Corum 05 - Der gefangene König
abhalten, würde ich sagen. Nun, laßt uns reiten!« Er schob das Schwert Vergelter in seinen Gürtel und bückte sich nach Corum, der das Kästchen fest umklammert hielt, während er auf Ilbrecs Sattel gesetzt wurde.
»Wir werden ein Boot brauchen, wenn wir an das Meer kommen«, meinte Corum, als sie sich auf den Weg machten. »Oh, ich glaube nicht«, erwiderte Ilbrec.
DRITTES BUCH
In dem Prinz Corum Zeuge der Macht der Eiche und des Bockes wird, und die Mabden neue Hoffnung schöpfen
I
Der Pfad über das Wasser
Erst als sie den Strand erreicht hatten, bemerkte Corum, daß Goffa-non nicht mehr mit ihnen Schritt hielt. Er wandte sich nach hinten und sah den Sidhi-Schmied in einiger Entfernung taumeln und den bärtigen Kopf schütteln.
»Was ist mit Goffanon?« fragte Corum.
Ilbrec hatte noch nichts bemerkt. Jetzt wandte auch er sich im Sattel um. »Vielleicht wird er müde. Er hat heute den ganzen Tag gekämpft und ist dann viele Meilen gelaufen.« Ilbrec blickte nach Westen, wo die Sonne unterging. »Sollen wir eine Rast einlegen, bevor wir das Meer überqueren?«
Das Riesenpferd Zaubermähne schüttelte den Kopf, als wolle es sich damit gegen jede Rast aussprechen, aber Ilbrec lachte und klopfte ihm den Nacken.
»Zaubermähne haßt es zu rasten und würde am liebsten immer im wilden Galopp durch die Welt jagen. Er hat so lange in den Höhlen unter dem Meer geschlafen, daß er jetzt ungeduldig ist, seine Kraft zu beweisen. Aber wir müssen warten, bis Goffanon wieder zu uns aufschließt und ihn fragen, was er hat.«
Corum hörte Goffanons keuchenden Atem jetzt dicht hinter ihnen und drehte sich wieder um. Lächelnd wollte er den Schmied fragen, was er von einer Rast hielt.
Aber Goffanons Augen flackerten, und Goffanons Lippen waren zu einem wutschäumenden Knurren verzerrt, und seine große Streitaxt zielte direkt auf Ilbrecs Rücken.
»Ilbrec!« Corum sprang von seinem Platz vor dem riesigen Sattelknauf und ließ sich in den Sand fallen. Das Kästchen mit der Eiche und dem Bock hielt er dabei fest umklammert. Während er sich aufrichtete, zog er sein Schwert. Ilbrec blickte über die Schulter und rief verwirrt:
»Goffanon! Alter Freund? Was ist mit dir?«
»Er ist verzaubert!« schrie Corum zu dem riesigen Reiter hinauf. »Ein Mabden-Zauberer hat ihn unter seinem Bann. Calatin muß in der Nähe sein.«
Ilbrec griff vom Pferderücken nach dem Schaft von Goffanons Axt und versuchte sie, an sich zu reißen. Aber der Sidhi-Zwerg war stark. Er zog den Riesen aus dem Sattel. Die beiden Unsterblichen begannen auf dem Boden nahe der Meeresbrandung miteinander zu ringen, während Corum und Zaubermähne zusahen. Das Pferd schien vom Verhalten seines Herrn völlig verunsichert zu sein.
Corum rief aus: »Goffanon! Du kämpfst gegen einen Bruder!«
Von oben mischte sich eine andere Stimme ein, und als Corum aufblickte, sah er einen großen Mann über ihnen am Rand einer Klippe stehen. Um die Schultern des Mannes trieben einige Fetzen dunklen Nebels.
Die Sonne versank, und die Welt wurde grau.
Die Gestalt auf der Klippe war der Zauberer Calatin, in einen langen, weichen Ledermantel von tiefem Blau gehüllt. Über seinen behandschuhten Fingern trug er Juwelenringe, und um seinen Hals lag ein juwelenbesetzter Reif. Die weiße Samtrobe unter seinem Mantel war mit mystischen Zeichen bestickt. Er strich sich über seinen grauen Bart und lächelte sein geheimnisvolles Lächeln.
»Er gehört jetzt wieder mir, Corum von der Silbernen Hand«, rief der Zauberer Corum zu.
»Und wird damit zum Verbündeten der Fhoi Myore!« Corum hielt nach einem Weg die Klippen hinauf Ausschau, der ihn zu dem Zauberer bringen würde. Inzwischen setzten Ilbrec und Goffanon scheinbar unbeeindruckt ihren Zweikampf fort. Knurrend und keuchend rollten sie über den Strand.
»Für den Augenblick sieht es so aus«, antwortete Calatin. »Aber man muß weder den Mabden noch den Fhoi Myore dienen oder den Sidhi. Es gibt andere Loyalitäten, darunter auch die Loyalität, die man sich selbst gegenüber hat, nicht wahr? Und wer weiß, vielleicht seid Ihr selbst schon bald mein Verbündeter?«
»Niemals!« Corum kletterte, so schnell er konnte, einen schmalen Klippenpfad zu dem Zauberer hinauf, das Schwert in der Hand aus Fleisch und Blut. »Niemals, Calatin!«
Außer Atem erreichte Corum das Plateau über den Klippen und näherte sich dem Zauberer, der sich lächelnd langsam zurückzog.
Und dann sah Corum den Nebel hinter dem Zauberer
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