Corum 06 - Das gelbe Streitross
Knarren der Weiden-Streitwagen, das dumpfe Gebrüll der mißgestalteten Zugtiere der Fhoi Myore. Doch dann erschallte ein sanftes Lachen, das kein Fhoi Myore-Gelächter war. Corum drehte sich nach ihm um und sah etwas, das erst wie eine lodernde Flamme aussah, sich aber schnell als die Rüstung von Prinz Gaynor, dem Verdammten, herausstellte. Sie glühte rubin und gelb und dann scharlachrot, und hinter Gaynor ritt ein Dutzend grüner Kiefernkrieger. Corum wendete sein Pferd, um sich ihnen entgegenzustellen, während er Ilbrec irgendwo im Nebel Goffanon zurufen hörte:
»Nimm dich in acht, Goffanon! Es ist Goim!«
Aber Corum konnte sich nicht darum kümmern, wie es Ilbrec und Goffanon im Kampf gegen das schreckliche Fhoi Myore Weib erging, denn jetzt war Prinz Gaynor heran. In der Ferne hörte Corum noch den alten, vertrauten Klang des Hornes, das Goffanon blies, um die Hunde des Kerenos und die Ghoolegh zu verwirren.
Das Zeichen des Chaos, die achtpfeilige Nabe, brannte hell auf Gaynors Brustharnisch, während er angriff, und das Schwert in seiner Hand wechselte seine Farbe von Gold zu Silber und dann zu Himmelblau, und Gaynors bitteres Lachen erschallte aus dem formlosen Helm, und er rief aus:
»Nun stehen wir uns das letzte Mal gegenüber, Corum. Jetzt ist die Zeit gekommen!«
Und Corum riß seinen runden Schild hoch, und Gaynors flackerndes Schwert schmetterte hart gegen den silbernen Schildrand. Und Corum hieb mit seinem eigenen mondfarbenen Schwert nach Gaynors Helm, und Gaynor schrie auf, als die Klinge fast das Metall spaltete.
Gaynor zerrte sein eigenes Schwert aus der Scharte in Corums Schild und zögerte. »Ein neues Schwert, Corum?«
»Aye. Sein Name ist Verräter! Ist es kein gutes Schwert, Gaynor?« Corum lachte und wußte seinen alten Feind erneut verunsichert.
»Ich glaube nicht, daß es dir bestimmt ist, mich in diesem Kampf zu vernichten, Bruder«, meinte Gaynor nachdenklich.
In der Nähe kämpfte Medheb gegen ein halbes Dutzend Ghoolegh. Aber Corum sah, daß ihr die Untoten keine Schwierigkeiten bereiteten. Dann verhüllte der wirbelnde Nebel wieder alles.
»Warum nennst du mich ›Bruder‹?« fragte Corum.
»Weil unsere Schicksale so eng miteinander verknüpft sind. Weil wir sind, was wir sind.«
Und Corum fragte sich wieder, ob die Prophezeiung der alten Frau sich auf Gaynor bezogen hatte. Fürchte Schönheit, hatte sie gesagt, fürchte eine Harfe und fürchte einen Bruder.
Mit einem Schrei drängte Corum sein lachendes Pferd gegen Gaynor, und Verräter schlug wieder zu. Und diesmal schien die Klinge das Schulterstück von Gaynors Rüstung zu durchbohren, so daß Gaynor brüllte, und seine Rüstung in einem wütenden Rot aufflammte. Dreimal hieb Gaynor auf Corum ein, während der Vadhagh-Prinz sich abmühte, seine Klinge aus Gaynors Schulter zu ziehen. Aber alle Schläge Gaynors konnte Corum mit seinem Schild abwehren, und sie betäubten nur seinen Schildarm.
»Das gefällt mir nicht«, rief Gaynor. »Ich weiß nichts von einem Schwert mit Namen Verräter.« Aber dann bekam seine Stimme einen hoffnungsvollen Klang. »Kann es mich töten, Corum? Was glaubt Ihr?«
Corum zuckte die Achseln. »Ihr müßt Goffanon fragen. Er hat diese Klinge geschmiedet.«
Aber Gaynor wendete sein Pferd bereits von Corum fort, denn inzwischen trieben Mabden-Krieger mit Feuerbränden die Brüder der Kiefern auseinander. Nichts fürchteten die Grünen mehr als Feuer, das das Harz in ihren Adern zum Sieden brachte.
Gaynor versuchte, seine Männer zu sammeln und wieder zum Angriff zu führen, und schon war er zwischen den Kiefernkriegern verschwunden. Wieder einmal wich er dem direkten Kampf miCorum aus, denn Corum war der einzige Sterbliche, den Gaynor, der Verdammte, fürchtete.
Für einen kurzen Augenblick war Corum völlig allein. Er wußte nicht, wo seine Feinde lauerten, und wo seine Freunde kämpften. Dichter Nebel umgab ihn, aus dem von allen Seiten Schlachtenlärm tönte.
Dann hörte er hinter sich ein stöhnendes Geräusch, das rasch an Lautstärke zunahm und zu einer Art Blöken wurde, endlich zu einem tiefen, melancholischen Brüllen, stumpfsinnig und drohend zugleich. Corum erinnerte sich an diese Stimme und wußte, daß Balahr ihn suchte. Offensichtlich erinnerte sich der Fhoi Myore der Wunde, die Corum ihm einst beigebracht hatte. Und das Knarren des großen Weiden-Streitwagens kam näher, und in Corums Nase stieg der Geruch verfaulenden Fleisches, und er unterdrückte das Verlangen, vor
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