das habe ich schon unserem letzten Gespräch entnommen. Und Ihr? Habt Ihr Abenteuer auf anderen Ebenen erlebt, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?«
»Ein oder zwei, ein oder zwei. Dort wo Ihr Euch Hawkmoon nennt, hatte ich eines der schrecklichsten Erlebnisse meiner langen Karriere.«
Und Jhary erzählte Corum die Geschichte von seinen Abenteuern mit Hawkmoon, der einen Freund gewonnen hatte, dafür seine Frau verloren und sich selbst in einem fremden Körper wiedergefunden. Als Ergebnis davon mußte er eine in Corums Augen furchtbar verwirrende Zeit in einer Welt verbringen, die nicht seine eigene war.
Während Jhary berichtete, ritten die beiden alten Freunde von der Kampfstätte und folgten der Spur von Prinz Gaynor dem Verdammten, der schnell gen Caer Llud zu reiten schien.
Und Caer Llud war noch viele, viele Tage entfernt.
V
Im Reich der Fhoi Myore
»Aye«, sagte Jhary-a-Conel, während er die Hände über einem Feuer zusammenschlug, das sich dagegen zu sträuben schien, in der eisigen Kälte richtig zu brennen. »Die Fhoi Myore sind echte Vettern der Lords des Chaos, denn sie scheinen das gleiche Ziel zu haben. So wie ich sehe, sind die Fhoi Myore das, was im Laufe der Zeit aus diesen Lords geworden ist. In diesen Tagen gibt es so viele merkwürdige Verschiebungen und Veränderungen. Die Ursache für sie sind teilweise, wie ich sagen muß, Baron Kalans närrische Zeitmanipulationen, teilweise sind sie das Ergebnis der Konjunktion der Millionen Sphären, die jetzt langsam vorübergeht doch bis sie endgültig vorbei ist, wird noch einige Zeit vergehen. In der Zwischenzeit leben wir in einer Epoche, die nicht nur in einer Hinsicht recht unsicher ist. Manchmal scheint es sogar, als stünde selbst das Überleben aller beseelten Wesen auf dem Spiel. Aber soll ich mich davor fürchten? Nein, ich glaube, das sollte ich nicht. Ich lege keinen besonderen Wert auf Seele und Bewußtsein. Ich wäre auch zufrieden, wenn ich ein Baum würde!«
»Wer sagt, daß Bäume kein Bewußtsein haben?« Corum lächelte und setzte eine Pfanne über das Feuer. Als das Wasser darin zögernd zu sieden begann, legte er schmale Fleischstreifen hinein.
»Nun, dann werde ich eben ein Mamorblock.«
»Auch dann wissen wir nicht, ob der Marmor.«, setzte Corum an, aber Jhary unterbrach ihn mit einem ungeduldigen Räuspern.
»Solche Kinderspiele machen mir keinen Spaß!«
»Ihr mißversteht mich. Ihr habt da an eine Sache gerührt, wißt Ihr, mit der ich mich in der letzten Zeit viel beschäftigt habe. Auch ich beginne zu begreifen, daß kein besonderer Wert allein darin liegt, ein denkendes Wesen zu sein, wie ich es zur Zeit bin. Tatsächlich kann man sogar
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